Die Pfeiler des Glaubens
nachdenklich, als die beiden zu Hernando zurückkehrten und aufsaßen, »aber die Fohlen waren großartig. Wir beide reiten nach Córdoba zurück. Du suchst den Pferdehirten«, wandte er sich an Hernando, »und sagst ihm, dass hier eine tote Stute liegt. Zeig sie ihm, und sobald er sie gehäutet hat, nimmst du das Fell und zeigst es dem Verwalter im Marstall, damit er das Tier aus seinen Büchern streichen kann. Und beeil dich. Wenn sich erst die Aasfresser über den Kadaver hermachen, ist vom Brandzeichen des Königs bald nichts mehr zu sehen!«
Denn ohne das Zeichen mit der Krone im Fell konnte man dem Verwalter den Tod der Stute nicht beweisen, und die Pferdehirten hätten ein Problem.
Das Fell mit dem gut sichtbaren Brandzeichen stank genauso fürchterlich wie die Häute, die Hernando vor mehr als sieben Jahren vom Schlachthof in die Gerberei von Vicente Segura getragen hatte. Was für eine Wende hatte sein Leben seither genommen!
Die Suche nach dem Pferdehirten, die Rückkehr zum Eichenhain und das Abziehen des Kadavers hatten den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen. Als er mit allem fertig war, umspielte die Abendsonne bereits die Silhouette von Córdoba: Über der Mezquita, dem Alcázar, der Calahorra-Festung, den Glockentürmen der Kirchen und den Dächern der Wohnhäuser lag ein rötlicher Schimmer. Hier draußen auf den Feldern herrschte absolute Ruhe. Hernando betrachtete die leuchtende Stadt vor sich, und Corretón bewegte sich ganz ruhig, als spürte auch er die Magie des Augenblicks. Hernando seufzte. Das Pferd drehte überrascht seine Ohren nach hinten, und der Reiter klopfte ihm den Hals.
Vor etwa eineinhalb Jahren hatte Alsonso – ein junger Bereiter – draußen auf den Pferdeweiden einen Unfall gehabt. Er war an einen wütenden Stier geraten, der sein Pferd tottrampelte und den Mann mit den Hörnern zwischen den Beinen verletzte. Die anderen Reiter hatten den verletzten Alonso sofort zum königlichen Marstall gebracht. Er blutete stark. Als endlich der Chirurg kam und den jungen Mann untersuchte, stellte er fest, dass er Alonsos Glied an der Eichel operieren musste. Aber Alonso forderte, dass zunächst ein Amtsschreiber hinzugezogen werden musste: Der sollte von Amts wegen feststellen, dass er nicht beschnitten war. Hernando musste diesen Beamten holen. Er rannte los und befürchtete, Alonso könnte in der Zwischenzeit verbluten. Was für ein Wahnsinn! Aber niemand schien seine Sorge zu teilen: Für alle Beteiligten – den Chirurgen eingeschlossen – war Alonsos Forderung mehr als einleuchtend! Wichtiger als das eigene Überleben war, nicht als Jude oder Muslim zu gelten! Und zu Hernandos Überraschung überwand der Beamte seine gewöhnliche Trägheit, als er das Anliegen hörte. Er eilte mit Hernando zu den Stallungen. Dort angekommen, folgte er höchst interessiert den Ausführungen des Chirurgen, der die Wunde zwischen den Beinen des Verletzten untersuchte. Er überzeugte sich davon, dass Alonso nicht beschnitten war, und vermerkte, dass nach Angaben des Chirurgen aus medizinischen Gründen ein operativer Eingriff notwendig war, bei dem die Vorhaut des Reiters eingeschnitten werden musste. Anschließend gab der Schreiber dem Patienten das Dokument, der trotz seiner fürchterlichen Schmerzen danach griff, als hinge sein Leben davon ab … oder seine Ehre.
»Ich fürchte, Alonso wird nie wieder reiten können«, sagte Don Diego zu seinem Lakaien, als er das Dokument in seiner Funktion als Zeuge unterschrieb. »Kannst du reiten?«, fragte er Hernando plötzlich, der immer noch neben dem Schreiber stand.
»Ja«, antwortete er und versuchte seine Freude zu unterdrücken. Auf diese Frage hatte er schon so lange gewartet.
Don Diego überzeugte sich davon, dass Hernando die Wahrheit sagte, indem er ihn ein vierjähriges Pferd reiten ließ, das bald dem König übergeben werden sollte. Sobald Hernando die Kraft des Tieres unter sich spürte, fielen ihm Aben Humeyas Ratschläge wieder ein: Sitz aufrecht und gerade! Vor allem aber musst du stolz sein! Und zugleich behutsam! Deine Beine geben die Befehle! Tanze mit deinem Pferd! Und Hernando tanzte mit dem Pferd und forderte es zu all den Bewegungen heraus, die er bei den erfahrenen Reitern beobachtet hatte. Wie oft hatte er sehnsüchtig zugesehen, wie sie im Innenhof oder in der überdachten Reithalle trainierten. Hernando war selbst überrascht, wie gut das Pferd reagierte. Es tänzelte leichtfüßig über den Boden – ein wahres
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