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Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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konnte Menschen und auch Un-Menschen berühren und sah dann Dinge – wo sie gewesen waren, was sie getan hatten. Aber ich konnte nicht alles sehen.
    Situationen, in denen es um starke Gefühle ging: Liebe, Hass, Freude, Angst – die kamen am schnellsten und waren auch am stärksten. Oft stellte ich eine Frage und konnte dann bei der Berührung mit der Hand die Antwort gewissermaßen hören .
    Aber nicht heute.
    Bei dem Jungen sah ich Summer nicht. Stattdessen erschlug mich die Erinnerung an den Kampf mit dem Löwenmann.
    Luther trainiert in der Wüste. Er rennt, rollt sich ab, tritt und springt. Plötzlich aber hält er inne, weil der Wind in seinem Haar raschelt. Und Ruthies Stimme flüstert: Barbas .
    Ich hatte mir schon gedacht, dass der Mann, der mich beim Duschen gestört hatte, ein Löwengestaltwandler gewesen war, aber davon gab es verschiedene Arten.
    Dies hier war die gleiche Art, die Luthers Eltern getötet hatte, die gleiche Art wie Luthers Mutter. Das war kein Zufall. Nicht in meiner Welt.
    Die Erinnerung setzte sich fort, und solange Luther mich ließ, sah ich zu.
    Das Brüllen des Barbas zerriss plötzlich die eben noch windstille Luft. Luthers sonst braune Augen loderten jetzt golden. Er wandte den Kopf zu Sawyers Haus, als der Mann auftauchte, die Kleider abwarf und seine wahre Gestalt annahm.
    Ich erwartete, dass Luther nach einem Messer, einem Speer oder – am besten – nach einem Gewehr greifen würde, um diesen Kerl zu erledigen. Stattdessen zog sich Luther ebenfalls aus und verwandelte sich.
    Sie gingen wie die Löwen im Reich der wilden Tiere aufeinander los. Rasend vor Wut, es gab nur noch Fauchen, Klauen und Zähne. Blut und Speichel flogen. Furchtbare Wunden klafften in ihren Seiten. Stücke von Fell und Fleisch fielen mit dumpfen Geräuschen zu Boden.
    Ich riss meinen Arm von Luthers los und hob den Blick, um ihn anzusehen.
    Luther starrte mich an. Trotz seiner Jugend wirkten seine Augen uralt. Für einen Moment flackerten sie golden: Der Löwe in ihm fixierte mich. „Genug gesehen?“
    Seine Stimme glich einem Knurren, zur Hälfte dem eines wilden Tieres und zur anderen Hälfte dem eines Mannes. Ich blinzelte, und wieder war er nur noch ein Junge. Groß und schlaksig, wirkte er so ungeschickt, dass man ihm nicht viel mehr zutraute, als über seine eigenen großen Füße zu stolpern. Aber ich hatte ihn in seiner menschlichen Gestalt kämpfen sehen und wusste sehr gut, dass dieser Eindruck täuschte.
    „Du hättest ihn erschießen können“, sagte ich. „Silber plus Gestaltwandler, das gibt Asche.“
    „Nicht bei einem Barbas. Wundert mich, dass du das nicht weißt.“
    „Ich war ein bisschen beschäftigt“, murmelte ich, aber er hatte vollkommen recht. Es war mein Job, das zu wissen. Als ich das Wort Barbas zum ersten Mal gehört hatte, hätte ich herausfinden müssen, wie man einen umbringt. „Klär mich auf.“
    Für einen Augenblick dachte ich, er würde sich weigern. Seit ich aus L.A. zurück war, benahm er sich, als könnte er meinen Anblick kaum ertragen, als würde er mir weniger vertrauen als einer Fremden. Ich konnte ihm nicht einmal einen Vorwurf daraus machen. Er hatte mich erlebt, bevor Sawyer und Jimmy es geschafft hatten, mein neues und gar nicht so verbessertes Ich mit dem edelsteinbesetzten Halsband unter Kontrolle zu bringen. Das war ziemlich unschön gewesen.
    Der Junge griff in seine Tasche und zog eine weiße Blume mit ein paar zerknitterten grünen Blättern heraus. „Nieswurz.“ Ich runzelte lediglich die Stirn, und er fuhr fort. „Eine Pflanze, die in der Hexerei benutzt wird, um Dämonen zu beschwören. Insbesondere, wenn es um Dämonen von Barbas geht.“
    „Du hast das Ding hergeholt? Mit Absicht?“ Meine Stimme kletterte immer höher und brach beim letzten Wort.
    „Glaubst du denn, ich war nur zum Spaß da draußen?“ Mit seinem langen Arm machte er eine ausladende Bewegung und hätte mich mit seiner riesigen Hand dabei fast an der Nase getroffen. „Ganz allein?“
    Ich wusste nicht, was ich glauben sollte. „Warum solltest du …?“
    „Es ist besser, wenn ich ihnen unter meinen Bedingungen entgegentrete. Genau hier. Wenn ich bereit für sie bin. Einer nach dem anderen. Besser, als wenn sie sich in der Gruppe anschleichen.“
    Die Worte wie sie sich an meine Eltern angeschlichen haben blieben ungesagt.
    Ich dachte darüber nach. Dieses Szenario gefiel mir wesentlich besser als die Vorstellung, dass der Barbas Luther auf Sawyers Grundstück

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