Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)
warf das Gewehr weg. Geht doch.
Springboard kam immer näher, ich wich beständig zurück. Er streckte die Hand nach mir aus, und beinahe hätte er mich mit seinen langen Armen geschnappt. Dann trat ich mit meinen bloßen Füßen auf einen Stein und zuckte vor Schmerz zusammen. Im nächsten Augenblick stolperte ich über ein noch größeres Exemplar und landete mit solch einem Plumps auf meinem Hintern, dass ich ihn bis in die letzte Gehirnwindung hinein spürte.
Ich machte mich für ihn bereit. Doch anstatt sich auf mich zu stürzen, stieß er einen spitzen und anhaltenden Schrei aus. Aus Augen, Ohren und Mund strömte Licht, als sei er eine Kürbislaterne, in die man eine Taschenlampe hielt.
Ich setzte mich auf. Springboard breitete die Arme aus, bog sich nach hinten durch, und das glänzende Licht wurde immer intensiver, stieg auf und schoss dann wie ein Blitz aus ihm heraus. Der Schrei schien nun nicht mehr aus Springboards Körper, sondern vielmehr von der Lichtsäule her zu kommen, die in den Himmel emporstieg.
So plötzlich, wie es begonnen hatte, endete das Schreien, und das Licht erlosch. Springboard brach zusammen – freundlicherweise fiel er dabei nicht auf mich – und tat keinen Mucks mehr.
Auf allen vieren kroch ich zu ihm hinüber, um seinen Puls zu fühlen; er hatte keinen.
Jimmy stöhnte, und ich schleppte mich zu ihm hin. Er drehte sich gerade auf den Rücken. Die Beule an seinem Kopf war riesig, aber ich konnte förmlich zusehen, wie sie kleiner wurde, und die verschmutzten Schürfwunden vom Schotter verblassten ebenfalls.
„Was ist denn mit ihm passiert?“, fragte er.
Ich sah hinüber zu Springboard. „Ich hab keine Ahnung.“
Er folgte meinem Blick und begann zu fluchen. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst ihn nicht töten.“ Dann nahm er mein Kinn in die Hand und drehte meinen Kopf hin und her. Dabei blickte er mir im Licht des Scheinwerfers tief in die Augen und runzelte dann die Stirn. „Es ist nicht auf dich übergesprungen.“
„Nein. Es ist…“ Ich deutete mit dem Finger in den Himmel.
„Wie denn das?“
„Sag du es mir.“
Mit der Hand befühlte er die Beule auf der Stirn, zuckte vor Schmerz zusammen und ließ die Hand dann wieder sinken. „Ein Chindi ist ein Dämon, der von Tieren Besitz ergreift. Oft wird er aus Rache geschickt.“
„An mir?“
„Schwer zu sagen. Ich weiß nicht genau, wie groß die Macht ist, die derjenige über den Dämon hat. Meistens tötet ein Chindi alles, was ihm über den Weg läuft.“
„Woher wusste die Person, die den Dämon geschickt hat“, ich machte eine weit ausholende Handbewegung über die Körper von Springboard und dem Berglöwen, „wo wir sein würden?“
Er schüttelte den Kopf und legte dann stöhnend seine Wange auf die Knie. „Außer uns beiden wusste niemand von diesem Ort.“
„Du vergisst dabei Springboard.“
„Er hatte keine Ahnung, bis wir hier ankamen.“
„Ich habe es bestimmt niemandem erzählt.“ Wie hätte ich auch?
Schließlich war ich in dieser elenden Kammer eingesperrt gewesen, aber dazu würden wir später noch kommen. „Warum erzählst du mir nicht einfach, was du über Chindis weißt?“
Ich rechnete fast damit, dass er meine Frage einfach übergehen würde. Aber er antwortete in einem Ton, der mich stark an Mister Desre, meinen Biologielehrer aus der elften Klasse, erinnerte, der uns das ganze Schuljahr über stur aus dem Lehrbuch vorgelesen hatte, anstatt uns Freude am Lernen zu vermitteln.
„Einen Chindi kann man nicht mit den üblichen Waffen töten. Zwar stirbt der Körper des Wirts, aber der Dämon geht einfach auf einen anderen über.“
„Du scheinst dich ja gut auszukennen.“
„Ich bin schon mal einem begegnet.“
„Und wie hast du ihn getötet?“
„Gar nicht. Ich habe ihn zu dem zurückgeschickt, der ihn gesandt hatte, indem ich innerhalb eines rituellen Kreises ein Schutzgebet gesprochen habe.“ Mit zusammengekniffenen Lippen starrte er Springboard an. „Du erzählst mir lieber mal genau, was hier vorgefallen ist.“
„Er wollte mich gerade packen, als ich hingefallen bin. Plötzlich fing er an zu schreien. Dann schoss auf einmal Licht aus seinen Augenhöhlen und…“ Ich deutete auf die Leiche.
„Kein Schutzmantra?“
„Als wenn ich eines wüsste.“
„Jedes Gebet hilft, egal, welches.“
„Danke für den Tipp. Das hättest du mir mal sagen sollen, bevor ich ihn aus Versehen umgebracht habe.“
„Hat er dich berührt?“
„Nein.“
Er legte
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