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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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da«, sagte eine ruhige Stimme direkt hinter Rogers. Er fuhr herum.
    Der unscheinbare, dickliche Mann, den er als Meffridus Chastelose, den Notar, kennengelernt hatte, stand, in einen durchnässten Pelzmantel gekleidet, unter dem Pultdach neben Gabriel. Er hielt eine gespannte Armbrust in der Hand, der Bolzen war eingelegt. Er zielte, ohne zu zittern, auf Gabriel, der ebenfalls seinen Bogen gespannt hatte und seinerseits über den Garten des Kreuzgangs hinweg auf Constantia zielte. Gabriel lächelte.
    Plötzlich standen zwei, drei, dann alle Klosterschwestern auf. Gabriels Augenwinkel zuckten. Rogers sah atemlos, wie sie sich direkt in Gabriels Schusslinie stellten. Alle Augen, auch die der Geiseln, hingen jetzt an Gabriel; dann wanderten die Blicke zu dem lebenden Schutzwall um Constantia und wieder zurück zu Meffridus’ ehemaligem Glaubensbruder. In diesen Momenten dachte keiner der Gefangenen an sein eigenes Schicksal. Man hörte den Wind durch die Flügel des Kreuzgangs pfeifen.
    Gabriels Lächeln verwandelte sich in eine verzerrte Grimasse. Dann gab er ganz langsam immer mehr Spannung nach, bis der Bogen fast gerade war. Er ließ ihn sinken. Die Armbrust von Meffridus Chastelose zielte immer noch auf ihn.
    »Ich habe Wort gehalten, bis es nicht mehr anders ging«, sagte Gabriel mit einem Seitenblick zu Meffridus.
    »Ich weiß«, sagte dieser.
    »Ich lasse nicht zu, dass du mir ein zweites Mal das Leben rettest. Dieses Mal bleibt einer von uns auf der Strecke.«
    »Ich weiß«, wiederholte Meffridus.
    »Ob du ihn erschießt oder nicht«, rief Rudolf, »ändert nichts an deiner Situation. Du kommst hier nicht mehr raus, und das Weibsstück, das dein Kind trägt, auch nicht. Du hättest in Deckung bleiben und warten sollen, bis mir die Geiseln ausgehen.«
    »Die Nacht wurde mir zu kühl«, sagte Meffridus.
    »Wo ist mein Schatz, Bruder Michael?«
    Meffridus lächelte schwach. Ohne dass die Armbrust auch nur einen Zoll weit geschwankt hätte, wandte er den Blick ab und sah zu Constantia hinüber. Rogers konnte nicht anders, als seinem Blick zu folgen. Constantia sah den Notar mit aufgerissenen Augen an. Sie schwankte.
    »Das hast du nicht für mich getan«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Du hast dich nicht meinetwegen gestellt.«
    Meffridus zuckte mit den Schultern. Dann fing sein Blick den Rogers’ ein. Seine Augen rollten kurz zu seiner Armbrust und dann wieder zurück. Rogers überlief es kalt. Er verstand.
    Und er rollte die Augen seinerseits zu Godefroy.
    Meffridus hob eine Augenbraue. Er nickte kaum sichtbar.
    Es war alles eine Sache weniger Wimpernschläge.
    »Lauf, Constantia!«, schrie Meffridus und trat Gabriel die Füße weg. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte Constantia sich schon in Bewegung gesetzt.
    25.
GALGENBERG
     

     
    Rudeger stand bis zu den Knien in eiskaltem Wasser, aber er zitterte ebenso vor Erwartung wie vor Kälte. Die Wand aus Schutt, losem Geröll, Erde und Lehm, die jetzt noch seinen Gang vom Durchbruch trennte, war nicht mehr dick – ganz oben, in Augenhöhe, war es ihm schon gelungen, vorsichtig mit dem Schaufelstiel und der Faust ein Loch hineinzubohren. Er warf einen Blick über die Schulter. Wolfram Holzschuher lag bis zur Brust im Wasser und stöhnte leise. Seine Augenlider flatterten, an seiner Schläfe prangte eine Beule, die sogar im schwachen Laternenlicht blutunterlaufen glühte. Wolfram hatte versucht, Rudeger aufzuhalten, nachdem er zuerst wie vor den Kopf geschlagen gewesen war, als er den Plan hinter dem Loch im Damm erkannt hatte. Rudeger hatte eine Weile lang gehofft, der Kaufmann würde ihm helfen. Ihm war nicht entgangen, dass dieser nach dem Verschwinden Juttas nicht mehr er selbst gewesen war, und er hatte versucht, Hass in ihm zu schüren, indem er erklärt hatte, wie wenig die Wizinstener ihn bei der Suche nach seiner Tochter unterstützt hätten und dass das Verschwinden Juttas irgendwie mit der Baustelle zu tun hätte. Wolfram hatte mit offenem Mund gelauscht und nichts gegen Rudegers hektisches Graben unternommen. Dann hatte er sich auf einmal auf ihn gestürzt. Aber Rudeger war vorbereitet gewesen. Und nun würde, sobald der Durchbruch geschaffen war und das Wasser hindurchschoss, der Kaufmann und Stadtrat Wolfram Holzschuher, der größte Dummschwätzer der ganzen Stadt mit der geilsten Tochter – Gott hab sie selig, oder eher: der Teufel! – landauf, landab, in dem Mahlstrom sein Ende finden, der zu Tal schoss und die verfluchte Baustelle und

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