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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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Sehnsucht an dich, dass ich mich schließlich selbst hasse.«
    »Vielleicht ist Liebe am Ende immer ehrlich.«
    »Ist das wahr?«
    »Ich weiß es nicht. Ich wünschte, es wäre so.«
    »Die Welt drückt mich so sehr nieder. Es gibt so viel zu tun, dass es mir vorkommt, als könnte ich nichts wirklich gut machen. Und es scheint, als wäre darin kein Raum für dich. Doch manchmal, wenn ich müde und allein bin, verstehe ich mich selbst nicht mehr, weil ich nicht bei dir bin.«
    »Und doch bist du immer seltener hier.«
    Er wandte den Blick ab, dann sah er sie wieder an. »Ich möchte so vieles sein. Wenn ich nicht bei dir bin, ist es manchmal leichter, so zu tun, als wäre ich dieses viele. Du kennst mich zu gut.«
    »Du kannst alles sein, das habe ich dir immer gesagt.«
    »Ja, ich kann alles sein. Du lässt mich daran glauben. Aber es hat seinen Preis.«
    Da lehnte sie sich an ihn und legte leicht die Stirn an seine Brust.
    »Ja«, sagte sie. »Alles hat seinen Preis.«
     
    In dieser Nacht schlief er eng an sie geschmiegt. Auch sie schlief, wenn auch mit Unterbrechungen; von Zeit zu Zeit weckte seine Hand, die im Schlaf nach ihr tastete, oder seine bloße Nähe sie auf. Sein Schlaf war ruhig und gleichmäßig, und schlafend schien er wieder jung, sein Gesicht glatt wie einst in den Wäldern um Revesby. Sie spürte wieder die Wärme, die sie stets erfüllte, wenn sie nachts zusammen waren. Als der Tag anbrach, legte sich die Morgendämmerung wie ein eisiger Hauch auf ihre Haut.
    Die Sonne stieg höher, und sie fiel in einen tieferen Schlaf. Er erwachte und betrachtete sie. Schon wollte er sie wecken, doch dann erschien ihr Schlaf ihm zu vollkommen, um ihn zu stören. Hätte er gewusst, dass er sie zum letzten Mal schlafen sah, wäre er niemals gegangen. Doch die Nacht mit ihr hatte ihn beruhigt. Ein strahlender Morgen war angebrochen, ein neuer Tag winkte, und er eilte ihm entgegen. Als sie erwachte, war das Zimmer von Licht durchflutet, und er war fort.
    Ihr Brief erreichte ihn drei Tage später in seinem Haus in der New Burlington Street.
    »Mein Liebster«, schrieb sie, und ihre Worte waren tief in das Papier eingegraben. »Ich habe meine Madeira-Bilder verkauft. Ich tat es, während du fort warst, und ich habe dir nichts davon gesagt. Sie befinden sich jetzt im Ausland. Keines von ihnen ist signiert, sie werden dich also, sollten sie je wieder auftauchen, keinesfalls in Verlegenheit bringen. Die Bedingungen waren großzügig, und ich habe Aufträge für weitere Bilder - darauf bin ich doch ein wenig stolz. Von dem Geld habe ich unserer Tochter ein Heim bereitet, an einem ruhigen Ort, an dem sie aufwachsen und geliebt werden wird. Sie wird ihr Leben lang geliebt werden. So lautet mein Versprechen.
    Leb wohl, Joseph. Ich werde dich ewig lieben.«
    Als er in die Orchard Street kam, sah er, dass sie alles zurückgelassen hatte. Sie und Martha waren fort, und Sophias Bettchen war leer, aber sie hatte nicht einmal ihre Kleider mitgenommen. Die Dienstboten waren so überrascht wie er und standen vor einem Rätsel. Erst später, als das Licht schwand, bemerkte er die leere Stelle an der Wand, dort, wo das Bild mit den Eichenblättern gehangen hatte.

18
    Ein brauner Vogel
    Die Fahrt nach Lincoln war wie ein Neuanfang. Am Schluss machte ich, um nicht zu früh anzukommen, noch einen Umweg, und als ich in Lincoln eintraf, schaute ich erst bei Bert Fox vorbei, um alles vorzubereiten. Wir vereinbarten, dass er um sieben ins Hotel kommen sollte, dann gerieten wir noch ins Plaudern, und ich kam erst um sechs dort an. Bis dahin hatte sich wieder ein kalter Abend über die Straßen gesenkt, und die Kaminfeuer im Hotel loderten hell. Ich trat aus der Dunkelheit draußen ins Licht der Lobby, noch fest in meinen Mantel gehüllt, den Kragen hochgeschlagen. Potts saß mit einem Raymond-Chandler-Krimi auf einem Sofa und schaute zur Tür. Sein Blick glitt rasch über mich hinweg. Da ich nichts bei mir hatte und niemand mich begleitete, schien er enttäuscht, doch als er aufstand und mich begrüßte, versprühte er wieder den Charme der Alten Welt mit dem Akzent der Neuen.
    »Mr. Fitzgerald! Sie werden ja immer geheimnisvoller. Wenn ich eins nicht von Ihnen erwartet hätte, dann sind es Geheimnisse, wissen Sie das?«
    »Soll das ein Kompliment sein?«
    »Verstehen Sie’s, wie’s Ihnen beliebt.« Er schwenkte die Hand zur Rezeption hin. »Sie werden sich nach Ihrer Fahrt sicher frisch machen wollen. Danach würde ich Sie sehr gern kurz

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