Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)
Basketballfeld, verfallene Holztribünen, ein altes Schultrikot, das Foto in Schwarz-Weiß. Schlicht und schön, so wie es nur Sanducci hinbekam.
Hammond musterte mich aufmerksam. „Du glaubst nicht, dass er dort auftauchen wird?“
Ich schüttelte den Kopf. Schließlich war Jimmy nicht blöd. Aber wenn nicht dort, wo dann?
„Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?“, fragte ich.
Landsdown blickte finster drein, und Hammond wirkte angespannt.
„Was denn?“
„Es sind auf mysteriöse Weise Menschen verschwunden, und zwar in genau den Städten, in denen Sanducci sich aufgehalten hat.“
„Ständig verschwinden irgendwelche Menschen auf mysteriöse Weise. Das wisst ihr doch genauso gut wie ich.“
Die meisten haben überhaupt gar keine Ahnung, wie viele Menschen jährlich auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
„Kannst du dir erklären, warum wir bei Ruthie Reste von Asche gefunden haben?“
Ich ließ mir nichts anmerken. „Sie hatte ja noch nicht einmal einen Kamin.“
„Eben. Und anscheinend hat irgendjemand versucht, diese Asche noch in aller Eile wegzuwischen. War dabei aber nicht besonders gründlich.“
Woher die Asche stammte, wusste ich ziemlich genau. Von diesen gestaltwandlerischen Monstern, die ich in meinen Krankenhausträumen gesehen hatte. Aber wer hatte sie umgebracht? Ich hatte da so eine Idee.
6
D anke, dass ihr euch für mich Zeit genommen habt.“ Ich erhob mich. „Könntet ihr mir Bescheid geben, wenn der Bericht von der Gerichtsmedizin da ist?“
„Irgendetwas Bestimmtes, das du wissen möchtest?“, fragte Hammond.
„Todesursache wäre schön.“
„Wenn man bedenkt, wie die Leiche ausgesehen hat, und dann auch noch das Messer daneben, wir setzen auf Stichwunde.“
Ich nickte, aber überzeugt war ich nicht. Nicht mehr.
„Wir ermitteln hier in einem Mordfall, Phoenix. Und solange der Fall nicht abgeschlossen ist, können wir dir über die Autopsieergebnisse nichts sagen, das weißt du doch ganz genau.“
Klar hatte ich das gewusst, aber fragen kostete ja nichts. Außerdem hatte ich meine eigenen Quellen.
Beim Verlassen des Polizeireviers fiel mein Blick auf die Yankee-Baseballkappe. In Plastik gehüllt, wie es sich für ein Beweisstück gehört, thronte sie oben auf einem Aktenschrank.
Ich riss sie herunter und kniete mich dann hin, als würde ich mir die Schuhe zubinden. Mit der Schulter als Sichtschutz schob ich einen Finger in die Tüte und berührte den Schirm. Dann stand ich auf und verließ das Gebäude. Die Baseballkappe ließ ich auf dem Boden liegen. Mir war lieber, sie fanden sie dort und nahmen an, sie sei heruntergefallen, als dass sie mich damit erwischten. Womöglich kamen sie dann noch auf den Trichter, dass ich sie angefasst hatte, und würden mir folgen.
Denn dort, wo ich jetzt hinging, konnte ich keine Zeugen gebrauchen. Falls ich nämlich schwach werden und Sanducci grün und blau prügeln würde.
Eigentlich hätte ich mir denken können, wo er sich versteckt hielt. Und ich wäre auch schon eher darauf gekommen, wenn nicht die Bewusstlosigkeit und die Bullen, die Bilder und die Berserker gewesen wären. Jimmy war an einem Ort, der ihm Schutz bot. Ich sprang in meinen Wagen und machte erst einmal eine großzügige Stadtrundfahrt, um sicherzugehen, dass mir keiner folgte. Während ich ganz gemächlich durch City High fuhr, bemerkte ich einige Bullen in Zivilfahrzeugen. Selbst wenn Jimmy so blöde gewesen wäre hierherzukommen, wäre er nie so blind, die Überwachung nicht zu bemerken.
Bevor ich mich auf den Weg in den Westteil der Stadt machte, winkte ich den Kripobeamten noch einmal zu und erntete dafür böse Blicke und sogar eine obszöne Geste.
Im Alter von dreizehn bis achtzehn hatte uns Ruthie jeden Sommer für einen Monat zu jemandem geschickt, bei dem wir etwas lernen oder für den wir arbeiten sollten. An dieses Projekt glaubte sie so fest wie an den lieben Gott.
Mich hatte sie nach New Mexico ins Reservat der Navajo geschickt, damit ich etwas über mich und meine Gabe lernte.
Jimmy hatte die Sommer auf dem Hof eines Milchbauern verbracht, der nur etwa eine Stunde entfernt zwischen Milwaukee und Madison lag. Und es hatte ihm riesigen Spaß gemacht. Nicht so sehr das Melken, das Pflügen oder das Säen, aber der Hof, die Menschen und die Tiere. Die Fotos, die er dort geschossen hatte, gehörten zu seinen besten und verschafften ihm ein Stipendium für Bildjournalismus an der Western-Kentucky-Universität.
Nicht dass er das
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