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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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sich gewinnen? Als er wieder allein war, fand er keinen Schlaf. Was konnte er für diese unglückliche junge Frau tun, die ein besseres Schicksal verdient hatte?

59
    Und die Engel sprachen: »Maryam! Gott hat dich auserwählt und gereinigt und erwählt vor den Frauen der Welten.«
    Der Koran, 3,42
    A n einem Morgen im Januar 1595 sattelte Hernando im Stall Estudiante.
    »Ich reite nach Granada«, teilte er Miguel mit.
    »Señor, wäre César dafür nicht besser geeignet?«, schlug dieser vor. »Er hat mehr …«
    »Nein«, unterbrach ihn Hernando. »Estudiante ist ein hervorragendes Pferd, und unsere Reise wird ihm guttun. Unterwegs habe ich viel Zeit. Ich kann ihm noch etwas beibringen und mich auf der langen Strecke damit ablenken.«
    »Wie lange wirst du weg sein?«
    Hernando hielt das Halfter in der Hand und wollte Estudiante gerade das Zaumzeug anlegen. Er blickte zu Miguel und lächelte.
    »Du weißt doch sonst immer, ob und wann die Tiere und die Menschen zurückkehren«, entgegnete er.
    Miguel hatte mit dieser Antwort schon gerechnet.
    »Señor, mein Gefühl dafür versagt bei dir. Aber es gibt hier viel zu tun, es stehen einige Entscheidungen an, die Pacht muss eingezogen werden, ich muss wissen …«
    »Und du musst dich mit deiner nächtlichen Besucherin treffen«, überraschte ihn Hernando. Miguel errötete. »Ich habe wirklich nichts dagegen, aber hüte dich vor ihrem Vater: Wenn er davon erfährt, hängt er dich noch am nächsten Baum auf. Ich würde dich bei meiner Rückkehr aber gern gesund und munter antreffen.«
    »Das Mädchen hat großen Kummer, Señor.«
    In dem Moment legte Hernando dem Pferd gerade das Zaumzeug an, und Estudiante kaute unaufhörlich auf der Trense herum.
    »Dieser verdammte Toribio wird niemals den Trick mit den Honigstöcken verstehen«, klagte er. »Welchen Kummer? Was ist mit dem Mädchen?«
    Miguel schwieg.
    »Miguel«, sagte Hernando, »ich kann mich jetzt nicht darum kümmern, aber ich verspreche dir, dass wir darüber reden, sobald ich zurück bin.«
    Miguel nickte wortlos.
    »Hast du die … diese Sache fertiggeschrieben, Señor?«
    »Ja. Ich konnte sie abschließen. Jetzt liegt es in Gottes Hand, wie es weitergeht.«
    Hernando brach nicht nach Granada auf. Er ritt nicht über die römische Brücke, sondern schlug nach der Puerta del Colodro den Weg nach Almansa ein, der über Albacete zur Mittelmeerküste führte. In Almansa würde er gen Norden nach Jarafuel reiten.
    Estudiante gab sich störrisch und scheute. Hernando ließ das Pferd gewähren und duldete die schreckhaften Bewegungen und das andauernde, heftige Kauen auf der Trense. Später, als sie die belebten Wege in der Nähe von Córdoba hinter sich gelassen und die Kreuzung mit dem Camino de las Ventas Richtung Toledo passiert hatten, gab er ihm endlich die Sporen. Das Pferd fiel sofort in einen gestreckten Galopp – und ein wilder Ritt begann. Doch schon nach ein paar Meilen reichte es: Trotz der winterlichen Kälte schwitzte das Pferd und schnaubte heftig, aber es hatte sich seinem Reiter endlich gefügt. Nun ging es im ruhigen Schritt weiter.
    Die Strecke nach Almansa war weit und beschwerlich, doch das hatte Hernando schon vor ein paar Monaten feststellen können, bei einer Reise wegen seiner Arbeit über die Märtyrer. Der neue Erz bischof Don Pedro de Castro hatte, wie schon sein Vorgänger, Hernando mit Berichten über die christlichen Märtyrer – die Blutzeugen – aus dieser Gegend beauftragt.
    Castillo hatte ihm empfohlen, sich nach Jarafuel zu begeben. Der Ort lag wie Teresa und Cofrentes im westlichen Teil des Königreichs Valencia, in einem fruchtbaren Tal, dessen Flüsse in den großen Júcar mündeten und hinter dem sich ein massives Felsplateau erhob, der Muela de Cortes. Für Hernandos Mission war aber vor allem eines wichtig: Die Mehrheit der Bewohner dieser Orte waren Morisken.
    »Ich habe kein altes Pergament mehr«, hatte er bei seiner letzten Reise nach Granada geklagt, als er wieder mit Don Pedro, Luna und Castillo im Goldenen Zimmer zusammentraf. »Derzeit schreibe ich auf normalem Papier, aber …«
    »Wir sollten besser kein Pergament mehr verwenden«, wandte Luna ein. Der Übersetzer hatte soeben den ersten Teil seines Werkes Die wahre Geschichte von König Roderich veröffentlicht und damit für bissige Kommentare seitens der Gelehrten in ganz Spanien gesorgt. Zum Leidwesen des Verfassers hatte sich ausgerechnet ein Neuchrist, der Jesuit Ignacio de las Casas, an die Spitze der

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