Die Pfeiler des Glaubens
Gesetzen? Außerdem waren sie sogar von den Verkaufssteuern befreit. Was wollten sie eigentlich noch? Leute, macht euch lieber an die Arbeit!
Hernando war sich sicher, die Ursachen für die spärlichen Einnahmen des Königs gefunden zu haben, und offensichtlich gab es in den Alpujarras keine einzige geeignete Stute für Don Alfonsos Stallungen. Dennoch entschied Hernando, seinen Aufenthalt noch ein wenig zu verlängern. Allein Don Sanchos Missmut darüber, noch mehr Zeit in diesem kleinen verfallenen Haus in einem Dorf mitten in den Bergen zubringen zu müssen, verschaffte ihm eine gewisse Genugtuung. Der Oberrichter, der Abt von Ugíjar und sechs weitere Geistliche waren die einzigen Personen, mit denen der Hidalgo eine halbwegs gepflegte Konversation führen konnte.
Hernando verließ Ugíjar gleich nach der Frühmesse. Auf seinem Weg kam er an Salahs Haus vorbei, in dem nun eine christliche Familie wohnte. Von dort aus begab er sich an all die Orte, die er während des Aufstandes kennengelernt hatte. Er prüfte die Bedingungen für den Handel vor Ort und versuchte im Gespräch herauszufinden, warum diese einst so reiche Gegend, die früher so viele Morisken und ihre Familien versorgen konnte, nun brachlag. Manchmal verbrachte Hernando die Nacht weit weg von Ugíjar. Einmal ritt er sogar zum verfallenen Kastell von Lanjarón, wagte aber nicht, die Waffe des Propheten auszugraben. Was sollte er damit anfangen? Stattdessen kniete er in der Einsamkeit nieder und betete.
Inzwischen zeigte sich der alte, an das höfische Leben gewöhnte Don Sancho vom Aufenthalt in dem Bergdorf so gelangweilt, dass er Hernando eines Tages bat, ihn bei seinen Ausritten begleiten zu dürfen.
»Seid Ihr Euch sicher?«, fragte Hernando. »Denkt daran: Dort, wo ich in den Bergen reite, gibt es wirklich nur noch Felsen und …«
»Zweifelst du etwa an meinen Reitkünsten?«
Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Der Hidalgo hatte sich herausgeputzt, als ginge es auf eine königliche Jagdpartie. Hernando hatte von einer Pferdeherde gehört, die in der Nähe vom Ragua-Pass weidete, und er nahm den Weg Richtung Válor, um von dort aus über schmale Pfade noch höher in die Berge zu gelangen.
»Ich weiß, welche Mission du hier eigentlich verfolgst«, rief ihm der Hidalgo vom anderen Ufer des Baches zu, über den Volador problemlos hinweggesprungen war. Don Sancho trieb sein Pferd gerade ebenfalls über den Bachlauf. Hernando musste zugeben, dass sich der alte Hidalgo weitaus besser im Sattel hielt, als er ihm zugetraut hätte. »Ich glaube nicht, dass wir dort hinaufreiten müssen, um herauszufinden, warum der König so wenige Abgaben erhält.«
»Ihr kennt die Felder dort oben und wisst, was darauf angebaut wird?«, fragte Hernando statt einer Antwort. Don Sancho schüttelte den Kopf. »Oder habt Ihr nur Angst?«
Der Hidalgo zog die Augenbrauen zusammen, schnalzte mit der Zunge, und schon setzte sich sein Pferd in Bewegung.
Es war Ende Mai, die Frühlingssonne schien, und es wehte eine warme Brise. Don Sancho ritt hinter Hernando her. Sie überwanden Schluchten, folgten Bachläufen und bezwangen alle nur erdenklichen Hindernisse der Natur. Beide Männer waren ganz auf ihren Ritt konzentriert. Nur das schwere Atmen der Tiere und die gelegentlichen Rufe, mit denen die Reiter ihre Pferde anspornten, waren während ihres ansonsten stillen Wettstreits zu hören. Plötzlich stand Hernando vor einer steilen, fast senkrechten Felswand. Er überlegte nicht lange: Er stellte sich in die Steigbügel und hielt sich mit einer Hand an Voladors Mähne fest. Dann gab er ihm kräftig die Sporen. Das Pferd nahm den Anstieg in Angriff, und Hernando presste seinen Körper an Voladors Hals, der plötzlich in den Himmel zu ragen schien.
Das Pferd hielt keine Sekunde inne. Es hätte sich an dieser steilen Felswand auch gar nicht in einer normalen Geschwindigkeit bewegen können. Kleine Felsbrocken stürzten immer wieder in die Tiefe. Da trat Volador plötzlich ins Leere und rutschte ein kleines Stück den Hang hinab. Erst als das Pferd aufgeregt wieherte, erkannte Hernando die Gefahr, in der sie sich befanden: Wenn Volador nicht mehr hochkäme oder sich auch nur einen Deut zur Seite neigte, würden sie beide unvermeidlich ins Bodenlose stürzen.
»Hoch!«, rief er und stieß dem Tier die Sporen fast in die Kruppe. »Mach schon!«
Volador stellte sich auf die Hinterhufe und sprang nach oben. Hernando flog beinahe aus dem Sattel.
»Du bringst dich noch
Weitere Kostenlose Bücher