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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Welt sitzen momentan neben ihrem Telefon in Bereitschaft. Auchder Präsident der Vereinigten Staaten. Der gerade den Verlust seiner Frau zu verkraften hat. Darüber kann er aber jetzt nicht nachdenken, genauso wie ich nicht darüber nachdenken kann, was mit meinem Vater passiert ist, weil nun jederzeit der schlimmste Notfall einzutreten droht, den wir uns je ausgemalt haben. Und bis zu dem Moment, als Sie den Text an meiner Bürowand vorgelesen haben, schien es dagegen auch keinerlei wirksame Abwehr zu geben.»
    Sie drückte auf den Knopf neben einem Aufzug, bei dem sie inzwischen angelangt waren.
    «Der Gebäudekomplex, in dem wir hier sind, trägt den Namen Border Town. Hier hat Tangent seinen Sitz. Er befindet sich im Osten Wyomings, siebzig Meilen von der nächsten menschlichen Ansiedlung entfernt.»
    Die Türen öffneten sich mit einem leisen Glockenton, und Travis folgte ihr in die Kabine. An der Wand neben der Tür befand sich eine Leiste von Etagenknöpfen, die von B1 bis hinunter nach B51 reichten. Augenblicklich leuchtete B10.   Schon ehe sie die Hand ausstreckte, hatte er eine Vorahnung, welchen Knopf sie drücken würde. Er irrte sich nicht. Gleich darauf sausten sie dem untersten Stockwerk dieses, man musste es wohl so nennen, unterirdischen Wolkenkratzers entgegen.
    «Auf welche Grenze spielt denn der Name Border Town an?», fragte Travis.
    So gleichmütig, als ginge es um Namen wie
Nebraska
oder
South Dakota
, antwortete Paige: «Auf die Grenze zu einer anderen Welt.»
     
    Die Ebene B51 sah völlig anders aus als der Flur, den sie oben verlassen hatten. Hier war alles aus Beton, Boden,Wände und Decke. Vom Aufzug aus erstreckte sich der Gang etwa zwanzig Meter weit und mündete dann in einen nicht näher bestimmbaren Raum, ein gähnendes, schwarzes Nichts. Als würde der Tunnel auf ein dunkles Football-Spielfeld führen, so wirkte es.
    Paige ging auf dieses Ende zu, öffnete aber dann eine Tür etwa zehn Meter davor. Travis folgte ihr in einen Raum, der anmutete wie einer jener Bunker, in denen Wissenschaftler während Atombombentests in den Fünfzigern Schutz gesucht hatten. Wie draußen im Flur war auch hier alles aus Beton. Im hinteren Teil des Raumes befand sich eine ganze Anzahl veralteter Computer, auf den Schreibtischen in der Nähe der Tür lagen jedoch aktuelle Ausgaben von
Newsweek
und des
Wall Street Journal
. Offenbar wurde der Raum also weiter genutzt, trotz seiner antiquierten Anmutung.
    Paige öffnete einen Schrank und nahm ein Spiralnotizbuch mit hellbraunem Einband heraus.
    «Dieses Stockwerk war ursprünglich das Einzige, was von diesem Gebäude existierte. Es wurde für ein Projekt des Energieministeriums angelegt, den Sehr Großen Ionen-Speicherring. Die Errichtung der Anlage hat zehn Jahre gedauert und sechzig Milliarden Dollar verschlungen. In Betrieb genommen wurde sie am 7.   März 1978.   Zum ersten und gleichzeitig auch letzten Mal.»
    Sie reichte ihm das Notizbuch. Travis fiel auf, dass sich auf dem Einband rostbraune Fingerabdrücke befanden, eindeutig Blut. Auch seitlich an den Blättern des Notizbuchs waren Blutflecken eingetrocknet.
    «Lesen Sie das», sagte sie. «Sie brauchen nicht lange dafür, und es erklärt Ihnen alles besser, als ich es könnte.»
    Dann nahm sie ihr Handy heraus. Travis schlug das Buch auf, während sie oben in ihrem Büro anrief, um sich über den Stand der Vorbereitungen zu erkundigen.
    Die blauen Linien auf dem Papier waren fast völlig verblasst, der mit schwarzer Tinte geschriebene Text aber war leserlich wie am ersten Tag:
     
    SGIS Tagebuch   – Allgemeine Anmerkungen
     
    (Wissenschaftliche Ergebnisse: siehe Daten-Hauptbuch)
     
    7.   März 1978   –   14.33   UTC
    Tja, heute geht’s also los. Wir sind alle dermaßen aufgeregt, das lässt sich gar nicht in Worte fassen.
    Werde mich bei diesem ersten Eintrag kurzfassen, weil bei uns so viel los ist. Erstens, wozu dieses Tagebuch: um die menschliche Seite des Geschehens hier vor Ort festzuhalten. Vielleicht wollen wir ja eines Tages ein populärwissenschaftliches Buch über den SGIS schreiben, à la Faynman oder Sagan. Ein Tagebuch über die persönlichen Erfahrungen der Beteiligten wäre dafür eine gute Basis. Also, macht euch keinen Stress, Leute. Schreibt einfach auf, was ihr so empfindet. Anspannung, Frustration, egal was.
    Wie ist der Tag bisher verlaufen? Sehr, sehr aufregend hier. Viele von uns sind an diesem Projekt von der ersten Stunde an beteiligt, seit vor zehn Jahren

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