Die Pfeiler des Glaubens
tatsächlich zu verletzen. Reiter und Pferd spielten nur mit diesen gefährlichen Tieren, deren Hörner Azirats Flanken niemals erreichten.
Hernandos Ausritte führten ihn allerdings nie in den Norden von Córdoba, in die Sierra Morena, wo Ubaid und die Aufständischen lebten. Abbas hatte ihm zwar versichert, dass ihm der Maultiertreiber aus Narila nichts anhaben werde, weil sie ihm eine entsprechende Botschaft übermittelt hätten, aber Hernando traute dem Frieden nicht.
Sonntags ritt er mit Francisco und Shamir aus. Francisco saß vor ihm, Shamir umklammerte seinen Rücken. Die beiden wuchsen wie Brüder auf, und wenn keine Gefahr bestand, überließ er ihnen sogar die Zügel. An einem dieser Tage ritt er mit den Jungen gerade über die römische Brücke, als Francisco plötzlich unruhig wurde.
»Vater!«, rief Francisco. »Sieh mal, da steht Juan, der Maultierhändler.«
Juan winkte ihnen aus einiger Entfernung zu. An jedem Sonntag, an dem Hernando am Campo de la Verdad vorbeikam, schien Juan ihm immer schneller gealtert. Mittlerweile waren ihm nicht einmal mehr die paar Zähne geblieben, mit denen er der dicken Tomasa in der Bordellgasse in die Brustwarze gebissen hatte.
»Ihr könnt absteigen, Kinder«, forderte Juan die Jungen mit belegter Stimme auf, als sie bei ihm angekommen waren. Hernando war erstaunt, aber der Maultierhändler bedeutete ihm, nicht nachzufragen. »Geht nur zu den Mulis. Sie vermissen euch schon.«
Francisco und Shamir rannten zu den Maultieren. Juan bewegte die Lippen über dem Zahnfleisch und sah Hernando ernst an.
»Hör mal, es gibt bei euch jemanden, einen Neuchristen, der fragt hier die Leute aus, der hört sich überall um …« Hernando wartete, bis Juan sich vergewissert hatte, dass ihnen niemand zuhörte. »Er interessiert sich für den Schmuggel von Papier.«
»Kennst du ihn?«
»Ich weiß es nicht. Mich hat er noch nicht angesprochen. Aber ich habe gehört, dass er nach einem Maultiertreiber sucht.«
Hernando griff in seinen Beutel und gab ihm ein paar Münzen. Diesmal lehnte Juan nicht ab.
»Läuft es nicht so gut?«, fragte Hernando.
»Viel bleibt am Ende des Tages nicht übrig. Und was die kleinen Gaunereien nebenher angeht: Heute könnte ich nicht einmal mehr die Riemen der Müden Jungfrau packen!«
»Wenn du etwas brauchst, kannst du immer auf mich zählen.«
»Kümmere dich besser um dich selbst, mein Freund. Dieser Moriske und vermutlich auch die Inquisition sind hinter euch her. Sie wissen von dem geschmuggelten Papier.«
»Woher willst du wissen, dass …?«
»Ich bin vielleicht alt und schwach, aber ich bin kein Idiot, Her nando. Weder die Kirche noch die Notare, noch die Amtsschreiber brauchen so viel geschmuggeltes Papier. Ich habe gehört, dass das Papier keine besondere Qualität hat und aus der Gegend von Valencia kommt. Der Maultiertreiber, den dieser Moriske sucht, soll auch von dort kommen. Also wenn du mich fragst, ist es sicherlich nicht das Papier, das die Hidalgos für ihre Schriftstücke oder die Geistlichen für ihre Bücher brauchen.«
Hernando atmete tief durch.
»Kinder!«, rief er und stieg auf sein Pferd. »Wir müssen los.« Er hob zuerst Shamir und dann Francisco zu sich auf den Sattel. »Danke, mein Freund. Wenn du noch mehr hörst …«, flüsterte er Juan zu. Der Maultierhändler antwortete mit einem breiten, zahnlosen Lächeln.
Im königlichen Marstall angekommen, berichtete Hernando die schlechten Neuigkeiten sofort Abbas, während die Jungen dem Stallknecht beim Abzäumen des Pferdes halfen. Dann eilte er in die Calle de los Barberos.
»Ich will in diesem Haus kein einziges Stück Papier mehr sehen«, sagte er Fatima, seiner Mutter und Hamid. Er sah dem Alfaquí tief in die Augen und deutete mit dem Zeigefinger nach oben. Ohne dass die Kinder im Patio etwas von der Aufregung mitbekamen, begaben sie sich gemeinsam in einen der Räume im oberen Stockwerk, wo Hernando aufgeregt von Juans Andeutungen berichtete. Der Gelehrte setzte zu einer Antwort an, aber Hernando ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Hamid, nicht ein einziges Blatt! Hast du gehört? Wir dürfen kein Risiko eingehen, es geht um unsere Familie, um die Kinder«, sagte er noch. »Und es geht um uns alle.«
Schließlich stellte Fatima die erste Frage.
»Was ist mit dem Koran?« Sie bewahrten immer noch das Exemplar auf, das Abbas ihm damals gegeben hatte.
Hernando überlegte kurz.
»Verbrenn ihn!« Die drei erschraken. »Ja, verbrenn ihn!«, wiederholte
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