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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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wir davon ausgehen, dass es selbst diesen Zug vorhersagen könnte.»
    Travis konnte nur nicken. Ja. So ungefähr lagen die Dinge wohl.
    «Also, was zum Teufel sollen wir jetzt tun?», fragte Paige.
    Er dachte nach. Eigentlich gab es nur einen Fingerzeig, der ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnte. Die Liste der Toten, die im achten Stock der Theaterstraße sieben in den Boden geritzt war.
    «Wir müssen herausfinden, warum Pilgrim diese siebenunddreißig Leute hat umbringen lassen. Oder warum das Flüstern das veranlasst hat. Es muss einen Grund dafür geben, und zwar einen triftigen. Selbst wenn das verdammte Ding damit rechnet, dass wir diesen Grund herausfinden, und damit auch schon vor zehn Jahren gerechnet hat, was bleibt uns sonst übrig? Wir müssen herausfinden, wovor es sich fürchtet, einen anderen Ausweg gibt es nicht.»
    Sie nickte, weniger zustimmend als resigniert. Ihm selbst war auch nicht anders zumute.
    Er starrte hinab auf North Dakota. Kleine Städtchen glitten unten in der Tiefe vorüber, manche nur bestehend aus ein paar Kreuzungen mit einer Straßenlaterne hie und da, die in der Morgendämmerung noch brannte.
    Da kam ihm ein seltsamer Gedanke. Oder nein, der Gedanke an sich war gar nicht seltsam. Seltsam war bloß, dass er ihm noch nicht früher in den Sinn gekommen war.
    Sein bisheriges Leben war vorbei.
    Seine Wohnung in Fairbanks. Sein Job dort. Die drängende Entscheidung, vor der er gestanden hatte, ob er bleiben oder wieder nach Minneapolis zurückkehren sollte, um dort mit seinem Bruder zusammenzuarbeiten. Dieses Leben war zu Ende, abgeschlossen, als hätte es jemand anderes geführt. Jetzt saß er hier in diesem Flugzeug und gehörte zu Tangent, ob es ihm gefiel oder nicht. Es gab keinen Weg zurück. Sollte er je nach Hause zurückkehren, würden ihn dort Pilgrims Leute garantiert schon erwarten. Und da er inzwischen so viele, vermutlich hochgeheime Details über das Portal wusste, würde Tangent ihn vermutlich auch nicht mehr ziehen lassen wollen, wenn das hier erst vorbei war, und sei es nur aus Sicherheitsgründen.
    Vorausgesetzt natürlich, dass es ihn und Tangent noch gab, wenn das hier vorbei war.

32
    Ihr Name war Lauren. Sie saß in Paiges Büro, ungefähr an der Stelle, wo Travis gestanden hatte, als ihm dort am Vortag die Fesseln abgenommen wurden. Sie war dreiundzwanzig, wirkte aber momentan wesentlich jünger. Eher wie ein Kind, das sich verlaufen hatte.
    Travis stand neben Paige. Auch Crawford und ein paar andere waren mit im Raum. Eine halbe Stunde lang hatten sie Lauren all die Fragen zu ihrem Vater gestellt, auf die ihnen die Computer keine Antwort gegeben hatten. Etwas Brauchbares war dabei bisher nicht herausgekommen.
    In den Augen des Mädchens lag ein Ausdruck, der Travis bekannt vorkam. Er kannte ihn noch aus seiner Zeit als Polizist, von Leuten, die bei Vernehmungen gern eine wichtige Aussage gemacht hätten, es aber nicht taten, weil sie kein Vertrauen in ihr Gegenüber hatten. Auch Lauren ging es offensichtlich so.
    Travis neigte sich zu Paige hinüber und flüsterte ihr eine Frage ins Ohr. Sie sah ihn an, verstand offenbar, was er vorhatte, und nickte. Dann nahm sie ihr Handy und verließ das Büro. Laurens dunkle Augen folgten ihr, bis sie zur Tür hinaus war, und wandten sich dann wieder Crawford zu, der sie bat, eine Einzelheit näher zu erläutern, die sie bereits zweimal erläutert hatte.
    Kurze Zeit später kehrte Paige zurück, mit einem flachen schwarzen Kunststoffbehälter. Einem Entitätenbehälter.
    Travis wartete, bis Crawford eine weitere Frage mit Lauren geklärt hatte, und fragte dann: «Darf ich mal mit ihr reden?»
    Crawford nickte. Travis trat einen Schritt auf Lauren zu und sah sie direkt an.
    «Sie glauben nicht, dass Ihr Vater sich umgebracht hat, stimmt’s?», fragte er sanft, aber bestimmt.
    Sie wich seinem Blick nicht aus und schüttelte den Kopf.
    «Das ist unmöglich», sagte sie. Nach kurzem Schweigen fuhr sie mit gesenktem Blick fort. «Von allen Seiten bekomme ich zu hören, dass ich akzeptieren muss, was geschehen ist, weil ich sonst langfristig nicht damit klarkomme. Dass alle Menschen so reagieren wie ich, wenn so etwas passiert. Und dass es nicht weiter ungewöhnlich ist, dass so was   … ohne jede Vorwarnung passiert. Sie hättendie Aufzeichnungen aller Sicherheitskameras überprüft, niemand habe sich vorher Zutritt auf das Grundstück verschafft oder sei hinterher wieder verschwunden. Aber mein Vater hat sich nicht

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