Die Pfeiler des Glaubens
seinem Bericht über die Märtyrer in den Alpujarras sind ein Beweis für seine Zugehörigkeit zu Mohammeds Sekte. Hernando fiel siedend heiß dieser erste Bericht für den Erzbischof von Granada wieder ein, in dem er tatsächlich versucht hatte, das Gemetzel der Monfíes und der Morisken in den Alpujarras zu rechtfertigen. Mussten denn ausgerechnet jetzt alle seine Feinde gleichzeitig aus der Versenkung auftauchen? Don Ponce, Gil Ulloa und nun auch noch der Erbe des Herzogs von Monterreal, den eine Frau erzogen hatte, die ihn abgrundtief hasste. Fehlte noch jemand? Die Auflistung der Taten und der Umstände, mit denen der Antragsteller versucht, vor dieser Kammer seinen Stand als Hidalgo zu begründen, stellt nur eine plumpe und ungeschickte Fälschung von Tatsachen dar, die seitens dieses Gerichts nicht die geringste Beachtung verdient. Die Versprechen von Don Pedro, Luna und Castillo damals in Granada kamen ihm in den Sinn, ihre Erzählungen von gefälschten Akten. Und, was war daraus geworden? Don Ponce de Hervás hatte seine Rache! Er zerknüllte die Urkunde.
»Verdammter Hurensohn!«, fluchte er.
Dann sank er niedergeschlagen auf einen Stuhl. Alle Enttäuschungen der letzten Jahre brachen über ihn herein. Rafaela, auf dem Stuhl neben ihm, streckte ihren Arm aus und legte eine Hand auf sein Bein. Schon die Berührung ließ ihn zusammenfahren. Er blickte auf ihre langen, schmalen Finger, mit der von der Hausarbeit gezeichneten Haut. Er drehte sich zu ihr um. Sie war bleich. Hernando blieb reglos, er war wie gelähmt. Rafaela kniete vor ihm nieder und legte ihren Kopf auf seinen Schoß. So verharrten sie eine Weile: still, mit geschlossenen Augen, als wollten sie sich der übermächtigen Wirklichkeit verweigern.
Es drohte also die baldige Vertreibung. Seit dem Tag der Urteilsübergabe achtete Hernando aufmerksamer auf Rafaela, auf ihre Schritte, ihre Gespräche mit den Kindern, ihr Weinen, wenn sie allein war. Als er sie eines Nachts umarmen wollte, wies sie ihn zurück.
»Lass mich, ich flehe dich an«, bat sie ihn, noch ehe er sie streicheln konnte.
»Rafaela, wir müssen uns jetzt noch näher sein als sonst.«
»Nein, um Gottes willen«, schluchzte sie.
»Aber …«
»Was ist, wenn ich wieder in Umstände komme? Hast du daran nicht gedacht? Wozu wollen wir noch ein Kind?«, murmelte sie verbittert. »Damit sie dich in ein paar Monaten ausweisen und ich hier mit den Kindern allein sitze?«
Hernando blieb nur mehr eine letzte Hoffnung: Er würde nach Granada reisen und mit Don Pedro und seinen Gefährten sprechen, sogar mit dem Erzbischof höchstpersönlich, wenn es denn sein musste.
Am nächsten Morgen teilte er Miguel seinen Entschluss düster und gebeugt mit, der nach dem Urteil des Obergerichts zu ihnen in das Haus in Córdoba gezogen war. Doch Hernando hatte ihn seither keine Geschichte erzählen hören, auch den Kindern nicht, die traurig und schweigsam waren. Miguel öffnete ihm die Torflügel, damit er auf dem flinken, kräftigen Jungpferd hinausreiten konnte. Hernando stellte sich darauf ein, die Strecke nach Granada im Galopp zurückzulegen, selbst wenn das Tier dabei krepierte … Aber er kam nicht einmal aus der Sackgasse hinaus.
»Wohin willst du?« Mit diesen Worten hielt ihn einer von Gils Soldaten auf.
»Nach Granada«, antwortete Hernando ihm von oben herab und nahm die Zügel an. »Zum Erzbischof.«
»Mit welcher Erlaubnis?«
Hernando gab ihm den Geleitbrief. Der Mann begutachtete missmutig das Schriftstück. Er konnte nicht einmal lesen! Hernando hätte ihn am liebsten beschimpft. Stattdessen versuchte er ihm zu erklären, was das für ein Dokument war.
»Das ist die Genehmigung des Erzbistums, die …«
»Sie gilt nicht«, unterbrach ihn der Soldat und riss den Geleitbrief mitten entzwei.
»Was machst du da!« Das war sein letztes Pfand! Hernando spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. »Verdammter Hund!«
Hernando hetzte aus einem Impuls heraus das Pferd über den Soldaten und saß dann ab, um die Papierfetzen wieder einzusammeln, aber noch bevor seine Füße den Boden berührten, bedrohte ihn ein anderer Soldat mit dem Schwert.
»Wag es ja nicht!«, forderte ihn der Mann heraus.
Hernando zögerte. Der erste Soldat war nach dem Angriff mit dem Pferd wieder hochgekommen und stand neben dem anderen. Er hatte inzwischen ebenfalls die Waffe gezückt. Das Pferd zerrte nervös an den Zügeln. Hernando begriff, dass alles umsonst war.
»Ich … ich wollte … das Papier
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