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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Augen, Gordianus. Doch es scheint mir höchst unwahrscheinlich, daß man einen derartig unhandlichen Knüppel den langen Flur hinunter bis ins Atrium und den ganzen Weg wieder zurück schleppen sollte, nur um meinen Vetter Lucius damit zu ermorden.«
    »Nicht die Statue wurde bewegt«, sagte ich, »sondern die Leiche.«
    Crassus sah mich skeptisch an.
    »Bedenke, in welcher Position man die Leiche gefunden hat, als ob sie zum Fundort geschleift worden wäre. Ein starker Mann hätte keine Probleme, eine Leiche von hier bis ins Atrium zu schleppen.«
    »Und für zwei Männer wäre es noch leichter gewesen«, sagte er in offensichtlicher Anspielung auf die beiden verschwundenen Sklaven. »Aber wo ist das restliche Blut? Es muß sich doch mehr Blut an der Statue befunden haben, und die Leiche müßte eine Schleifspur hinterlassen haben.«
    »Nicht, wenn man ein Stück Stoff unter den Kopf gelegt und hinterher damit alles Blut aufgewischt hätte.«
    »Und hat man ein derartiges Stück Stoff gefunden?«
    Ich zögerte. »Marcus Crassus, verzeihe mir die Anmaßung, dich zu bitten, dieses Wissen für dich zu behalten. Gelina, Mummius und zwei der Sklaven wissen es bereits. Ja, ein derartiges Stück Stoff wurde gefunden, blutdurchtränkt, am Straßenrand. Offenbar hat jemand versucht, es ins Meer zu werfen.«
    Er sah mich listig an. »Dieses blutdurchtränkte Stück Stoff war eine der Entdeckungen, die du vorhin erwähntest, eines der Geheimnisse, die du mir vorenthalten wolltest, bis die Wahrheit in deinem Kopf ausgegoren ist?«
    »Ja.« Ich ging in die Hocke und untersuchte den Boden nach Blutspuren. Ein Umhang hätte wohl kaum gereicht, das Blut aus dem dunklen Teppich zu wischen, doch in dem trüben Licht war es unmöglich, weitere Flecken zu erkennen.
    »Doch warum sollten die Mörder die Leiche bewegt haben?« Er nahm die Statue in die linke Hand und knibbelte mit der rechten an dem verkrusteten Blut, bevor er sie mit einer Grimasse wieder auf den Tisch stellte.
    »Du sprichst von mehreren Mördern, nicht von einem, Marcus Crassus.«
    »Die Sklaven -«
    »Vielleicht wurde die Leiche genau deshalb bewegt und der Name Spartacus in den Boden geritzt, um den Sklaven die Tat anzuhängen und uns von der Wahrheit abzulenken.«
    »Vielleicht haben die Sklaven die Leiche aber auch gerade deswegen an den öffentlichsten Ort des Hauses geschleift, wo sie jeder mit Sicherheit sehen und die eingeritzte Inschrift entdecken würde, um mit Nachdruck auf ihre Sache aufmerksam zu machen.«
    Darauf wußte ich keine Antwort, und ein Zweifel zog den nächsten nach sich. »Es ist in der Tat unwahrscheinlich, daß der Mord in diesem Raum hätte geschehen können, ohne daß jemand etwas gehört hat, vor allem wenn der Tat ein heftiger Streit vorausging. Gelina schläft direkt auf der anderen Seite des Flures; der Lärm hätte sie bestimmt geweckt.«
    Crassus schenkte mir ein spöttisches Grinsen. »Gelina muß in deinen Erwägungen keine Rolle spielen.«
    »Nein?«
    »Gelina schläft wie eine Tote. Vielleicht ist dir ihr freizügiger Weingenuß aufgefallen, eine keineswegs neue Angewohnheit. Wenn sie erst einmal schläft, könnte eine Prozession tanzender Mädchen mit Zimbeln den Flur entlangziehen, ohne daß sie sich rührt.«
    »Dann muß die Frage lauten: Warum wurde Lucius hier in dieser Bibliothek ermordet?«
    »Nein, Gordianus, die Frage lautet nach wie vor: Wo sind die beiden entflohenen Sklaven? Daß Zeno, sein Sekretär, Lucius in diesem Raum getötet haben soll, wo sie häufig gemeinsam gearbeitet haben, ist kaum überraschend. Vielleicht war der junge Stallknecht Alexandros bei ihm; soweit ich weiß, konnte er lesen und addieren, so daß Zeno ihn gelegentlich als Hilfe eingesetzt hat. Vielleicht hat auch dieser Alexandros das Verbrechen begangen; ein Stallknecht wäre kräftig genug gewesen, Lucius den Flur hinunterzuschleifen, und ein Thraker hätte bestimmt auch die Unverfrorenheit besessen, den Namen seines Landsmanns in den Boden zu ritzen. Dabei wurde er von irgend etwas gestört und floh, bevor er den Namen ganz ausschreiben konnte.«
    »Doch er wurde von niemandem gestört. Die Leiche wurde erst am Morgen entdeckt.«
    Crassus zuckte die Schultern. »Vielleicht hat eine Eule geschrien oder eine Katze einen Kieselstein aufgewirbelt. Vielleicht hatte dieser thrakische Sklave auch einfach den Buchstaben C noch nicht gelernt und war mit seinem Latein am Ende«, meinte er spöttisch und rieb sich die Augen. »Vergib mir, Gordianus,

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