Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
zugewandt –, »weißt du, seit wann Bruder Ailgesach so viel trinkt?«
Der Zimmermann zögerte, schaute Bruder Biasta einen Moment an und zuckte die Achseln. »Ich glaube, getrunken hat er immer. Aber ich kenne ihn erst, seit er den Gottesdienst in der Kapelle verrichtet.«
»Und seit wann ist das?«
»Das macht er erst seit zwei Wochen.«
»Was, erst seit zwei Wochen?« Fidelma war überrascht.
In ebendem Augenblick kam Fedach Glas herein, gefolgt von Gormán und Enda.
»Er schläft ruhig wie ein Säugling«, berichtete Gormán fröhlich. »Nicht mal der Donnerhall des Jüngsten Gerichts würde ihn vor morgen früh wecken.«
Fedach Glas bemerkte den neuen Gast und warf Saer einen fragenden Blick zu.
»Das ist Bruder Biasta, der Vetter von Bruder Ailgesach«, erklärte ihm Fidelma. »Ich habe ihm bereits mitgeteilt, in welchem Zustand sein Vetter ist.«
»Tut mir leid, dass du deinen Vetter so vorfindest«, sagte der Wirt, dem nicht wohl in seiner Haut war. »Ein Wirt soll ja immer nur das Beste über seine Gäste sagen, aber …« Er hob die Schultern.
»Saer hat völlig recht«, ergänzte Grella. »Seit Bruder Ailgesach als Seelsorger zu uns kam, ist er jeden Tag im Wirtshaus gewesen und hat sich betrunken. Hat aber immer ohne Hilfe zu seiner Hütte zurückgefunden. Es ist heute zum ersten Mal geschehen, dass er besinnungslos umfiel.« Sie sah ihren Mann vorwurfsvoll an. »Fedach Glas hätte ihm den letzten Krug corma nicht hinstellen dürfen.«
»Er muss krank sein«, mischte sich Bruder Biasta ein. »Er hat sonst nie getrunken.«
»Du sagt, du hast ihn ein Jahr lang nicht gesehen«, äußerte sich Fidelma. »Und er ist kaum zwei Wochen hier.«
»So ist es, Lady«, erklärte nun Fedach Glas, »er kam zu uns, nachdem unser guter Bruder Tressach gestorben war.«
Das war das Stichwort für Gormán. »An Bruder Tressach kann ich mich gut erinnern. Er war noch hier, als ich das letzte Mal vorbeigekommen bin«, und zu Fidelma gewandt, fuhr er fort: »Dass ich vor einiger Zeit hier gewesen bin, habe ich dir schon gesagt. Wie traurig, dass Bruder Tressach nicht mehr ist, er wird den Leuten hier fehlen.«
Grella schniefte bekümmert. »Er war so ein guter Mensch. Seit ich Kind war, hat er den Gottesdienst abgehalten. Er hat Fedach Glas und mich getraut.«
Ihr Mann nickte. »Wir mussten bei Abt Ségdae vom Kloster Imleach vorstellig werden, zu dessen Sprengel die Kapelle gehört. Und so hat er Bruder Ailgesach zu uns geschickt. Leider hat Bruder Ailgesach während der zwei Wochen, die er bei uns ist, mehr Zeit im Wirtshaus als in der Kapelle verbracht.«
»Könnte der Tod von Bruder Tressach meinen Vetter so tief bekümmert haben?«, fragte Bruder Biasta rasch.
»Nicht im Geringsten.« Es war der Zimmermann, der das sagte. »Soviel wir wissen, ist er ihm nie begegnet. Er wurde ja hergeschickt, um Tressachs Nachfolge anzutreten.«
»Hat sich Bruder Ailgesach immer so verhalten? Vom ersten Tag seines Hierseins an?«
»Solange wir ihn kennen, hat er diese Vorliebe für corma «, bestätigte Saer. Grella nickte dazu.
»Woher stammt Bruder Ailgesach eigentlich? Wo war er, bevor er hierherkam?« Fidelma wandte sich mit der Frage an Bruder Biasta.
»Wir kommen beide aus dem Norden des Königreichs«, antwortete Bruder Biasta. »Wir haben beide in der Abtei des heiligen Brendan in Biorra studiert. Danach haben sich unsere Wege getrennt.«
»Wie hast du erfahren, dass dein Vetter krank ist und wo er sich aufhält? Du sagst, du hast ihn ein Jahr lang nicht gesehen«, erkundigte sich Eadulf.
»Ein Reisender hat mir die Nachricht überbracht«, erwiderte Bruder Biasta etwas zögerlich.
»Bruder Ailgesach hat demnach gewusst, wo du dich aufhältst, obwohl du nicht wusstest, wo er gegenwärtig war?«
»Die Verbindung zu ihm ist per Zufall entstanden. Vor ungefähr einer Woche habe ich meinen alten Mentor in Biorra aufgesucht. Da traf gerade seine Nachricht an den Abt ein, mit der Bitte, sie an seine Familie weiterzuleiten.«
Eadulf kam diese Antwort reichlich fadenscheinig vor, doch Fidelma wollte sie wohl gelten lassen. Auch fragte sich Eadulf, warum Fidelma ein solches Interesse an BruderAilgesachs Schwächen hatte. Das hatte doch nichts mit dem unbekannten Leichnam zu tun.
»Du hast also den weiten Weg von Biorra hierher nicht gescheut? Die Abtei liegt ja fast an der Grenze zum Königreich Connacht. Den ganzen Weg zu Fuß zurückzulegen, war gewiss reichlich beschwerlich.«
»Auf einer vielbefahrenen
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