Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Stirn. »Ihr seid ja aber vorbeigekommen und habt mir geholfen, das Boot an Land zu schaffen.«
»Es geht uns nicht um eine Beteiligung an deinem Finderlohn. Außerdem wäre es dir auch ohne uns gelungen, das Boot ans Ufer zu ziehen. Du wirst den Finderlohn für die Bewirtschaftung deines Hofes gut gebrauchen können. Auch solltest du dem Hofmeister von Prinzessin Gelgéis sagen, dass meiner Auffassung nach der Fluss eineVerkehrsstraße ist und dass ich eine Entschädigung von zwei Drittel des Wertes für richtig halte, dazu die Zahlung einer austad , einer Lagergebühr, für die Zeit, die das Boot auf deinem Grund und Boden bleibt. Wenn sich der Eigentümer nicht meldet, fällt der gesamte Wert an dich. Bestelle ausdrücklich, dass so mein Urteilsspruch lautet und dass ich davon ausgehe, bei meiner Rückkehr nach Durlus Éile den Fall in diesem Sinne geklärt vorzufinden.«
Überwältigt stammelte der Bauer seinen Dank, die vier aber saßen auf und ritten los. Diesmal führte sie Enda an, der, leicht vornübergebeugt, nach Spuren Ausschau hielt. Schon nach kurzer Zeit ließen sie ein kleines Waldstück hinter sich und kamen auf eine begrünte Ebene. Sie hatten die Flussgabelung erreicht. Der Arm aus dem Norden strömte unmittelbar in den Suir, und ein kleinerer Nebenarm aus dem Süden suchte sich seinen Weg in die Dríse. Er war aber nicht breit und ließ sich leicht durchwaten.
»Wenn ich mich recht entsinne, ist der Arm aus dem Norden immer noch die Dríse, während der südliche Bréagagh heißt, der trügerische Fluss«, belehrte Gormán die anderen. »Sowie wir ihn überquert haben, sind wir im Stammland der Osraige, des Hirschvolks. Das gesamte Gebiet jenseits des Flusses ist eine Tiefebene und voller Moortümpel.«
»Wie also weiter, Enda?«, fragte Fidelma. »Sollten wir uns lieber nördlich der Dríse halten?«
Endas geübter Blick entdeckte eine Spur, die den anderen verborgen geblieben war.
»Fußspuren von sechs Mann, von denen einer etwas zu humpeln scheint«, gab Enda zur Antwort. Langsam führteer sein Pferd zu dem Zusammenfluss, ging ein Stückchen am Ufer des kleineren südlichen Flusses entlang und blieb stehen. »Hier sind sie durch den Fluss gewatet. Er ist ziemlich flach. Demnach sind sie schnurstracks Richtung Osten weiter gezogen.«
Wie um seine Aussage zu bekräftigen, ritt er hinüber zum anderen Ufer, blieb stehen und suchte mit den Augen eifrig den Boden ab. Dann drehte er sich zu ihnen um und winkte sie hinüber.
»Genau hier führen die Spuren weiter ostwärts«, bestätigte er.
Rasch waren sie bei ihm, und Gormán wies über die Ebene hinweg auf eine in der Ferne liegende niedrige Hügelkette.
»Dort hinten müsste die alte Abtei von Liath Mór liegen.«
»Ob sie sich dort Pferde beschaffen können?«, fragte Eadulf.
»Wäre möglich«, meinte Fidelma. »In der Abtei von Liath Mór war ich noch nie. Der heilige Chaomóc hat die Gemeinschaft vor etwa siebzig Jahren begründet. Nach allem, was man hört und liest, war er ein rechtschaffener Mann.«
»Er würde uns also auch helfen?«
»Leider ist er schon vor etlichen Jahren gestorben. Ich habe keine Ahnung, wer sein Nachfolger ist.«
»Was sind das dort für Hügel im Südosten?«, wollte Eadulf wissen und zeigte auf die runden Bergkuppen, die vor ihnen zu erkennen waren. »Könnten sie das Ziel der Entführer sein?«
Die Antwort erwarteten sie von Gormán, der sich in der Gegend auszukennen schien.
»Das sind die Sliabh Ardachaidh, die Berge der Hochebene. Wirklich hoch sind sie eigentlich nicht, aber sie machen die höchste Erhebung aus, die es zwischen dem sumpfigen Tiefland der Osraige und den Grenzen von Laigin weiter östlich gibt. Den Männern, die wir verfolgen, bleibt nichts anderes übrig, als sich weiter östlich zu halten, ehe sie an einen sicheren Weg kommen, der durch die Moore in die Berge führt.«
Eine Weile ritten sie schweigend dahin, wobei Enda ständig die Spuren im Auge behielt, die die Gruppe der Entführer hinterlassen hatte. Aber auch die waren bald nicht mehr zu erkennen, denn sie erreichten morastiges Gelände, das zu ihrer Überraschung von einer neuangelegten Straße durchzogen war. Wege dieser Art gab es in allen fünf Königreichen. Man brauchte sie, um Moore zu überqueren. Für ihren Bau war viel Holz nötig – vorrangig Birken, deren lange behauene Stämme sich als Untergrund für die Querlagen aus Esche, Ulme oder Haselnuss besonders eigneten. Auf dieser Art Knüppeldamm waren
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