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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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anzuzeigen, das Subjekt, das seinen Namen mit …
    Damit endete die letzte Zeile der Seite. Hernando beobachtete die Inquisitoren: Sie warteten auf den Angeklagten und plauderten. Am 23. Januar war der Verräter beim Inquisitor erschienen. Wer war dieses Subjekt? Das konnte doch nur … Plötzlich wurde es ruhig, und zwei Gefängniswärter brachten Karim in die Folterkammer. Genau in dem Moment, in dem die Aufmerksamkeit aller Inquisitoren auf den Angeklagten gerichtet war, blätterte Hernando um. Ein kurzer Blick genügte: Cristóbal Escandalet . Mit geballten Fäusten wartete Hernando, dass der Notar sich zu ihm setzte.
    »Cristóbal Escandalet«, flüsterte Hernando immer wieder vor sich hin, als wollte er sich den Namen ins Gedächtnis einbrennen. Das war also der Verräter!
    Karim beharrte auf seiner Aussage, dass ihm niemand geholfen habe. Seine feste Stimme, die Hernando zum Zuhören zwang, stand in krassem Gegensatz zu seinem erschöpften Aussehen, vor allem, als sie ihm das Hemd vom Leib rissen und sein unbehaarter, schlaffer Rücken zum Vorschein kam.
    »Beginnt mit dem Verhör«, ordnete Don Juan de la Portilla an, der neben den anderen Inquisitoren stand, und der Notar zog seine ersten Federstriche über das Papier.
    Sie legten den Angeklagten mit dem Bauch nach unten auf die Folterbank und fesselten ihm die Hände auf dem Rücken. Dann banden sie seine Daumen an einem dünnen Seil fest, das über eine Winde an der Decke lief. Karim weigerte sich, die Fragen des Inquisitors zu beantworten, und der Scharfrichter begann, die Winde zu drehen.
    Karim presste sein Gesicht gegen die Folterbank. Er schrie nicht, sondern gab nur ein unterdrücktes Grunzen von sich, das Hernando den Verstand raubte.
    »Wer hat dir geholfen?«, rief der hagere Inquisitor immer wieder und geriet langsam in Rage. Karim schwieg.
    Als der Scharfrichter den Kopf schüttelte und die Inquisitoren ihr Vorhaben aufgaben, wurde der alte Mann endlich losgebunden. Seine Daumen waren aus den Gelenken gerissen und hinter die Handrücken gedreht. Sein Gesicht war zu einer Grimasse des Schmerzes verzerrt, seine Atmung ein einziges Röcheln, sein Blick matt und wässrig, Blut rann ihm über die Unterlippe: Ohne den eisernen Griff des Scharfrichters hätte er nicht mehr aufrecht stehen können. Der Arzt untersuchte Karims ausgerenkte Daumen lustlos und unkonzentriert. Hernando konnte in den Augen seines Freundes das ganze Leid erkennen, das der alte Mann bislang verborgen hielt.
    »Es geht ihm gut«, stellte der Arzt fest. Doch dann ging er zum Lizentiaten Portilla und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Notar notierte: »Dem Angeklagten geht es gut.«
    »Die Befragung wird morgen fortgesetzt«, entschied der Inquisitor.
    »Du musst etwas essen«, flüsterte Fatima sanft, als sie den Raum betrat, in dem Hernando ununterbrochen betete, seit er nach Hause gekommen war. Mitternacht war verstrichen.
    »Karim isst auch nichts«, war seine einzige Antwort.
    Fatima ging zu ihrem Mann, der mit nacktem Oberkörper am Boden kniete. Arme und Brust waren mit Kratzern und Schürfwunden übersät. Er hatte sich mit einer solchen Kraft gesäubert und abgerieben, als wollte er sich die Haut vom Leibe reißen, um den Kerkergestank loswerden, der sich in jeder Pore seines Körper festgesetzt hatte.
    »Es ist kalt, du musst etwas anziehen.«
    »Lass mich!« Fatima stellte die Schale mit Essen und das Glas Wasser in eine Ecke. »Sag Hamid, dass er kommen soll«, fügte er hinzu, ohne sie anzusehen.
    Der Alfaquí war kurz darauf bei ihm.
    »Salam …« Hamid sprach seinen Gruß nicht zu Ende, als er Hernando vor sich sah, der sich nicht einmal zu ihm umdrehte. »Du darfst dich nicht selbst bestrafen«, flüsterte der alte Mann.
    »Der Verräter heißt Cristóbal Escandalet«, teilte ihm Hernando mit. »Sag es Abbas. Er wird wissen, was zu tun ist.«
    Am liebsten hätte er ihn eigenhändig umgebracht, ihn langsam erwürgt oder ihm die gleichen Schmerzen zugefügt, die Karim ertragen musste. Und während seines Todeskampfes würde er ihm in die Augen blicken. Aber er musste dem Tribunal weiter zur Verfügung stehen, also entschied er, dass Abbas sich um den Verräter kümmern solle. Je früher, desto besser.
    »Die Strafe für jemanden, der unser Volk verrät, steht fest. Abbas weiß bestimmt, was zu tun ist. Aber meine größte Sorge ist …« Hamid sprach nicht weiter. Er wartete Hernandos Reaktion ab, der sich aber schon wieder seinem Gebet widmete. »Aber meine große

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