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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sich über den Innenraum spannten und auf die man Holzbohlen gelegt hatte. Die Böden waren vor langer Zeit heruntergekracht; Constantia konnte den hellen Nachthimmel sehen, der sich oben hinter den klaffenden Löchern der zusammengefallenen Hurde abzeichnete. Sie hörte Geraschel und kleine Geräusche – Nachttiere, die den Turm für ihre eigenen Rituale von Fressen und Gefressenwerden nutzten. Das Innere der Ruine schien einen Hauch der Tageswärme zurückgehalten zu haben, und Constantia merkte erst jetzt, dass sie draußen gefroren hatte. Als sie sich über das Gesicht wischte, waren ihre Hände eiskalt, und sie fühlte ihre Brustwarzen, die hart und steif gegen das klamm gewordene Unterkleid rieben.
    Das Erdgeschoss des Turms war eine Enttäuschung. Constantia wusste nicht, was sie erwartet hatte; jedenfalls nicht das. Der Raum war fast völlig leer. An einer Seite lagen ein paar ausgerissene Wurzelstöcke übereinander, schwarz und getrocknet wie Skelettteile, uralt und offenbar nicht einmal als Feuerholz von Attraktivität, sonst hätte sie schon lange jemand gestohlen. Auf der Erde lag ein Überrest des Bodens eines ehemaligen Zwischengeschosses. Ein paar geborstene und von Alter und Feuchtigkeit verdrehte Bohlen, zusammengehalten von zwei quer darüber fixierten Latten, zwei mal zwei Schritte im Quadrat – mehr war es nicht. Auch hier schien die Mühe des Auseinandernehmens und Nach-Hause-Tragens größer gewesen zu sein als der Wert, den das Teil als Feuerholz besaß. Was hatte Meffridus so lange hier drin gewollt – mit gelöschter Laterne?
    Sie blickte wieder nach oben. Die Ränder des Dachstuhls schimmerten im Mondlicht. Sie bildete sich ein, Augenpaare zu sehen, die von dort oben auf sie herunterspähten, aber es ängstigte sie nicht. Die Frustration überwog. Vorsichtig trat sie über altes, raschelndes Laub hinweg, das die Winde von Generationen hier in Häufchen zusammengetrieben hatten, über Flächen voller alter und neuer Tierköttel. Sie war schneller fertig mit ihrer Runde, als sie erwartet hatte. Von außen wirkte der Turm wuchtiger, als er tatsächlich war. Was konnte man hier tun, außer sich auf die alten Bohlen zu setzen und ins Dunkle zu starren?
    Sie ging neben den Bohlen in die Hocke und strich vorsichtig mit den Fingern darüber. Was sie für ein Laubhäufchen gehalten hatte, entpuppte sich unter ihren Fingern als ein Knäuel knochentrockenen Baummooses. Sie drückte es nachdenklich zusammen und spürte, dass etwas Hartes dabei war. Sie befreite es von den Flechten und versuchte zu erkennen, was es war. Dann wurde es ihr klar – es war ein Stück Zunderschwamm. Zusammen mit dem Baummoos, einer Raspel, einem Feuerstein und einem Stück Katzengold ergab es ein passables Feuerzeug. Meffridus musste es genutzt haben: Der Feuerstein schlug Funken aus dem Katzengold, die Funken brachten den abgeraspelten Zunder zum Glimmen, die Flechten nährten eine kleine Flamme, an der man einen Docht entzünden konnte … so hatte Meffridus seine Laterne wieder entzündet.
    Constantia stutzte.
    In der Dunkelheit im Inneren des Turms mit dem Feuerzeug zu hantieren war äußerst unbequem und nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Man fand den abgeraspelten Zunder nicht wieder, die Funken flogen sonst wohin, und statt mit dem Feuerstein das Katzengold zu treffen, schlug man sich eher die Finger wund. Wieso hatte Meffridus das Feuerzeug nicht vorbereitet, als die Laterne noch gebrannt hatte? Aber dazu hatte er keine Zeit gehabt – das Licht war erloschen nur wenige Herzschläge, nachdem er in den Turm eingedrungen war. Sie leckte sich die Finger ab und tastete auf den Bohlen herum, aber was immer an ihrer Haut kleben blieb, es war kein Zunder dabei. Meffridus schien das Feuerzeug gar nicht genutzt zu haben.
    Wie hatte er dann die Lampe wieder in Gang gebracht?
    Weil er sie nie gelöscht hat.
    Was tat das Bruchstück des Zwischengeschosses hier, mitten auf dem Boden? Und wieso waren die beiden Latten darangenagelt, als sollten die Bohlen eine Art Laden ergeben? Sie konnten unmöglich schon dagewesen sein, als die Bohlen noch Teil eines Zwischenbodens gewesen waren – man wäre ständig darüber gestolpert. Sie tastete über die Latten, bis sie über kleine, scharfe Erhebungen fuhren – die Köpfe von Eisennägeln. Da hatte jemand kein Geld gescheut, um Abfallholz zusammenzunageln.
    Sie bückte sich, fuhr mit den Händen an einer Seite unter die Bohlen und schob das Bruchstück mit einiger

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