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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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zu bieten, machte er halt. Er wandte sich um und sah, wie der Hubschrauber langsam hinabschwebte und dann neben dem Black Hawk aufsetzte.
    Die Männer darin hatten Ähnlichkeit mit den Feinden, die Paige gefoltert hatten. Einer von ihnen, angetan mit dicken Schutzhandschuhen, die ihm bis an die Ellbogen reichten, sprang aus dem Hubschrauber und rannte zur offenen Seitentür des Black Hawk, wo kurz das blaue Leuchten des Flüsterns auf sein Gesicht fiel. Er streckte die Hand hinein und griff nach der Kugel. Trotz der Schutzhandschuhe geriet er kurz ins Wanken, dann aber entspannte sich seine Miene, und er lächelte wie ein Kind. Hinter ihm wuchteten zwei andere eine schwere Stahlkiste aus dem Hubschrauber, ungefähr so groß wie der Notbehälter an Bord des Black Hawk. Sie liefen zu dem Mann mit dem Flüstern in der Hand, der sie gar nicht zu beachten schien. Erst nachdem sie ihn mehrfach geschüttelt und laut angebrüllt hatten, nahm er endlich Notiz von ihnen. Mit einem Nicken öffnete er den Behälter, legte die Kugel hinein und verschloss ihn wieder.
    Zwanzig Sekunden später, nachdem der Behälter sicher an Bord verstaut worden war, starteten die Rotoren wieder. Der Hubschrauber hob ab, gewann an Höhe und schwirrte hoch über dem Tal davon.

Zweiter Teil: THEATERSTRASSE SIEBEN

17
    Die Tangent-Leute, die mit dem nächsten Black Hawk eintrafen, hatten offenbar strengere Anweisungen als die erste Gruppe. Sie legten Travis Fesseln an, stülpten ihm einen Sack über den Kopf und verfrachteten ihn unsanft an Bord. Dort hörte er während der nächsten beiden Stunden nichts als das Lärmen der auf Hochtouren laufenden Motoren.
    Er dachte über das Flüstern nach. Das euphorische – ja, sogar erotische – Gefühl, es in der Hand zu halten, fehlte ihm geradezu schmerzlich.
    Doch so seltsam und eindringlich die Erfahrung auch gewesen war, er war dabei, sie zu vergessen. Im Eiltempo. Schon jetzt, so kurze Zeit später, war seine Erinnerung an das gesamte Geschehen zu einer Art unklarem Traum verblasst. Er wusste noch, wie es angefangen hatte: wie er das Ding in die Hand genommen und dann Emily Price’ Stimme gehört hatte, die ihn anwies, auf den unsichtbaren Killer zu schießen. Und auch das Ende war ihm klar erinnerlich. Er hatte es im Black Hawk losgelassen, weil er mit dem Handgelenk gegen die Bank geknallt war, und ihm wurde schlagartig klar, was er unter seinem Einfluss angestellt hatte. Was für einen Anruf er mit dem Satellitentelefon getätigt hatte, und welche Folgen sich daraus, Tausende Meilen weit weg, ergeben könnten.
    Alles zwischen diesen beiden Punkten jedoch hatte sich mittlerweile in einem leuchtend blauen Dunst aufgelöst. Es war wie nach einem Drogenrausch, er konntesich nur noch an Bruchstücke erinnern. An die furchterregende Macht dieses Objekts. Seine unheimliche Allwissenheit – dass es im wahrsten Sinne des Wortes alles wusste. Es hatte ihm etwas über Paige erzählt. Was, wusste er nicht mehr. Und es hatte ihm eine Adresse genannt, warum, war ihm schleierhaft. Eine Adresse, die, so viel wusste er noch, irgendwie deutsch klang; der Wortlaut aber war ihm entfallen. Und je mehr Zeit an Bord des Black Hawk verstrich, desto weiter entzogen sich selbst diese Erinnerungsschnipsel seinem gedanklichen Zugriff.
    Der Hubschrauber landete. Wo, wusste er nicht. Man half ihm hinaus auf eine asphaltierte Fläche, und er hörte, wie die schweren Düsentriebwerke eines großen Jets aufheulten. Jemand geleitete ihn eine Metalltreppe hinauf, und dann befand er sich an Bord des Flugzeugs, nach wie vor mit verhülltem Kopf.
    Den Stimmen nach, zehn bis fünfzehn meinte er zu hören, befanden sich etliche Menschen an Bord. Er wurde zu einem Sitzplatz am hinteren Ende bugsiert. Draußen steigerte sich der Lärm der Turbinen, und das Flugzeug setzte sich rollend in Bewegung.
    Die Stimmen um ihn herum klangen angespannt, teils auch ängstlich. Es wurden Telefonate in verschiedenen Sprachen geführt. Und zwar mit Regierungsvertretern aus aller Welt, wie Travis aus den Gesprächen schloss, die auf Englisch geführt wurden. Kurz fragte er sich beklommen, ob das Vorhaben des Flüsterns trotz seines Einspruchs ausgeführt worden war und tatsächlich Interkontinentalraketen nach China abgefeuert worden waren. Der Mann, der neben ihm saß, konnte ihn in dieser Hinsicht beruhigen; seine verzweifelte Warnung amEnde des Anrufs hatte mehr als ausgereicht, das zu verhindern.
    Aber irgendetwas ging trotzdem vor. Etwas, das die

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