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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte sie.
    »Was ist los?«
    Ohne das geringste Zögern vertraute er sich ihr an. »Ich hatte gehofft, Edward mit Papas Hilfe einen neuen Geschäftsabschluß für die Bank zu verschaffen. Aber es geht um Waffen und Munition. Edward erklärte mir soeben, daß Onkel Seth dergleichen nicht finanziert.«
    »Seth wird nicht mehr lange Seniorpartner sein«, meinte Augusta.
    »So wie's aussieht, denkt Samuel in dieser Angelegenheit genauso wie sein Vater.«
    »So?« Augustas Ton war schelmisch. »Wer behauptet denn, daß Samuel der neue Seniorpartner wird?«
     
    Hugh Pilaster trug eine neue himmelblaue Krawatte im Ascot-Stil mit breitem Knoten, der von einer Nadel festgehalten wurde. Eigentlich hätte er längst ein neues Jackett gebraucht, aber er verdiente nur achtundsechzig Pfund im Jahr, so daß er sich damit begnügen mußte, seine alte Jacke mit einer neuen Krawatte aufzumöbeln. Der Ascot-Stil entsprach der neuesten Mode, und Himmelblau war eine gewagte Farbe, doch als er einen Blick in den riesigen Spiegel über dem Kaminsims in Tante Augustas Wohnzimmer warf, sah er, daß die blaue Krawatte und der schwarze Anzug sehr gut zu seinen blauen Augen und seinem schwarzen Haar paßten. Seine Hoffnung, die Ascot-Krawatte könnte ihm einen eleganten, draufgängerhaften Anstrich verleihen, stieg. Zumindest Florence Stalworthy sollte sie beeindrucken. Mode interessierte Hugh erst, seit er Florence kennengelernt hatte.
    Es war immer ein wenig peinlich, einerseits so wenig Geld zu haben und andererseits bei Tante Augusta leben zu müssen. Aber die Tradition des Bankhauses Pilaster besagte, daß jedermann den Lohn bekam, den er wert war, gleichgültig, ob es sich dabei um ein Familienmitglied handelte oder nicht. Eine weitere Regel lautete, daß jedermann von der Pike auf zu dienen hatte. In Windfield war Hugh ein hervorragender Schüler gewesen, und er wäre Schülersprecher geworden, hätte er sich nicht immer wieder selbst in Schwierigkeiten gebracht. In der Bank galt seine Bildung freilich so gut wie nichts. Er machte eine Banklehre und wurde entsprechend dafür bezahlt. Weder Onkel noch Tante hatten jemals angeboten, ihm finanziell unter die Arme zu greifen - also mußten sie sich auch damit abfinden, wenn seine Kleidung ein wenig schäbig war.
    Hugh interessierte es nicht sonderlich, wie die Pilasters über seine Erscheinung dachten. Florence Stalworthy war es, auf die es ihm ankam. Sie war ein hübsches blasses Mädchen und die Tochter des Grafen von Stalworthy. Doch das Wichtigste an ihr war, daß sie sich für Hugh Pilaster interessierte. Im Grunde war Hugh von jedem Mädchen, das auch nur ein Wort an ihn richtete, sofort hingerissen. Das bekümmerte ihn, bedeutete es doch gewiß, daß seine Gefühle sehr oberflächlich waren. Aber was sollte er dagegen tun? Ein Mädchen brauchte ihn nur zufällig zu berühren, und schon wurde ihm der Mund trocken. Die Neugier, wie ihre Beine unter all diesen Schichten von Röcken und Unterröcken wohl aussehen mochten, bereitete ihm wahre Qualen, ja, es gab Zeiten, da schmerzte ihn sein Verlangen wie eine offene Wunde. Das ging nun schon so, seit er fünfzehn war. Jetzt war er zwanzig, und die einzige Frau, die er in diesen fünf Jahren geküßt hatte, war seine Mutter.
    Eine Veranstaltung wie Augustas Teegesellschaft entsprach einer exquisiten Folter. Da es eine festliche Angelegenheit war, gingen die Leute aus sich heraus, zeigten sich freundlich und entgegenkommend, plauderten angeregt und ließen sogar persönliches Interesse erkennen. Die jungen Mädchen hatten sich hübsch zurechtgemacht, lächelten unentwegt, und manchmal flirteten sie sogar diskret. Bei dieser Menschenmenge ließ es sich gar nicht vermeiden, daß das eine oder andere junge Mädchen Hugh im Vorbeigehen streifte, beim Umdrehen gegen ihn stieß, seinen Arm berührte oder sogar die Brüste gegen seinen Rücken drängte, wenn es sich an ihm vorbeidrückte. Das kostet mich eine ganze Woche Schlaf, dachte er betrübt.
    Viele der Anwesenden waren natürlich mit ihm verwandt. Sein Vater Tobias und Edwards Vater Joseph waren Brüder gewesen. Doch Hughs Vater hatte sein Kapital aus der Bank genommen und sein eigenes Unternehmen aufgezogen - mit den bekannten Folgen: erst die Pleite, dann der Selbstmord. Hugh hatte deshalb das teure Windfield-Internat verlassen müssen und war Tagesschüler der Folkestone Akademie für die Söhne von Gentlemen geworden. Deshalb hatte er sich nicht die übliche Europareise und ein paar

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