Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
irgendwie aufgespürt hatte. Dieser Ort sollte durch Sawyers Zauber vor neugierigen Blicken geschützt sein.
Erst als ich mit einem langen, erleichterten Seufzer ausatmete, merkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte.
„Sie haben mich die ganze Zeit gesucht.“
Wieder stockte mir der Atem in der Brust. „Bitte?“
„Ich habe es immer gewusst.“ Er steckte die Nieswurz in die Tasche zurück. „Ich habe mich immer beobachtet gefühlt. Wenn das Gefühl zu stark wurde, bin ich weggelaufen. Ich dachte schon, ich wäre paranoid, aber wie man so schön sagt: Wenn sie wirklich hinter dir her sind, bist du nicht paranoid.“
„Warum sind sie denn hinter dir her?“
„Ich hab sie nicht gefragt. Ist mir auch egal. Sie haben meine Familie getötet. Sie werden sterben. Ende der Geschichte.“
Das klang so sehr nach Jimmy, dass mir die Kinnlade herunterklappte. Wenn der Junge weiterhin Dämonen in die Falle lockte und sie einfach so in Staub aufgehen ließ, würde ein zweiter Jimmy aus ihm werden – der beste Dämonenjäger der Föderation. Das war gar nicht mal so übel, wenn man bedachte, wie klein der Kreis der verfügbaren Dämonenjäger geworden war.
„Jetzt, wo ich weiß, wer sie sind“, fuhr Luther fort, „und auch weiß, dass ich nicht verrückt bin, wenn ich Böses fühle, Sachen sehe oder höre, jetzt da ich weiß, wie ich sie töten kann …“ In seinen Augen flackerte wieder eine goldene Wut auf. „Jetzt plane ich es.“
Er hob das Kinn, als erwartete er einen Einwand von mir. Aber ich sagte nichts. An der Vorstellung, ihn allein hinauszuschicken, hatte ich hart zu schlucken. Aber ich schluckte es. Mir blieb ja keine Wahl.
Außerdem hatte der Junge jetzt Ruthie. Streng genommen war ich in größerer Gefahr als er.
„Du hast ihn also mit Nieswurz hergelockt?“ Luther nickte. „Aber wie hast du ihn getötet?“
Luther grinste. Aus ihm würde einmal ein verdammt gut aussehender Mann werden – wenn er lange genug überlebte. „Nieswurz ruft sie nicht nur herbei, sondern kann sie, richtig eingesetzt, auch umbringen.“
„Und wie wird sie“ – ich malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft – „richtig eingesetzt?“
„Die Pflanze in Öl kochen, dann die Spitze einer Waffe in den Saft tunken. Bamm!“ Er schlug sich mit der riesigen Faust in die ebenso große Handfläche und öffnete dann die Hände. „Zisch.“
„Woher hast du diese Informationen?“
Es gab eine nagelneue Föderationsdatenbank, in der Dämonenjäger und Seher eintragen konnten, was sie bei ihren persönlichen Begegnungen über die Nephilim herausgefunden hatten. Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, Luther den Code dafür gegeben zu haben.
„Sawyer“, sagte er kurz.
„Hmmm“, murmelte ich. Das überraschte mich nicht. „Du weißt also, wo er ist?“
Der Junge runzelte die Stirn. „Ich dachte, er wäre bei dir.“
„Das höre ich in letzter Zeit ständig.“
„Häh?“
„Vergiss es. Du hast also eine Waffe in gekochtes Nieswurzöl getunkt. Was für eine Waffe?“
Luthers Lächeln war dünn und nur ein kleines bisschen unheimlich. „Mich selbst.“
16
I ch hatte zum Berg hinaufgesehen und mich gefragt, ob Sawyer noch immer da oben war. Doch beim letzten Wort des Jungen fuhr ich herum. „Was?“
„Für den Zauber brauchte ich eine Waffe aus Wut, getränkt in Nieswurz.“
„Eine Waffe aus Wut könnte alles Mögliche sein.“
„In diesem Fall war ich die Waffe. Ich habe mich am ganzen Körper mit Nieswurz eingerieben.“
„Verdammt, Luther!“ Ich rang die Hände, um dem Jungen nicht an die Gurgel zu gehen. „Du hättest dabei draufgehen können.“
„Bin ich aber nicht.“
„Mach das nicht noch mal.“
Sein Gesichtsausdruck wurde störrisch – ließ ihn in wenigen Sekunden von dem starken, erwachsenen Mann wieder zu einem missgelaunten kleinen Jungen werden. „Ich will tun, was ich tun muss. Scheint mir wesentlich sicherer zu sein, ein Bad in Nieswurz zu nehmen, als irgendeine Waffe darin zu tränken und zu hoffen, dass man diese Waffe genau dann zur Hand hat, wenn ein Barbas auftaucht. Auf diese Weise war ich immer bereit.“
Der Junge dachte wie ich, daher konnte ich ihm schlecht widersprechen. Das Wissen, dass er beim nächsten Mal geschützt war, wenn ein Barbas versuchen würde, ihn umzubringen, nahm mir einen kleinen Teil der Last von den ohnehin schon überladenen Schultern.
„Ich wüsste zu gerne, warum sie noch immer hinter dir her sind“, überlegte
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