Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)
Kriegsbemalung.
Ich winselte. Ich wollte mich auch zurückverwandeln, nur wusste ich nicht, wie. Vor Panik schlug mir das Herz bis zum Hals. Und wenn es bei mir nicht klappte?
„Bleib ganz locker, Phoenix.“
Problemlos verstand ich ihn. Wie seltsam. Wenn ich doch ein Wolf war, wie konnte ich dann die menschliche Sprache verstehen? Gleichzeitig war ich aber auch eine Frau. Ich konnte mich an alles erinnern. Ich wusste, wer er war und wer ich war.
„Stell dir vor, du bist wieder du selbst, und schon geschieht es.“
Für mich ergab dieser unsinnige Rat merkwürdigerweise einen Sinn. Mit geschlossenen Augen konzentrierte ich mich auf mein eigenes Bild. Hitze durchflutete mich, dann wurde es ganz kalt. Hinter den geschlossenen Lidern nahm ich grelle Blitze wahr, als wenn ein Gewitter unvermittelt aus einem klaren blauen Himmel losbricht. Ein Windstoß wirbelte mir durchs Haar statt durchs Fell. Ich öffnete die Augen und hob die Hand. Fasziniert drehte ich sie in alle Richtungen und betrachtete stolz meine fünf Finger.
Ich konnte gar nicht aufhören zu zittern. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich auf einmal kein Fell mehr hatte, oder ob es von dem vielen Blut auf meinem Körper herrührte. Ebenso wie Sawyer war ich splitternackt, meine Sachen lagen in Fetzen am Boden.
Als ich mir ins Gesicht fasste, war meine Hand blutbedeckt. Ich hatte im Mund einen Geschmack wie von heißen Kupferpfennigen. Mir stieg das Aroma in die Nase. Ich beugte mich nach vorn und erbrach mich.
„Daran wirst du dich noch gewöhnen.“
Ich kam so schnell hoch, dass sich alles vor meinen Augen drehte. „Was war in dem Feuer?“
„Du glaubst…“ Sawyer brach ab.
„Das war es nicht?“
Er schritt auf den See zu und stieg dabei vorsichtig über die dahingestreckten Kojoten. Waren sie tatsächlich tot? Im Moment jedenfalls bewegten sie sich nicht, aber wer wusste schon, ob sich das nicht schnell ändern würde. Sawyer schien sich indessen keine Gedanken darum zu machen, dass die Kojoten auf der Stelle gesund werden und uns angreifen könnten, also beschloss auch ich, mir keine unnötigen Sorgen zu machen. Schließlich hatte ich ohnehin schon genug. Sawyer sprang ins Wasser. Die spritzenden Tropfen lockten mich. Mühsam kroch ich zu ihm.
„Was tust du denn da?“ Sawyer stand bis zur Hüfte im Wasser und bespritzte sich den Oberkörper, rieb seine Arme, um das getrocknete Blut und den Schmutz abzuwaschen.
„Ich muss mich waschen.“
„Steh auf.“
„Aber mein…“ Ich hielt inne und warf einen finsteren Blick auf mein zerfleischtes Bein. Es schien mit Lichtgeschwindigkeit zu heilen.
Ich kroch rückwärts, als wollte ich mich von diesem Ding distanzieren, das so unheimlich rasant zusammenwuchs. Aber ich konnte es nicht abhängen, es war ein Teil von mir. Ich verrenkte mir fast den Kopf, um einen Blick auf meine zerbissene Schulter zu erhaschen. Sie war zu blutverkrustet, um ganz sicher zu sein, aber die Wunde schien verschwunden.
„Was zum Teufel?“, flüsterte ich.
„Gestaltwandler sind nicht so leicht zu töten.“ Ganz sachlich sagte er das. Dabei erzählte er mir eigentlich auch nichts Neues, außer…
„Wann wurde ich denn zur Gestaltwandlerin?“
„Letzte Nacht“, sagte er bloß und tauchte dann ein in die Fluten.
Eins nach dem anderen; ich gesellte mich zu Sawyer. Irgendwie funktionierte mein Kopf noch nicht richtig. Von überall her schnappte ich Gerüche auf, die mich irritierten. Blut, Tod, Kojoten. Wie lange würde das wohl andauern?
Es gab so viele Dinge, die mich beschäftigten, doch keins davon konnte ich lange genug im Kopf behalten. Also tauchte ich in den kühlen See und hielt mich ein wenig abseits von Sawyer. Zweifellos war er die Ursache für meine Veränderung. Ich wollte ihm nicht die Möglichkeit geben, mich noch einmal zu verändern.
Als ich endlich alle Spuren des Kampfes abgewaschen hatte, hatte Sawyer die Kojoten bereits in den Wald geschleift. Ich fragte mich zwar kurz nach dem Grund, aber solange ich sie nicht mehr sehen musste, war es mir eigentlich egal.
Ich kam aus dem Wasser und benutzte sein Handtuch; die Feuchtigkeit des Handtuchs, mit dem er über seinen Körper gerieben hatte, erregte mich. Ich musste unaufhörlich an die letzte Nacht denken; es kam mir vor wie ein Traum, und doch wusste ich, dass es keiner gewesen war.
Irgendwie fühlte ich mich seither innerlich weniger zerrissen. Gestern noch wäre es mir nicht im Traum eingefallen, nackt durch das Lager zu
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