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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ausschließlich um die Bank.«
    »Das ist also deine Ausrede, ja? Willst du das deinem Schöpfer erzählen, wenn er dich am Tag des Jüngsten Gerichts fragt, warum du mich erpreßt hast?«
    »Ich tue nur meine Pflicht.« Nun, da sie spürte, daß sie wieder Herrin der Lage war, begann sie sich zu fragen, was ihn eigentlich hergeführt hatte. Wollte er seine Niederlage eingestehen - oder hatte er vor, sich gegen sie zur Wehr zu setzen? Wenn er sich fügt, bin ich die Frau des nächsten Seniorpartners, dachte sie. Die Alternative war eine lange, schwierige Auseinandersetzung mit Ungewissem Ausgang.
    Samuel ging zum Fenster und sah hinaus in den Garten. »Du warst ein hübsches kleines Mädchen«, sagte er nachdenklich, und Augusta räusperte sich ungeduldig. »Ich kann mich noch gut daran erinnern. Im weißen Kleid und mit Schleifchen im Haar gingst du zur Kirche
    ... Allerdings ließ sich von den Schleifchen niemand täuschen. Du warst schon damals eine Tyrannin. Nach dem Gottesdienst ging alles im Park spazieren. Obwohl die anderen Kinder Angst vor dir hatten, spielten sie mit dir, denn du warst die große Organisatorin, die die Fäden in der Hand hielt, auch im Spiel. Selbst deine Eltern hast du terrorisiert. Ging etwas nicht nach deinem Willen, dann bekamst du einen solchen Tobsuchtsanfall, daß die Leute ihre Kutschen anhalten ließen, weil sie wissen wollten, was da los war. Dein armer Vater - Gott hab ihn selig - hatte den gejagten Blick eines Mannes, der einfach nicht versteht, wie er ein solches Ungeheuer in die Welt setzen konnte.«
    Seine Darstellung kam der Wahrheit ziemlich nahe. Augusta fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. »Das ist doch Jahre her«, sagte sie mit abgewandtem Blick.
    Samuel fuhr fort, als hätte er ihren Einwurf gar nicht gehört. »Es geht mir ja gar nicht so sehr um mich selbst. Sicher, ich wäre schon gerne Seniorpartner, aber es muß nicht sein. Ich wäre sicher ein guter Mann auf diesem Posten - wenn auch vielleicht nicht so dynamisch wie mein Vater, da ich eher ein Teamarbeiter bin. Aber Joseph ist für den Posten ungeeignet. Er ist launisch und impulsiv, und seine Entscheidungen sind oft nicht die besten. Durch dich wird alles noch schlimmer, weil du seinen Ehrgeiz entfachst und seinen Weitblick trübst. In der Gruppe, wo andere ihn lenken und gegebenenfalls zurückhalten können, ist er nicht schlecht, aber für die Spitze taugt er nicht, weil es ihm an Urteilsvermögen mangelt. Langfristig wird er der Bank schaden. Läßt dich das völlig kalt?«
    Hatte Samuel recht? Augusta war unsicher und fast versucht, ihm zu glauben. Bin ich dabei, die Gans zu schlachten, die die goldenen Eier legt? fragte sie sich. Nein, die Bank ist dermaßen reich, daß wir das Geld nicht einmal dann ausgeben könnten, wenn alle Teilhaber von heute an keine Hand mehr rührten. Lächerlich, diese Behauptung, Joseph könne der Bank schaden! Was tun diese Teilhaber denn schon Besonderes? Sie gehen in die Bank, lesen den Wirtschaftsteil in den Zeitungen, verleihen Geld und kassieren dafür Zinsen. Joseph kann das genauso gut wie die anderen auch. »Ihr Männer behauptet immer, daß das Bankwesen eine komplizierte, geheimnisumwitterte Wissenschaft ist«, sagte sie. »Aber mir könnt ihr da nichts vormachen.« Sie spürte, daß sie in die Defensive geraten war. »Ich rechtfertige mich vor Gott, nicht vor dir.«
    »Hast du wirklich vor, deine Drohung wahrzumachen und mich bei meinem Vater anzuschwärzen?« fragte Samuel. »Du weißt, daß ihn das umbringen könnte.«
    Augusta zögerte nur einen Augenblick, ehe sie sagte: »Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    Samuel starrte sie an. Es dauerte lange, bis er antwortete. »Du Teufelin! Ja, ich traue es dir zu.«
    Augusta hielt den Atem an. Ob er nachgeben würde? Sie spürte, daß der Sieg greifbar nahe war, und glaubte schon eine respektvolle Stimme zu hören, die sagte: G es t at t en S i e m i r, Ihnen Mrs. Joseph Pilaster vorzustellen, G emahlin des Seniorpartners des Bankhauses Pilaster . . .
    Nach kurzem Zögern sagte Samuel voller Abscheu: »Na gut. Ich werde den anderen mitteilen, daß ich nicht die Absicht habe, nach meines Vaters Ausscheiden Seniorpartner zu werden.« Augusta verkniff sich ein triumphierendes Grinsen. Sie hatte gesiegt! Um ihre Hochstimmung zu verbergen, wandte sie sich zur Seite.
    »Genieße deinen Sieg«, fuhr Samuel voller Bitterkeit fort. »Aber denke daran, Augusta, daß wir alle unsere Geheimnisse haben - sogar du. Der Tag wird

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