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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Sariz untergehakt zwischen Walter und Godefroy, und sie sprach mit Walter ein paar Sätze in seiner normannischen Sprache und mit Godefroy ein paar auf Französisch, führte sie an Rogers vorbei, warf ihm einen strafenden Seitenblick zu und machte »Ts, ts,ts!« und nötigte die beiden Männer, an einem Tisch Platz zu nehmen. Walter und Godefroy grinsten wie Chorknaben beim ersten Abendessen nach der Fastenzeit.
    Plötzlich kam jemand aus dem Durchgang gerannt, der zur Treppe ins Obergeschoss führte, rief: »Ro, ich kratze dir die Augen aus!«, und warf sich in seine Arme.
    »Adaliz!«, zischte Rogers’ Mutter. »Du sollst oben bleiben!«
    »Was, Maman? Oben? Eingesperrt? Wenn Ro endlich da ist? Dass ich ihm das«, sie zog ihn an den Haaren, »und das«, sie küsste ihn auf den Mund, »und das«, sie schlug mit der Faust gegen seinen Arm, »und das«, sie drückte sich an ihn und brachte ihn ins Stolpern, »nicht geben kann?«
    »Was macht dein Vater, wenn er dich begrüßt?«, fragte Walter. »Schlägt er dich mit einer Axt?«
    »Nein«, sagte Rogers lächelnd, bevor Godefroy etwas sagen konnte, »er nimmt den nächstbesten Engländer und haut ihn mir über den Kopf.«
    »Das ist hart«, gab Walter zu. »Wie du das nur all die Jahre ausgehalten hast, Ro .«
    Rogers formte mit dem Mund ein deutliches »Arschloch!« , und Walter lehnte sich zurück und lachte.
    »Lass mich runter, Ro, ich bin jetzt eine Dame«, sagte Adaliz.
    »Du bist ein Küken«, erwiderte Sariz. »Küken, die laut piepsen, fängt am Abend der Fuchs.«
    »Du bist eine Schönheit geworden, Adé«, sagte Rogers und stellte seine kleine Schwester auf den Boden zurück. »Ich werde vielen Freiern die Zähne ausschlagen müssen, wenn du erst auf dem Heiratsmarkt bist.«
    »Und du bist total hässlich geworden mit deinem Bart und deinen zerstrubbelten Haaren!«
    »Du hast mir gerade die Haare halb ausgerissen. Und der Bart wärmt das Gesicht und lässt es edel wirken.« In Wahrheit hatte Rogers den Bart erst wieder wachsen lassen, seit sie aus Wizinsten geflohen waren – wie auch Walter und Godefroy. Die Tarnung war minimal gewesen, aber sie war besser als keine.
    »Hast du eine Frau gefunden, während du weg warst?«
    »Was?«
    »Du wirst sie heiraten, und sie wird meine beste Freundin sein, und wir werden den ganzen Tag nur schlecht über dich und deine Freunde reden!«
    »Wenn man bedenkt, dass ich mich hierher zurückgesehnt habe«, seufzte Rogers, der immer noch versuchte, Adaliz’ halb unschuldig gemeinte Frage zu verdauen.
    Adaliz warf sich aufs Neue in seine Arme. »Ja!«, rief sie und umarmte ihn. »Endlich zeigt dir wieder jemand, wo es langgeht!«
    Wenig später saßen sie an einem der Tische und teilten Brot, Käse und verwässerten Wein. Man konnte Scior di Ponte ansehen, dass er sich in Anwesenheit Walters und Godefroys unwohl fühlte, aber er war der gute Freund, als der ihn Sariz vorgestellt hatte, und sagte nichts. Walter und Godefroys Versuche, Rogers dem Wiedersehen mit seiner Familie allein zu überlassen, hatte Sariz energisch unterbunden. Rogers dachte darüber nach, woran es lag, dass man sich in Gegenwart seiner Mutter immer wie der kleine Junge fühlte, der man einmal gewesen war, ganz gleich, was für ein gestandener Kerl man sonst im Leben war. Das Komische daran war, dass es Walter und Godefroy, was Sariz de Fois betraf, ebenso erging. Was der graubärtige perfectus gesagt hatte, stimmte: Sariz war eine Frau, wie man so leicht keine zweite fand. Wahrscheinlich waren Walter und Godefroy auch über die Selbstverständlichkeit erschüttert, mit der sie den Vorsitz über das Wiedersehen übernommen hatte. Zu hören, dass bei den Albigensern die Frauen gleichberechtigt waren, und es dann am Beispiel von jemandem wie Sariz de Fois zu erleben, musste jeden Außenstehenden aus dem Gleichgewicht bringen.
    »Die Bonhommes hier in Norditalien sind gespalten«, erklärte Sariz. »Diejenigen, die den Tod von Inquisitor Pietro begrüßt haben, haben sich an den Lago di Benaco zurückgezogen, in eine Festung, die die Menschen dort Sirmiù nennen. Sie denken, dass sie jedem Angriff standhalten können. Sie sind Narren. Ich habe von Montsegur erzählt, aber niemand wollte mir zuhören.«
    »Weil du dich gegen den Mord an Pietro ausgesprochen hast, nehme ich an.«
    »Rogers, darüber gab es im Vorfeld keinerlei Diskussion, keine Gerüchte, keine Gespräche, gar nichts. Auf einmal hörten wir von dem Mord. Niemand weiß, wer von uns diese

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