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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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bis hinauf zu den breiten Schultern war seine Kleidung mit Messingdornen übersät. Jon-Tom konnte nicht feststellen, ob diese Metallstücke zur Zierde oder zum Schutz dienten. Bei manchen kriegerischen Völkern hatten sie eine zweifache Funktion.
    Um die beachtlichen Hüften des Gefangenen wand sich ein messingbeschlagener Gürtel. Auch um den Hals trug er ein dazu passendes Stück. Er war ungefähr viereinhalb Fuß groß, wirkte aber kleiner, weil er sich so weit vorbeugte, wie seine Fesseln es ihm gestatteten, hustend und keuchend, unfähig, dem dichten schwarzen Rauch zu entgehen, der ihm von unten entgegenstieg.
    An einem Haken, den man in eine Ecke des Podests eingeschlagen hatte, hing ein großer Rucksack aus dem gleichen Leder wie die Kleidung des Gefangenen. Er war prall gefüllt mit Gegenständen, die nicht zu erkennen waren. Daran befestigt war ein dünner Säbel, der fast so lang war wie der Gefangene selbst.
    Von Zeit zu Zeit trieb eine leise Brise den Nebel lange genug beiseite, damit die verborgenen Zuschauer den Gefangenen richtig zu sehen bekamen. Das Gesicht und die großen pelzigen Ohren waren sofort zu erkennen. Die Identifikation der Art war ebenso leicht wie überraschend.
    »Was tut der denn hier?« fragte Jon-Tom, an niemanden im besonderen gerichtet. »Ich dachte immer, Koalas zögen tropische Gebiete vor. In den Glockenwäldern bin ich noch nie einem begegnet.«
    »Es stimmt, in unseren Teil der Welt kommen sie nur selten auf Besuch.« Clodsahamp bemühte sich, den Gefangenen genauer zu erkennen. »Dieser ist jedenfalls sehr weit von zu Hause entfernt, obwohl er für das hiesige Klima nicht unpassend gekleidet ist.«
    »Der arme Kerl.« Dormas schniefte mitfühlend.
    »Frage mich, was er wohl getan hat, um gefangen genommen und so behandelt zu werden.«
    »Wahrscheinlich 'ne einfache Revierverletzung.« Mudge wich langsam, aber sicher zurück. »Also gut, jetzt 'aben wir genug gese'en, um unsere blanke Neugier zu befriedigen. Dann können wir ja wieder ge'en, nich?«
    »Falsch. Es ist verdammt klar, was sie mit ihm vorhaben. Sie wollen ihn ganz langsam ersticken. Einen solchen Tod hat niemand verdient.«
    »Wo'er willste 'n das wissen, Kumpel? Vielleicht 'at der 'ier ja irgend'n schreckliches Verbrechen an diesen Wilden verübt. Vielleicht 'aben sie ihm 'nen fairen Prozeß gemacht und ihn verurteilt. Was 'abe ich dir darüber gesagt, von wegen ständig deine eigenen Moralvorstellungen anderen Leuten aufs Auge drücken zu wollen?« Mit einem Nicken zeigte er auf das Lager.
    »Guck dir doch mal an, wie der angezogen is, wa? Das is mit Sicher'eit 'n rau'er Bursche. Ich würde sagen, die 'aben alle einander verdient.«
    »Wenn er sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben sollte, würde ich gern etwas darüber erfahren«, erwiderte Jon- Tom. »Wenn nicht, ist es moralisch äußerst verwerflich, wenn wir ihn hier auf diese Weise so langsam verrecken lassen. Ich stelle mir gern vor, daß eines Tages ein vorbeiziehender Reisender für mich dasselbe tut.«
    »Is aber verdammt unwahrscheinlich«, grollte der Otter, »'ätte eigentlich gedacht, daß du schon lange genug 'ier bist, um es besser zu wissen, Kumpel.«
    »Ich würde sehr gern seine Geschichte erfahren«, erklärte Clodsahamp. »Nicht nur, wie er in diese gefährliche Lage geraten ist, sondern auch, was er in diesem abgelegenen Teil der Welt überhaupt zu suchen hat.«
    »Na is ja prima, is das ja! 'ätte wirklich besser im Lager zurück bleiben sollen!«
    »Mudge, wo bleibt denn dein Mitgefühl für andere?«
    »In meiner linken 'üfttasche, wo es 'inge'ört, und wenn wir schon dabei sind: Diese fröhlichen Naturburschen da unten sind ebenso meine Mitwesen wie dieser gepanzerte fette Bär. Ihre Tischmanieren gefallen mir zwar nich besonders, aber das 'eißt ja nich, daß ich meinen eigenen 'intern riskiere, um den irgendeines anderen Narren zu retten.«
    Jon-Tom richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Lager. Es war eindeutig, daß der Gefangene zunehmend schwächer wurde, so daß er kaum noch husten konnte. »Wir müssen etwas unternehmen.«
    »Toll, Chef, dann können du und der alte Felsrücken 'ier ja mal 'inspazieren, das Objekt eures Mitleids losbinden und dem Engelschor verkünden, daß es euch leid tut, aber daß die Party jetzt vorbei is und ihr zusammen ge'en wollt. Ich bin sicher, daß sie dafür jede Menge Verständnis 'aben werden. Die werden entzückt sein - nämlich darüber, daß sie gleich drei Kadaver räuchern

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