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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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können.«
    »So sehr meine Neugierde - und natürlich auch mein Rechtsempfinden - mich zu diesem armen Kerl hinziehen«, warf Clodsahamp ein, »so hat die Wasserratte doch nicht unrecht. Auf unserem Rücken lastet eine noch größere Verantwortung. Ich sehe keine Möglichkeit, alles zu riskieren, nur um dieses eine Individuum zu retten.«
    Jon-Tom überlegte einen langen Augenblick, bevor er antwortete. »Sie haben recht, werter Herr. Und Mudge auch.«
    Der Otter wirkte überrascht, aber erfreut. »Wird auch langsam Zeit, daß du mal 'n bißchen von der Vernunft unter Beweis stellst, die ich dir seit einem Jahr einzu'ämmern versuche, Kumpel.«
    »Wir können ihn befreien, ohne irgend etwas dabei zu riskieren.« Er bereitete seine Duar zum Einsatz vor.
    Man mußte nicht erst Hexer sein, um Jon-Toms Absichten zu durchschauen. »Bist du sicher, daß du das wirklich versuchen willst, mein Junge? Es stimmt zwar, daß wir dann nicht mit unmittelbarer Vergeltung rechnen müssen, andererseits wird es aber auch nicht lange dauern, bis diese Waldbewohner dort unten uns geortet haben, falls du versagen solltest.«
    »Keine Sorge. Das wird ein Kinderspiel.« Sofort begann er damit, das Instrument zu stimmen. »Ich habe die Sache schon voll geplant. Die meisten Probleme, die ich mit dem Bannsingen habe, rühren in der Regel daher, daß ich in aller Eile plötzlich einen passenden Song aussuchen und ihn vortragen muß, bevor ich richtig dazu bereit bin. Aber jetzt hatte ich Gelegenheit, diesen Leuten zuzuhören und sie zu beobachten. Ich weiß genau, was ich tun werde, und ich wüßte nicht, wieso ich scheitern sollte.«
    »Dein Selbstvertrauen ist beruhigend und - wie ich hoffe - nicht fehlgeleitet. Weshalb bist du dir deiner so sicher, mein Junge?«
    Jon-Tom grinste ihn an. »Weil ich ihre eigene Musik gegen sie verwenden werde. Den Grundrhythmus dieses Singsangs habe ich schon intus. Ich werde eine Rockversion ihrer eigenen Hymne bringen und meinen eigenen Text dazugeben.« Er ließ die Finger über die vertrauten Saiten gleiten. »Zum größten Teil ist es ein Zweivierteltakt. Daraus kann ich noch im Schlaf Riffs improvisieren.«
    »Prima Idee, Kumpel«, meinte Mudge. »Dann se'en wir uns ja alle im Lager wieder, wa?« Er drehte sich um und machte sich wieder auf den Rückweg.
    »Mach dir nichts aus ihm«, sagte Dormas und lächelte Jon- Tom zu. »Ich habe Vertrauen in dich. Mach schon puste diese pelzigen kleinen Barbaren zurück in den Urwald.«
    »Na ja, ich hoffe, daß die Auswirkungen nicht gerade so schlimm werden.« Er räusperte sich. Er wollte den Gefangenen lediglich befreien, kein Massaker auslösen. Er machte sich an seine eigene Interpretation des rituellen Gesangs im Tal, stellte die Duar auf Höchstlautstärke und versuchte den improvisierten Song mit ebensoviel Anmut und Klarheit zu singen wie ein Ozzy Osbourne.
    Die Reaktion kam sofort. Auf halber Strecke zu den Fellen der Trommeln erstarrten plötzlich die Schlagstöcke. Das Flöten und das Rasseln der Tamburine verstummten. Auch der Singsang hörte auf, als sich alle Augen im Tal auf die zuckende, sich drehende Gestalt oben auf dem Felsvorsprung richteten.
    Jon-Tom hatte gehofft, daß seine Version des Lieds die schwerbewaffneten Krieger dort unten lähmen würde. Sie tat nichts dergleichen. Doch wenn die Stammesleute auch nicht von den Heavy Metal-Akkorden hypnotisiert wurden, die Jon-Toms Instrument entsprangen, schwärmten sie wenigstens auch nicht mit ihren Speeren und Keulen den Hang herauf.
    Statt dessen begannen sie zu rennen. Nicht auf den Sänger zu, sondern von ihm fort. In alle Richtungen. Im Laufen schleuderten sie ihre Waffen beiseite. Die weiblichen Stammesmitglieder gesellten sich zu ihnen, wobei sie Kochtöpfe umwarfen und ganze Haufen mühsam gesammelter Nahrung verstreuten. Sogar die Jungen hasteten davon. Ihr Geschrei und Gejammer waren herzzerreißend. Die Krieger warfen ihre Waffen fort, weil sie die Hände freihaben mußten - um sie auf die Ohren zu legen oder diese flach an die Schädeldecke zu pressen. Binnen kürzester Zeit war auch der letzte Bewohner des Dorfes im Wald verschwunden. In diesem Augenblick brach eine neue Stimme das Schweigen im Tal.
    »Um des Wahnsinns willen, hört mit diesem gräßlichen Lärm auf und kommt und befreit mich! Oder spießt mir einen Speer durchs Herz und erlöst mich auf der Stelle von meinen Leiden!« Der Koala wollte noch etwas hinzufügen, doch er erlitt einen Hustenanfall. Das Feuer unter ihm

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