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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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August Ferien zu machen - vorausgesetzt, es gab nicht gerade Turbulenzen auf den Finanzmärkten. In diesem Jahr war die Entscheidung über den Urlaub erst in letzter Minute getroffen worden, da über den Finanzzentren Europas das Grollen eines bedrohlichen Unwetters zu vernehmen war. Doch inzwischen schien das Ärgste ausgestanden zu sein. Der Diskontsatz war wieder auf drei Prozent gesunken, und Augusta hatte in Schottland ein kleines Schloß angemietet. In ungefähr einer Woche wollte sie mit Madeleine vorausfahren; die Männer würden ihnen ein oder zwei Tage später folgen. Es war kurz vor vier. Augusta stand im Salon, mißmutig über die japanische Einrichtung und Seths Zählebigkeit, als plötzlich Samuel das Zimmer betrat.
    Alle Pilasters waren häßlich, aber Samuel, fand Augusta, schoß den Vogel ab. Zu der üblichen großen Nase kamen bei ihm ein schwächlicher, weibischer Mund und unregelmäßige Zähne hinzu. Er war außerordentlich penibel, stets untadelig gekleidet, heikel mit dem Essen, liebte Katzen und haßte Hunde. Daß Augusta ihn nicht mochte, hatte freilich einen anderen Grund: Er ließ sich von ihr nicht um den Finger wickeln. Den alten Seth, der trotz seines fortgeschrittenen Alters durchaus noch eine Schwäche für attraktive Frauen hatte, bezwang sie mit ihrem Charme; Josephs Geduld zermürbte sie mit Geschick; George Hartshorn stand unter der Fuchtel Madeleines und war somit indirekt beeinflußbar. Die übrigen Männer der Familie waren noch jung genug, um sich einschüchtern zu lassen, wogegen nur Hugh gelegentlich aufbegehrte.
    Allein Samuel ließ sich von ihr nicht beeinflussen, am allerwenigsten durch ihre weiblichen Reize. Seine Angewohnheit, immer dann über sie zu lachen, wenn sie sich für besonders feinfühlig und klug hielt, brachte sie regelmäßig auf die Palme. Samuel tat immer so, als hielte er sie für eine Frau, die man einfach nicht ernst nehmen könne, und das empfand Augusta als tödliche Beleidigung. Sein leiser Spott traf sie viel härter als die »alte Hexe« aus dem Lästermaul jenes liederlichen Frauenzimmers im Park. Heute allerdings war von Samuels üblichem skeptisch-amüsiertem Lächeln nichts zu sehen. Er wirkte aufgebracht, ja in der Tat so zornig, daß Augusta im ersten Moment richtig erschrak. Daß er so früh erschien, war offenbar Absicht: Er wollte sie allein antreffen. Wie ein Blitz durchfuhr sie die Erkenntnis, daß sie nun schon seit zwei Monaten hinter seinem Rücken eine Verleumdungskampagne mit dem Ziel, ihn gesellschaftlich zu ruinieren, betrieb und daß so manch ein Mord schon aus weniger gravierendem Anlaß begangen worden war.
    Samuel, der einen perlgrauen Gehrock mit weinroter Krawatte trug, gab ihr nicht die Hand, sondern blieb dicht vor ihr stehen, so daß Augusta ein schwacher Duft nach Kölnischwasser in die Nase stieg. Wie zur Abwehr hob sie die Hände. Da lachte Samuel freudlos auf und trat einen Schritt zurück. »Der Himmel weiß, wie sehr du es verdient hättest, Augusta«, sagte er, »aber ich werde dich nicht schlagen.«
    Natürlich würde er das nicht tun. Sein sanftes Gemüt lehnte es ja sogar ab, Waffenexporte zu finanzieren. Im Nu kehrte Augustas Selbstvertrauen zurück. »Wie kannst du es wagen, mich zu kritisieren!« protestierte sie entrüstet.
    »Kritisieren?« gab er zurück, und wieder flackerte die Wut in seinen Augen auf. »Ich lasse mich nicht dazu herab, dich zu kritisieren.« Nach einer Pause fügte er mit verhaltenem Zorn hinzu:
    »Ich verachte dich.« Doch ein zweites Mal ließ sich Augusta nicht einschüchtern. »Bist du etwa gekommen, um mir mitzuteilen, daß du deinen lasterhaften Lebenswandel aufgeben willst?« fragte sie mit volltönender Stimme.
    »Meinen lasterhaften Lebenswandel!« wiederholte er. »Du bist drauf und dran, aus blankem Ehrgeiz das Glück meines Vaters zu zerstören und mir mein Leben zu verleiden, und du wagst es noch, von meiner Lasterhaftigkeit zu reden! Deine Schlechtigkeit ist so tief in dir verwurzelt, daß du zwischen Gut und Böse gar nicht mehr unterscheiden kannst.«
    Es sprach eine solche Überzeugung und Leidenschaft aus ihm, daß Augusta sich unwillkürlich fragte, ob er nicht vielleicht sogar recht hatte. Habe ich ihm wirklich unrecht getan? fragte sie sich. Ist es wirklich schlecht von mir, ihn zu bedrohen? Doch gleich darauf ging ihr auf, daß er lediglich versuchte, ihre Entschlossenheit mit einem Appell an ihr Mitgefühl zu erschüttern, und sie erwiderte kalt: »Mir geht es

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