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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Hernando. »Gott wird uns dafür nicht richten. Wir dienen ihm, aber ihm ist auch nicht damit geholfen, wenn man uns festnimmt.«
    »Warum versteckst du den Koran nicht irgendwo außerhalb des Hauses?«, schlug Aischa vor.
    »Verbrennt ihn! Und schafft danach die Asche weg. Von jetzt an … Nein, erst wenn ihr alles verbrannt habt«, verbesserte er sich, »möchte ich, dass die Haustüre immer geöffnet ist. Der Unterricht der Kinder fällt aus, bis wir sehen, wie es weitergeht. Und du, Fatima, versteck bitte deinen Anhänger so, dass ihn niemand findet. Außerdem will ich in diesem Haus keine Kerben mehr sehen, die nach Mekka zeigen.«
    »Aber die kann ich nicht entfernen«, wandte Hamid ein.
    »Dann mach noch mehr Kerben, überall in deinem Zimmer. Bestimmt kannst du dir merken, welche die richtige ist. Ich muss jetzt in die Moschee … Und wir müssen auch noch Karim und Jalil warnen, vor allem Karim.« Hernando beobachtete die drei Erwachsenen. Konnte er sich darauf verlassen, dass sie seine Anweisungen befolgten? Konnte er sich darauf verlassen, dass sie das Koranexemplar, in dem sie so viele Nächte gelesen hatten, tatsächlich verbrannten und nicht nur versteckten? »Kommst du einen Augenblick mit mir?«, sagte er zu Fatima und reichte ihr die Hand.
    Sie verließen das Zimmer und lehnten sich an das Geländer der Galerie. Unten spielten die Kinder am Brunnen. Sie lachten, liefen herum und versuchten sich zu fangen. Fatima und Hernando verharrten und beobachteten schweigend ihr kindliches Treiben, bis Inés ihre Anwesenheit bemerkte und aus ihren großen schwarzen Mandelaugen zu ihnen hochsah. Dann unterbrachen Francisco und Shamir ihr Spiel, als spürten auch sie die Bedeutung des Moments. Einen Augenblick lang drang mit der frischen Luft und dem Blumenduft ein Hauch von Lebendigkeit, von unbeschwerter Fröhlichkeit und kindlicher Unschuld vom Patio zur Galerie herauf.
    »Wir haben Hunger und Elend überstanden«, sagte er und brach den Zauber des Augenblicks. »Wir haben es so weit geschafft. Wir dürfen jetzt nicht versagen.« Hernando richtete sich auf. Er musste ihnen vertrauen! »Bringt bitte das Haus in Ordnung«, trug er Fatima und Aischa auf. »Vater«, sagte er zu Hamid, »ich verlasse mich auf dich.«
    Er erreichte die Kathedrale, noch ehe die Abendmesse zu Ende war. Orgelklänge und der Gesang der Jesuitennovizen schwebten durch den Säulenwald der Gebetshalle.
    Der schwere, süßliche Weihrauchgeruch schlug Hernando entgegen: Nach dem frischen Duft der Blumen im Patio erinnerte ihn die drückend schwüle Luft schlagartig daran, warum er hier war. Um nicht aufzufallen, setzte er sich zu den Gläubigen, die dem Gottesdienst beiwohnten. Danach wandte er sich sofort an einen Pförtner, damit er Don Julián suchte und ihm sagte, dass er auf ihn warte.
    Hernando stand vor dem Gitter der Bibliothek, deren Umbau vor Kurzem begonnen hatte. Nach dem Tod von Bischof Fray Bernardo de Fresneda hatte das Domkapitel während der Vakanz beschlossen, die Bibliothek zu einer prächtigen neuen Tabernakelkapelle umzubauen. Ein Teil der Buchbestände wurde bereits in der Bibliothek im Bischofspalast zwischengelagert. Bis zur Fertigstellung der neuen Bibliothek neben der Puerta de San Miguel sollten die übrigen Bände in der alten Bibliothek bleiben.
    »Ich verstehe«, versuchte Don Julián Hernando zu beruhigen, nachdem er dessen aufgeregten Bericht vernommen hatte. »Gleich morgen früh werde ich anordnen, dass unsere Bücher und Papiere in den Bischofspalast gebracht werden.«
    »In den Bischofspalast?«, fragte Hernando erstaunt.
    »Wohin denn sonst?«, fragte Don Julián zurück und schmunzelte. »Dort ist seine Privatbibliothek. Sie enthält Hunderte Bücher und Handschriften. Mach dir deswegen keine Sorgen, ich werde unsere Sachen gut verstecken. So viele Bücher Fray Martín de Córdoba auch lesen mag, er wird niemals bis zu unseren Büchern vordringen. Außerdem können wir so unsere Arbeit fortsetzen, sobald sich die Lage wieder etwas beruhigt hat.«
    Hernando überlegte, ob er sein eigenes Koranexemplar auch in der Bibliothek des Bischofs verstecken sollte.
    »Es ist durchaus möglich, dass ich bei mir zu Hause noch einen Koran habe und den einen oder anderen Mondkalender.«
    »Bring mir die Sachen …« Don Julián unterbrach sich und begrüßte zwei Pfründenbesitzer, die an ihnen vorbeigingen. Hernando senkte den Kopf und flüsterte andächtig vor sich hin. »Bring mir die Sachen noch vor dem ersten

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