Die Pfade des Wanderers
arbeiten, es sei denn, es gefällt mir. Wenn Ihr meint, daß Ihr jemand Besseres findet, dann geht doch ruhig mal die Stallungen entlang und versucht jemanden zu kriegen, der Euch Euren Plunder in dieser Jahreszeit aufs Plateau schleppt.«
»Wenn es dir so gut geht«, fragte Jon-Tom sie, »warum hast du dich dann überhaupt freiwillig gemeldet, um uns mitzunehmen?«
»Weil ich, junges menschliches Teiggesicht, zu schätzen weiß, was ihr getan habt, als ihr den Fluch fortgenommen habt, der auf unserer Stadt ruhte; und weil ich an das glaube, was ihr zu tun versucht, sofern es stimmt, was Sorenset mir erzählt hat. Und außerdem habe ich, anders als meine Kollegen, nicht nur einen breiten Rücken, sondern bin ich aufgeschlossen, ganz zu schweigen von einer Spur ethischen Empfindens. Ich meine, daß ihr Hilfe verdient habt - und natürlich zu einem fairen Preis.
Und außerdem kann ein bißchen Kleingeld nie schaden.« Jon- Tom hatte das Gefühl, als würde eine altjüngferliche Tante ihm eine Standpauke halten. »Und es gibt nichts, was mich hier hält. Ich reise gern, zu meinem eigenen Vergnügen und zu meiner Erbauung, nicht nur aus geschäftlichen Gründen. Es gibt auch nichts, was mich wieder hierher zurück ziehen könnte, sollte sich dies als mein letzter Galopp erweisen. Ich befinde mich gewissermaßen zwischen den Büchern.«
»Büchern? Du liest wohl viel, wie?« fragte Jon-Tom.
Sie schüttelte den Kopf. »Du hast ein prächtiges Talent dafür, das Nichtzutreffende zu entdecken. Ich bin Schriftstellerin, und zwar eine von gewissem Renommee. Du siehst mir allerdings nicht gerade wie der Typ aus, der sich schicksalsträchtige Liebesgeschichten reinzieht, vor allen Dingen nicht solche, bei der die Hauptpersonen Vierbeiner sind - obwohl man nie genau vorher wissen kann, was jemand am liebsten liest. Ich nehme an, du hast noch nie von der Autorin Shiraz Sassway gehört?«
»Ich fürchte nein, allerdings hatte ich in letzter Zeit auch wenig Gelegenheit für leichte Lektüre«, erwiderte Jon-Tom.
»Ich habe sehr viel studieren müssen.«
»Schade.« Sie wirkte wehmütig. »Muß dir mal ein Exemplar meines neuesten Werks geben, wenn wir zurück sind. Langbeiners Liebeslust. Hab gehört, daß es im Süden ganz gut weggeht.«
»Vielleicht könnten wir beide mal zusammen ein paar Recherchen durchführen - natürlich zusammen mit anderen«, meinte Mudge und zwinkerte ihr lüstern zu. , »Ich, recherchiere nicht mehr, Wasserratte. Statt dessen verlasse ich mich auf meine früheren Erfahrungen. Ich habe eine sehr flotte Jugend gehabt. Das liegt inzwischen alles hinter mir.«
»Ich wette, das lag die meiste Zeit schon 'inter dir«, warf Mudge ein, sorgte aber dafür, daß er nicht in ihre Bißweite kam.
Doch es war Clodsahamp, der als nächster das Wort ergriff.
»Dieses eine einzige Dokument enthält ja mehr Klauseln als der Pakt zwischen Hexe und Familiär.«
»Bin ein- oder zweimal reingelegt worden. Nichts Persönliches, Hexer. Lest Ihr Eure Verträge etwa nicht?« Sie blickte nachdenklich drein, während sie ein paar Lieblingspassagen aufzählte. »Lasten werden nach meiner Manier zusammengestellt und verschnürt, nicht nach Eurer. Gewicht wird vorher festgelegt - keine Ergänzungen in letzter Minute, nicht mal ein Sandwich. Die üblichen Klauseln über Gefahrenzulagen. Im Gegenzug bekommt Ihr alles, was ich geben kann. Ich kann mehr tragen als jedes Pferd und bin schneller als jeder Esel. Ich kann an Graten emporklettern, bei denen das durchschnittliche Packpferd einen Herzinfarkt bekäme, und zur Not kann ich es sogar noch mit verbundenen Augen. Und all das bei weniger Futter, bei dem ich ohnehin nicht heikel bin. Mir genügt schlichter Wildweizen und Gras, wenn ich Lasten schleppe. Ich kann gut Nahrungsmittel aufstöbern und von Zeug überleben, mit dem ihr normalerweise allenfalls Häuser zusammenflechten würdet.
Ihr wollt nach Norden. Ich vertrage die Kälte besser als jedes Pferd, mit möglicher Ausnahme eines Pryzwalski, und von denen gibt es keine in diesem Teil der Wälder. Und außerdem habt ihr den Vorteil meiner Erfahrung. Ich bin schon ganz schön viel rumgekommen. Ich bin noch nicht so verstädtert wie manche von diesen Weichhufen, die draußen in den Vororten lediglich Waren von Tür zu Tür schleppen.«
»Wir sind auch nicht gerade auslandsunerfahren«, teilte Jon- Tom ihr mit.
»Freut mich zu hören. Bin nämlich nicht im Bemutterungsgeschäft, Fohlen. Ach ja, und noch etwas. Reiten ist
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