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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der Brust. In Amerika, dachte sie. Und ich trage sein Kind in mir. Sie war so entsetzt, daß sie nicht einmal weinen konnte.
    »Um wen handelt es sich also?« fragte April aggressiv. D e m Anwaltsgehilfen ging allmählich auf, daß er der Situation nicht gewachsen war. Sein hochnäsiges Gehabe wich blanker Nervosität:
    »Das erklärt er Ihnen besser selbst. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.« Er verschwand durch eine Innentür. Maisie starrte auf die mit Dokumenten gefüllten Schachteln, die an der Wand aufeinandergestapelt waren, und las die Namen der Klienten und Fälle: Ble n kinsop Est a te - Regina versus Wilts h ire Flo u r Millers - Great Southern Railway - Mrs Stanley Evans (verstorben ) . In diesem Büro werden Tragödien verwaltet, dachte sie - Todesfälle, Konkurse, Scheidungen, Strafverfahren.
    Als sich die Tür wieder öffnete, trat ihnen ein anderer Mann entgegen, eine sehr auffallende Erscheinung. Er war nicht viel älter als Maisie und hatte das Gesicht eines biblischen Propheten - dunkle Augen, die unter schwarzen Brauen hervorstarrten, eine große Nase mit ausgeprägten Nüstern und einen buschigen Vollbart. Irgendwie kam er Maisie vertraut vor, und nach ein paar Sekunden erkannte sie, daß er sie ein wenig an ihren Vater erinnerte, wenngleich dieser nie so feurig ausgesehen hatte. »Maisie?« fragte er. »Maisie Robinson?«
    Seine Kleidung wirkte merkwürdig fremd, als stamme sie aus einem anderen Land, und er sprach mit amerikanischem Akzent. »Ja, ich bin Maisie Robinson«, antwortete sie. »Und wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Erkennst du mich nicht?«
    Auf einmal fiel ihr ein zaundürrer Junge ein, der nur Lumpen auf dem Leib trug und keine Schuhe besaß. Auf seinen Lippen zeigte sich der erste Flaum eines Schnurrbarts, die Augen aber verrieten zähe Entschlossenheit. »Oh, mein Gott!« japste sie. »Danny!« Ihre Sorgen waren vorübergehend wie weggeblasen, und sie warf sich ihm in die Arme. »Danny, bist du es wirklich?« Er drückte sie so fest an sich, daß es weh tat. »Natürlich bin ich es«, sagte er.
    »Wer?« fragte April. »Wer ist das?«
    »Mein Bruder!« sagte Maisie. »Mein Bruder, der nach Amerika ausgerissen ist! Er ist zurückgekommen!«
    Danny ließ sie wieder los und betrachtete sie. »Wie hast du es geschafft, so hübsch zu werden?« fragte er. »Du warst doch bloß ein dünnes kleines Ding.«
    Sie strich mit der Hand über seinen Bart. »Ohne diesen Pelz um deine Klappe hätte ich dich vielleicht wiedererkannt.« Hinter Danny war ein diskretes Hüsteln zu vernehmen. Als Maisie aufblickte, sah sie einen älteren Herrn mit einem ziemlich herablassenden Gesichtsausdruck in der Tür stehen. »Unsere Bemühungen waren offenbar erfolgreich«, sagte er. »Mr. Jay«, sagte Danny, »darf ich Ihnen meine Schwester vorstellen, Miss Robinson?«
    »Stets zu Diensten, Miss Robinson. Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, meine Herrschaften?«
    »Warum nicht?« sagte Danny.
    »In der Theobald's Road, nur ein paar Schritte von hier, befindet sich ein Kaffeehaus. Sie haben sich sicher viel zu erzählen.« Er wollte, daß sie sein Büro verließen, das war unverkennbar. Aber Danny schien sich um Mr. Jays Wünsche wenig zu scheren. Was immer er erlebt haben mochte - Unterwürfigkeit hatte er nicht gelernt. »Was meint ihr, Mädchen? Wollt ihr euch lieber hier unterhalten, oder sollen wir ins Kaffeehaus gehen?«
    »Gehen wir lieber«, sagte Maisie.
    »Und Sie, Mr. Robinson, haben die Güte, später noch einmal vorbeizuschauen, damit wir die finanziellen Dinge regeln können?« bemerkte Mr. Jay. »Ich denk' daran. Kommt, Mädchen.«
    Sie verließen die Kanzlei und gingen die Treppe hinunter. Maisie platzte schier vor Neugier, hielt sich jedoch zurück, bis sie das Kaffeehaus gefunden und sich an einem Tisch niedergelassen hatten. Endlich fragte sie: »Was hast du in den vergangenen sieben Jahren getrieben?«
    »Schienenwege gebaut«, antwortete er. »Ich hatte das Glück, zu einem günstigen Zeitpunkt nach Amerika zu kommen. Der Bürgerkrieg war gerade zu Ende, und der Eisenbahnboom setzte ein.
    Der Bedarf an Arbeitskräften war so groß, daß man die Leute per Schiffsladung aus Europa holte. Sogar für spillerige Vierzehnjährige wie mich gab es Jobs. Ich habe die erste Stahlbrücke der Welt mitgebaut - sie führt in St. Louis über den Mississippi. Danach bekam ich einen Job bei der Union Pacific Railroad in Utah. Mit neunzehn war ich Vorarbeiter - es ist eine Arbeit für junge, starke

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