Die Pforten Des Hades
Schmarotzern. Es amüsierte mich zu sehen, daß Dionysius unserer Gesellschaft zugeordnet wurde; er erbleichte, als ein Sklave ihn zu seinem Sofa führte, verlangte leise den Designator zu sehen und wurde schlußendlich zu seinem Platz zurückgeschickt, versteckt in einer Ecke, nicht einmal in der Nähe eines Fensters auf der anderen Seite des Raumes. Unter normalen Umständen hätte der Hausphilosoph in der Nähe des Herrn oder der Herrin sitzen müssen. Ich vermutete, daß Crassus den Designator angewiesen hatte, Dionysius als vorsätzlichen Affront in eine dunkle Ecke zu verbannen. Er mußte den Philosophen wirklich verachten.
Es war die Stunde genau zwischen Mittag und Abend, also beliebte Dionysius, sein grünes Gebräu ausnahmsweise vor anstatt nach dem Essen einzunehmen. Um sich seiner angeschlagenen Würde zu vergewissern, machte er ein großes Gewese darum, das Getränk unverzüglich serviert zu bekommen, und behandelte die junge Sklavin, die in die Küche rannte, um es zu holen, unnötig grob. Kurze Zeit später kam sie zurück und stellte den Becher mit zitternden Händen auf den kleinen Tisch vor ihm.
Ich blickte mich in dem Raum mit seinen diversen, um kleine Tische gedrängten Sofas um. Ich sah niemanden, den ich kannte. Eco war nachdenklich und in sich gekehrt und hatte keinen Appetit. Ich begnügte mich damit, an den vor mir ausgebreiteten Köstlichkeiten zu knabbern und mir meine Vorgehensweise für die verbleibenden Stunden zu überlegen.
Von meinem Platz aus konnte ich direkt in die anderen Räume blicken. Wenn ich mich auf meinen Ellenbogen stützte, konnte ich sogar Marcus Crassus sehen, der an seinem Wein nippend mit Sergius Orata konferierte. Orata war der erste gewesen, der mir von Licinius plötzlichem und unerklärlichem Reichtum erzählt hatte; wußte er mehr, als er mir verraten hatte? Könnte er möglicherweise sogar der anonyme Partner in Lucius Schmuggelaktion gewesen sein? Mit seinem runden, nichtssagend selbstgefälligen Gesicht wirkte er kaum wie ein Mann, der des Mordes fähig war, doch ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, daß reiche Männer zu allem fähig sind.
Marcus Mummius, der in der Nähe von Crassus lag, wirkte nervös und unglücklich - und warum auch nicht, wenn man bedachte, daß all sein Flehen, Apollonius zu retten, von Crassus nicht erhört worden war? Es erschien mir, in Anbetracht des bösen Blutes, das wegen Apollonius zwischen den beiden geherrscht hatte, unwahrscheinlich, daß Mummius Lucius schattenhafter Partner gewesen sein könnte. Trotzdem kam mir der Gedanke, daß Mummius in der Mordnacht vom Lager beim Lucrinus-See zur Villa und zurück geritten sein könnte. Was, wenn er eben das getan hatte, um Lucius noch einmal auf den Kauf des Sklaven anzusprechen? Wenn Lucius nur halb so stur war wie sein Vetter, würde er den Verkauf erneut abgelehnt haben; könnte das Mummius in mörderische Rage versetzt haben? Wenn es so gewesen war, hätte Mummius durch die Ermordung Lucius unabsichtlich die Vernichtung eben-jenes Menschen verursacht, den er so begehrte, den jungen Apollonius - und die einzige Möglichkeit, den Jungen zu retten, wäre ein Eingeständnis seiner eigenen Schuld. In was für einen Abgrund aus Not und Elend hätte er sich damit gestoßen!
Mein Blick fiel auf Crassus »linke Hand«, Faustus Fabius mit dem arroganten Kinn und den flammend roten Haaren. Er hatte Lucius zu denselben Anlässen getroffen wie Mummius und damit auch die Gelegenheit und die Verbindungen, Lucius stiller Teilhaber zu werden, eine sagenhaft lukrative, wenngleich extrem gefährliche Unternehmung. Mummius hatte mir erzählt, daß Fabius einer Patrizierfamilie mit begrenzten Mitteln entstammte, doch über seinen Charakter wußte ich kaum etwas; Männer wie er stellten sich der Welt nur mit Masken, die noch starrer waren als die Wachsmasken ihrer toten Vorfahren. Die Fabier hatten schon die Geburtsstunde der Republik miterlebt; aus ihren Reihen stammten einige der ersten gewählten Konsuln, die ersten, die eine purpurgestreifte Toga tragen und auf den Elfenbeinstühlen der Republik sitzen durften, die man den Königen abgerungen hatte. Es kam mir anmaßend vor, einen derart hochgeborenen Mann des Verrats und des Mordes auch nur zu verdächtigen, andererseits müssen derartige Anlagen im Blut jedes Patriziers schlummern, denn wie hätten sie sonst die Könige stürzen, ihre Mitrömer unterdrücken und überhaupt erst Patrizier werden sollen?
Weniger weit entfernt im
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