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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Sicherheit annimmt, dass er der erste Bischof von Granada war. Ich muss nur diese Legende verwenden und die Knochen des heiligen Caecilius in Granada auftauchen lassen. Das würde auch mit dem Pergament aus der Torre Turpiana zusammenpassen! Ich könnte …«
    »Señor«, unterbrach ihn Miguel, »die Bischöfe behaupten aber, dass Jakobus das Christentum zu uns gebracht hat. Das weiß sogar ich, und bei Euren sieben apostolischen Männern war der heilige Jakobus nicht dabei.«
    »Das stimmt«, gab Hernando zu. »Aber ich weiß schon, was ich deswegen mache: Ich werde die beiden Legenden einfach miteinander verbinden!«
    Plötzlich rannte er die Treppen hoch, als wollte er seinen Worten sofort Taten folgen lassen. Miguel blieb allein im Patio zurück.
    »Ja, ja, ich werde die beiden Legenden einfach miteinander verbinden«, äffte er Hernando verbittert nach und wandte sich wieder der Einfassung zu, aus der ein Rosenbeet werden sollte. Wie oft hatte er diesen Satz schon gehört! »Ich kenne auch etwas, das einfach miteinander verbunden werden sollte«, sagte er leise, dabei hätte er am liebsten laut geschrien, »und zwar die gebrochenen Knochen meiner verdammten Beine!«
    An diesem kalten, grauen Januarmorgen hörte Miguel im Hof, wie Hernando María – die Moriskin, die ihnen den Haushalt besorgte – schalt, und er musste plötzlich wieder an seine eigenen zornigen Worte denken. Seine verdammten Beine! Er betrachtete das Beet, an dem er noch immer arbeitete und dessen blühende Rosenstöcke im Vorjahr den Patio mit ihrem verführerischen Duft erfüllt hatten. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich die Natur über ihn lustig machte. Warum gelangte alles immer wieder zu solcher Schönheit – alles, außer seinen Beinen? Sein Leben lang war ihm sein Dasein als Krüppel noch nie so verhasst gewesen wie im letzten Monat. Da hatte er zum ersten Mal bemerkt, wie seine Nachbarin Rafaela ihre unschuldigen Augen verschämt auf seine verformten Beine richtete. Die junge Frau war unbeholfen und musste immer wieder verlegen auf seine verwachsenen Gliedmaßen starren. Dann stammelte sie etwas, errötete und blickte ihm ins Gesicht.
    Er hatte sie schon seit einiger Zeit im Nachbarhaus ein und aus gehen sehen, aber erst vor ein paar Wochen war sie ihm aufgefallen. Die Straßen von Córdoba lagen in abendlicher Ruhe da, und er war in den Stall gegangen, um nach dem neuen jungen Pferd zu sehen, das Toribio vom Bauernhof in die Stadt gebracht hatte. Als Volador vor fünf Jahren unübersehbar zu altern begonnen hatte, ließ Hernando den kleinen Hof in Palma del Río wieder bewirtschaften, damit der Hengst dort ein paar der ausgesonderten Stuten decken konnte, die er vom königlichen Marstall gekauft hatte. Dort hatte er auch Toribio getroffen, den Reiter, den er anstellte und der sich seither mit mehr oder weniger Geschick um die Fohlen kümmerte. Sobald sie alt genug waren, ließ Hernando sie zum Patio-Haus in der Stadt bringen.
    An dem Abend wollte Miguel überprüfen, ob sich Estudiante – » Student « – schon im Stall eingelebt hatte. Er stammte wie César – das andere Jungpferd in Córdoba – von Volador und einer feuerroten Stute ab. Hernando war wegen der neuen Tiere besorgt und schickte Miguel zu allen Tages- und Nachtzeiten in den Stall, denn die beiden jungen Pferde waren offensichtlich noch nicht an die Futterkrippe gewöhnt. Sie waren schreckhaft und widerspenstig, und beim Reiten wurde schnell klar, dass ihre Sattelgewöhnung brutal und ungeschickt erfolgt sein musste. Toribio besaß einfach kein Feingefühl. Deshalb kümmerte sich Hernando in den Morgenstunden nun selbst um die Pferde. Miguel bemerkte, dass sein Herr seither wieder mehr Appetit hatte und dass mit den Ausritten allmählich auch Hernandos bleiche Gesichtsfarbe, die er den vielen Stunden in der Bibliothek verdankte, einer ländlichen Bräune wich.
    Als Miguel an jenem Abend nach Estudiante gesehen hatte, machte er auf seinen Krücken kehrt und wollte schon ins Haus zurückgehen, als ihn plötzlich ein unterdrücktes Schluchzen innehalten ließ. Weinte sein Herr? Er lauschte und blickte zur Bibliothek hinauf, in der Hernando immer noch arbeitete. Das Licht der Öllampe drang durch das Fenster, das auf die Galerie über dem Patio zeigte. Aber nein, das Weinen kam von der anderen Seite, von dort, wo der Stall an den Patio des Nachbarhauses des Jurados Don Martín Ulloa grenzte. Miguel beschloss, das Geräusch nicht weiter zu beachten,

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