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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Schwiegertochter noch nicht verwunden. Ich werde mal ein Wörtchen mit Greenbourne reden, nahm er sich vor. Aber Maisie sollte fürs erste nichts davon erfahren - die Gefahr, daß dadurch Hoffnungen erweckt würden, die später leicht in Enttäuschung umschlagen konnten, war einfach zu groß. »Tu mir einen Gefallen und triff keine übereilten Entscheidungen, ja?«
    »Zum Beispiel?«
    »Zieh zum Beispiel nicht aus. Greenbourne könnte auf die Idee kommen, dein Mobiliar beschlagnahmen zu lassen.«
    »Gut, ich bleibe erst einmal hier.«
    »Außerdem brauchst du einen eigenen Anwalt, der deine Interessen vertritt.«
    Maisie schüttelte den Kopf. »Ich gehöre nicht mehr zu jener Bevölkerungsklasse, die sich Rechtsanwälte wie Diener herbeizitieren kann. Ich muß die Kosten bedenken. Nur wenn ich mir absolut sicher bin, daß man mich übers Ohr hauen will, werde ich mich an einen Anwalt wenden. Aber soweit wird es, glaube ich, nicht kommen. Unredlich ist Ben Greenbourne nämlich nicht. Er ist nur hart, so hart wie Eisen - und ebenso kalt. Merkwürdig, wie ein solcher Mann einen so gütigen und warmherzigen Sohn zeugen konnte.«
    »Das klingt mir sehr philosophisch«, warf Hugh ein. Er bewunderte ihren Mut.
    Maisie zuckte mit den Schultern. »Ich habe schon ein aufregendes Leben hinter mir, Hugh. Mit elf Jahren war ich vollkommen mittellos, mit neunzehn sagenhaft reich.« Sie berührte den Ring an ihrem Finger. »Dieser Diamant ist wahrscheinlich mehr Geld wert, als meine Mutter in ihrem ganzen Leben je gesehen hat. In ganz London gab es keine schöneren Feste als die meinen. Ich habe Gott und die Welt kennengelernt und mit dem Prinzen von Wales getanzt. Ich bedaure nichts - außer, daß du Nora geheiratet hast.«
    »Ich mag sie sehr gerne«, sagte Hugh, ohne daß es überzeugend geklungen hätte.
    »Du warst wütend, weil ich mich nicht auf einen Seitensprung mit dir eingelassen habe!« fuhr Maisie mit rücksichtsloser Offenheit fort.
    »Außerdem suchtest du verzweifelt nach sexueller Betätigung. Du hast Nora genommen, weil sie dich an mich erinnerte. Aber sie ist anders als ich, und jetzt bist du unglücklich.« Hugh zuckte zusammen, als habe man ihn geschlagen. Ihre Worte kamen der Wahrheit schmerzhaft nahe. »Du hast Nora noch nie leiden können«, sagte er.
    »Wahrscheinlich denkst du, ich bin eifersüchtig, und damit hast du vielleicht gar nicht so unrecht. Trotzdem behaupte ich, daß sie dich nie geliebt und dich nur deines Geldes wegen geheiratet hat. Und ich gehe jede Wette ein, daß du seit der Hochzeit längst schon selbst daraufgekommen bist. Stimmt's?«
    Hugh mußte daran denken, wie Nora ihr Liebesleben auf einmal wöchentlich hatte beschränken wollen, sich aber durch kleine Geschenke umstimmen ließ. Deprimiert wandte er den Blick ab. »Sie gehörte zu den Unterprivilegierten«, sagte er. »Da ist es kein Wunder, daß sie so materialistisch geworden ist.«
    »So unterprivilegiert wie ich war sie nie«, erwiderte Maisie höhnisch. »Und selbst du wurdest damals wegen Geldmangels aus der Schule genommen, Hugh. Falsche Ideale kann man damit nicht entschuldigen. Die Welt ist voller armer Leute, die genau wissen, daß Liebe und Freundschaft wichtiger sind als materieller Wohlstand.«
    Ihr Spott veranlaßte Hugh, Nora in Schutz zu nehmen. »So schlecht, wie du sie machst, ist sie gar nicht.«
    »Trotzdem bist du nicht glücklich.«
    Verwirrt, wie er war, zog Hugh sich auf alte moralische Standpunkte zurück. »Wie dem auch sei«, sagte er, »ich habe sie geheiratet und werde ihr daher auch treu bleiben. Das ist nun einmal der Sinn des Ehegelübdes.«
    Maisie lächelte, aber in ihren Augen standen Tränen. »Genau diese
    Antwort habe ich erwartet«, sagte sie.
    Urplötzlich überkam Hugh eine Vision: Er sah Maisie nackt vor sich, sah die runden, sommersprossigen Brüste, das rotgoldene, buschige Haar ihrer Scham. Gerne hätte er jetzt seine prinzipientreuen Worte zurückgenommen. Statt dessen erhob er sich und wandte sich zum Gehen.
    Auch Maisie stand auf. »Danke für deinen Besuch, lieber Hugh«, sagte sie.
    Er wollte ihr die Hand schütteln, beugte sich aber unwillkürlich vor und küßte sie auf die Wange. Und irgendwie - er wußte selbst nicht, wie es geschah - fanden seine Lippen dann die ihren. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuß, der nicht enden wollte und um ein Haar alle guten Vorsätze Hughs hinweggeblasen hätte. Doch schließlich riß er sich von ihr los und verließ ohne ein weiteres Wort den

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