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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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der Vizekönig von Aragonien, der Graf von Sástago, den Inquisitoren befahl, willkürlich ausgewählte Morisken im ganzen Königreich festzunehmen und zu foltern, um Genaueres über diese Pläne und Informationskanäle der Morisken zu erfahren.
    Im Dezember 1576 kursierten unter den Morisken Abschriften eines Schreibens des Sultans. Er versprach den Morisken darin, mit drei Flotten zeitgleich in Barcelona, Denia und Cartagena zu landen. Im Mai des Folgejahres fiel der spanischen Inquisition ein Brief des Beylerbeys von Algier in die Hände, in dem dieser ankündigte, dass die Flotte des Sultans frühestens im August komme und dass gleichzeitig eine Invasion von Frankreich aus vorbereitet werde. Er forderte die Morisken auf, bis dahin die Herrschaft in den Bergen wieder an sich zu reißen. Doch der Sommer verstrich, und selbst im Oktober 1578 hatten die Morisken weder Schiffe noch bewaffnete Männer aus Algier zu Gesicht bekommen.
    »Unsere Glaubensbrüder handeln nur in ihrem eigenen Interesse«, sagte Karim eines Tages, als es dem Rat gelungen war, sich mit Ausnahme von Don Julián nach dem Gottesdienst in Jalils Haus einzufinden. Sie saßen auf Matten am Boden, während jüngere Männer in der Calle de los Moriscos Wache hielten. Abbas wollte widersprechen, aber Karim kam ihm zuvor. »Abbas, beim Aufstand in den Alpujarras schickten sie uns Korsaren und ein paar Verbrecher, während die versprochenen Truppen Tunis angriffen und der Sultan Zypern überfiel …«
    »Und vor Kurzem hat der Sultan ein Abkommen mit König Philipp darüber geschlossen, dass die türkische Flotte nicht die Mittelmeerhäfen angreift«, unterbrach ihn Hernando. Die drei alten Männer sahen ihn verblüfft an, und Abbas schnaufte ungläubig. »Unser treuer Freund« – nicht einmal in dieser verschwiegenen Runde wagten sie, den Geistlichen beim Namen zu nennen – »hat davon erfahren. Es ist ein Geheimabkommen. Der König wollte keine offizielle Gesandtschaft schicken. Ein Adliger aus Mailand hat in Konstantinopel als Sklave verkleidet die Friedensverhandlungen für ihn geführt. König Philipp wollte nicht, dass sich die Franzosen in seine Verhandlungen einmischen, aber er wollte auch nicht, dass ihn die Christen für einen Verräter halten, wenn er mit den Ketzern verhandelt. Das ist der Stand der Dinge. Die Türken haben ihre Streitkräfte nach Persien entsandt, wo sie gerade Krieg führen – sie sind genauso an diesem Friedensabkommen interessiert wie die Christen.«
    »Das bedeutet also …«, begann Karim.
    »Dass alle Versprechen reine Lügen sind«, beendete Hamid den Satz.
    Hernandos Magen zog sich unwillkürlich zusammen, als er die Worte des Alfaquí hörte. Jeder der Männer bedachte für sich die Tragweite dieser Feststellung.
    »Niemand darf davon wissen«, sagte Karim schließlich.
    »Wozu soll das gut sein?«, fragte Hernando.
    »Wir dürfen ihnen nicht die Hoffnung nehmen«, stellte Jalil fest und schloss sich der Meinung seines Gefährten an. Auch Hamid nickte. »Hoffnung ist das Einzige, was uns noch bleibt. Wenn unsere Leute von den Türken, den Algeriern und den Korsaren sprechen, dann bekommen sie leuchtende, feurige Augen. Aber … was können wir schon ohne ihre Unterstützung ausrichten? Sollen wir den Aufstand etwa allein wagen? Wir haben keine Waffen, und die Christen überwachen jeden einzelnen unserer Schritte. Wenn wir eine erneute Niederlage erleiden, sind wir endgültig vernichtet! Wenn wir unseren Brüdern aber die Aussicht auf die Hilfe des Sultans nehmen, verzweifeln sie. Wir müssen die Illusion aufrechterhalten: Wir Muslime werden wieder in al-Andalus herrschen!«
    »Ja. Gott, der Macht verleiht und der erniedrigt«, sprach Hernando und sah bei seinen Worten zu Hamid, »wird uns beschützen.«
    »Gott bringt vom Weg ab, wen Er will«, begann der Alfaquí auf einmal in singendem Tonfall – wie damals bei ihren Gebeten in den Alpujarras, »und führt auf den geraden Weg, wen Er will. O Mohammed, möge deine Seele nicht über sein Schicksal in Betrübnis geraten. Allah ist der Allweise.«
    Dann herrschte Stille.
    »Also, machen wir weiter wie bisher und akzeptieren die leeren Versprechen der Türken.« Jalil zerstörte den magischen Moment nach Hamids Worten. »Aber wir müssen auch verhindern, dass unsere Männer diesen trügerischen Hoffnungen erliegen.«
    Damit wurde ihre Sitzung beendet, und Abbas half Hamid beim Aufstehen. Zu ihrer Sicherheit hatten sie es sich zur Gewohnheit gemacht, ihre

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