Die Pfeiler des Glaubens
Zeit umgarnt hatte, seine volle Aufmerksamkeit. Sie warf Hernando einen vielsagenden Blick zu, den der Junge aber nicht zu deuten wusste, und versenkte Ubaids Kopf zwischen ihren Brüsten.
Spät in der Nacht verschwand Ubaid mit der Frau. Als Hernando allein war, erinnerte er sich an die Kommentare des jungen Sakristans aus Juviles. Andrés hatte sich bei ihren vielen Sitzungen zum Katechismusunterricht in der Sakristei über das Liebesleben der Neuchristinnen ausgelassen.
»Die Moriskinnen ergötzen sich an den Liebesspielen mit ihren Ehemännern. Sie kennen keinerlei Maß, und sie treiben es auch mit anderen Männern! Denn eine muslimische Ehe ist eigentlich gar keine: Sie ist nur ein einfacher Vertrag, so wie der Kauf einer Kuh.« Der Sakristan sprach zu Hernando, als wäre er ein Altchrist, als wäre er ein Nachfahre frommer Christen und nicht der Sohn einer wollüstigen Moriskin. »Männer wie Frauen geben sich hemmungslos der Fleischeslust hin, und das missfällt unserem Herrn Jesus. Deshalb sind sie alle so fett und so dunkelhäutig, denn ihr einziger Lebensinhalt besteht darin, ihren Männern Lust zu bereiten. Sie treiben es mit ihnen, als wären sie läufige Hündinnen, und wenn ihre Männer nicht da sind, begehen sie Ehebruch und sündigen mit Völlerei und Trägheit. Sie plaudern den ganzen Tag miteinander, und wenn ihre Männer wiederkommen, empfangen sie sie mit offenen Armen.«
Es gibt doch auch dicke Christinnen, hätte Hernando am liebsten eingewandt. Und die Haut von einigen Christinnen ist noch viel dunkler als die der Moriskinnen. Aber er hatte geschwiegen, wie immer, wenn sie so miteinander sprachen.
Der Weihnachtstagsmorgen in der Sierra Nevada war sonnig und eiskalt.
»Sie sind stur, sie halten an ihrem Glauben fest«, berichtete der Alfaquí von Alcútar den Monfíes, die sich vor der Kirche eingefunden hatten. »Wenn ich ihnen vom wahrhaften Gott und dem Propheten erzähle, dann fangen sie plötzlich alle mit ihren eigenen Gebeten an. Wenn ich ihnen Schläge androhe, flehen sie Christus an. Wir haben ihnen Prügel verabreicht, aber je mehr wir auf sie einschlagen, desto inbrünstiger rufen sie nach ihrem Gott. Wir haben ihnen ihre Ketten und Kreuze vom Hals gerissen, aber sie machen sich nur über uns lustig und bekreuzigen sich.«
»Sie werden schon noch nachgeben«, murmelte Partal vor sich hin. »Die Bewohner von Cuxurio de Bérchules haben sich gestern Nacht dem Aufstand angeschlossen. Seniz und einige andere Anführer warten dort bereits auf uns. Los, packt die Beute zusammen. Die Christen nehmen wir mit nach Cuxurio. Schafft sie aus der Kirche.«
Die Monfíes trieben die knapp achtzig Christen unter Rufen, Schlägen und Tritten vor die Kirche. Die Frauen und Kinder weinten, viele blickten Hilfe suchend zum Himmel und bekreuzigten sich, als sie draußen auf die Morisken stießen.
Partal wartete einen Moment, bis die Gruppe zum Stillstand gekommen war, und ging auf sie zu.
»Möge der Herr dir …!«
Der Monfí-Anführer versetzte dem Christen, der zu einer Drohung angesetzt hatte, einen kräftigen Hieb mit dem Kolben seiner Arkebuse. Der Mann sackte in die Knie, Blut rann aus seiner gebrochenen Nase. Eine Christin, vermutlich seine Ehefrau, eilte ihm zu Hilfe, aber Partal streckte auch sie mit einem Schlag ins Gesicht nieder. Dann kniff er die Augen zusammen, sodass seine dichten Augenbrauen eine einzige, bedrohliche Linie bildeten. Alle Morisken von Alcútar hatten ihm zugesehen. Die Christen schwiegen.
»Zieht euch aus!«, befahl Partal schroff. »Alle Männer und Jungen, die älter als zehn Jahre sind, sollen ihre Kleider ausziehen!«
Die Christen sahen einander zweifelnd an. Sollten sie sich wirklich bei diesen eisigen Temperaturen und vor den Augen ihrer Frauen, Nachbarinnen und Töchter entblößen? Aus der Mitte der Gruppe kamen einige Proteste.
»Ausziehen!«, fuhr Partal einen alten Mann mit schütterem Bart an, der vor ihm stand und einen Kopf kleiner war als er. Der Alte bekreuzigte sich als Antwort. Daraufhin zog der Monfí langsam sein langes, schweres Schwert aus der Scheide und schnitt mit dessen scharfer Spitze in die Haut am Kehlkopf des Christen, sodass ein wenig Blut floss. »Tu, was ich dir sage!«
Der Alte sah Partal trotzig an. Der stieß, ohne zu zögern, sein Schwert tief in den Hals des Mannes.
»Ausziehen!«, befahl er dem nächsten Christen. Dieser erblasste beim Anblick der blutigen Klinge und begann zögerlich sein Hemd aufzuknöpfen, während
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