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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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her. Er konnte sich zwar nicht aus Mickys Griff befreien, doch Hughs altes Bett fing an zu quietschen, so daß Micky befürchtete, die Krankenschwester könnte es hören und hereinkommen, um nach dem Rechten zu sehen. Aus Mickys Sicht gab es nur noch eine einzige Möglichkeit, den alten Mann ruhig zu halten: Ohne das Kissen von Seths Gesicht zu nehmen, legte er sich auf den sich windenden Körper. Grotesk, dachte er bei sich - wie Sex mit einer sich sträubenden Frau ... Mit Mühe unterdrückte er ein hysterisches Lachen, das über seine Lippen blubbern wollte. Seth wehrte sich noch immer, aber Mickys Gewicht schränkte seine Bewegungsmöglichkeiten ein. Das Bett hörte auf zu quietschen. Und Micky ließ nicht locker. Dann wurden die Bewegungen schwächer und hörten schließlich ganz auf. Micky harrte noch ein wenig aus, weil er kein Risiko eingehen wollte. Schließlich zog er vorsichtig das Kissen beiseite und starrte das weiße, stille Gesicht an. Die Augen waren geschlossen, die Züge reglos. Der alte Mann sah aus wie tot.
    Ich muß nachprüfen, ob das Herz noch schlägt, dachte Micky. Langsam und ängstlich neigte er den Kopf über Seths Brust. In diesem Augenblick riß der Greis die Augen weit auf, und ein tiefer und langer Atemzug entrang sich seiner Kehle. Um ein Haar hätte Micky vor Grauen aufgeschrien. Doch schon im nächsten Moment hatte er sich wieder gefangen und schob erneut das Kissen über Seths Gesicht. Er drückte es nieder und schauderte vor Angst und Abscheu, doch diesmal regte sich kein Widerstand mehr.
    Micky wußte, daß er, um alle Zweifel am Tod Seth Pilasters auszuräumen, noch ein paar Minuten zudrücken mußte, doch die Nähe der Krankenschwester beunruhigte ihn. Das lange Schweigen fiel ihr womöglich auf. Um den Anschein der Normalität zu wahren, mußte er reden. Aber was sollte er zu einem Toten sagen? Irgend etwas, redete er sich ein, es kommt doch gar nicht darauf an. Hauptsache, sie hört das Gemurmel eines Gesprächs ... »Mir geht es recht gut«, stammelte er verzweifelt. »Ziemlich gut, ziemlich gut! Und wie geht es Ihnen? Freut mich zu hören, daß es Ihnen bessergeht. Sehr schön, Mr. Pilaster. Es freut mich wirklich sehr, daß Sie so gut aussehen, ja, wirklich glänzend. Und so viel besser ... O Gott, ich kann nicht mehr ... Sehr schön, Mr. Pilaster, prächtig, prächtig ...«
    Er hielt es nicht mehr aus. Micky nahm sein Gewicht von dem Kissen. Mit von Ekel verzerrter Miene fingerte er über Seths Brust nach der Stelle, unter der er das Herz vermutete. Spärliche weiße Haare wuchsen auf der blassen Greisenhaut. Der Körper unter dem Nachthemd war warm, aber ein Herzschlag war nicht zu spüren. Bist du diesmal wirklich, hinüber? dachte er und glaubte plötzlich Papas wütende, ungeduldige Stimme zu hören. Ja, du Idiot, sagte sie, er i s t tot. Und nun sieh zu, daß du verschwindest! Micky rollte sich von der Leiche herunter und stand auf; das Kissen lag noch immer über Seth Pilasters Kopf.
    Jetzt war ihm speiübel. Schwach und benommen, suchte er Halt an einem Bettpfosten. Ich habe ihn getötet, dachte er. Ich habe ihn getötet.
    Draußen auf der Galerie ertönte eine Stimme. Micky betrachtete die Leiche und riß das Kissen fort. Die Augen waren geöffnet, der Blick starr. Da ging die Tür auf, und Augusta kam herein. Sie blieb stehen und sah das verwüstete Bett. Sie sah das reglose Gesicht des Greises, die erstarrten Augen, das Kissen in Mickys Hand. Das Blut wich ihr aus den Wangen. Stumm und hilflos glotzte Micky sie an und harrte ihrer Worte. Augusta stand da wie angewurzelt. Ihr Blick wanderte von Seth zu Micky und wieder zurück. Dann schloß sie langsam und leise die Tür.
    Sie nahm Micky das Kissen aus der Hand. Sie ging zum Bett, hob den leblosen Kopf des alten Seth an, legte das Kissen wieder an Ort und Stelle und glättete das Laken. Sie hob den Economist vom Boden auf, plazierte ihn auf Seths Brust und faltete darüber seine Hände. Nun sah alles so aus, als wäre der alte Mann beim Lesen eingeschlafen.
    Dann schloß Augusta Seth die Augen und kam auf Micky zu. »Du zitterst ja«, sagte sie, umfaßte sein Gesicht mit den Händen und küßte ihn auf den Mund.
    Im ersten Augenblick war er völlig fassungslos und unfähig zu jeder Reaktion, doch dann verwandelte sich sein Entsetzen blitzartig in Lust. Er umarmte sie und spürte ihren Busen an seiner Brust. Augusta öffnete den Mund, und ihre Zungen fanden sich. Micky griff mit beiden Händen nach ihren Brüsten

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