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Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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alle tot.
    Sie fuhr mit einem langen, spitzen – ziemlich Fu-Manchu-mäßigen – Fingernagel über den Berglöwen, der auf Sawyers Brust tätowiert war. Dann rieb sie ihre Hand in dem hervorquellenden Blut und freute sich darüber wie ein Kind, das gerade die Fingerfarbe entdeckt hat. Sie presste die Handfläche auf seinen Bauch und hinterließ diesmal ein farbiges, noch grausigeres Brandzeichen.
    „Mmmm.“ Sie legte den Kopf schief, als würde sie jemandem lauschen, obwohl es im Raum so still war wie im Auge des Orkans. „Mehr.“
    Sie hatte ihm den Hals aufgeschlitzt, bevor ich die Bewegung überhaupt hatte wahrnehmen können, und hielt nun beide Hände unter das ausströmende Blut. Dann begann sie tatsächlich, Sawyers Körper wie mit Fingerfarben über und über zu bemalen.
    Sawyer, der reglos dagestanden hatte – wie ein Kaninchen im Scheinwerferlicht eines Autos – , packte meine Mutter jetzt mit beiden Händen. Ich dachte, er würde sie aus dem Fenster schmeißen, sie gegen die Wand schleudern, sie zu Boden werfen und auf ihrem Kopf einen Regentanz aufführen. Aber wir brauchten sie doch noch – zumindest bis wir den Schlüssel hatten.
    Mein Mund formte das Wort Nein! Aber ich kam gar nicht dazu, es auszusprechen. Es blieb mir im Hals stecken und schnürte mir die Luft ab, während Sawyer ihr die Hand in den Nacken legte. Ein kräftiger Ruck und …
    Stattdessen hob er sie aber nur auf die Zehenspitzen und küsste sie leidenschaftlicher, als er mich jemals geküsst hatte.
    „Verstehst du jetzt, warum ich immer denke, dass es Sawyer ist?“, raunte mir Jimmy zu.

 
    25
    W as zum Teufel soll das?“, fragte ich und ging auf sie zu.
    Jimmy hielt mich mit der Schulter zurück. „Er ist einer von ihnen.“
    Ich blieb stehen. „Ein Wiedergänger?“
    Sawyer sah weder tot noch auferweckt noch sonst wie aus. Er sah einfach nur so aus wie Sawyer. Heißer als die Hölle. Sogar wenn er meine … ich schluckte hart. Sogar wenn er meine Mutter küsste .
    „Nein“, murmelte Jimmy. „Kein Wiedergänger.“
    Und erst als mich eine Welle der Erleichterung durchflutete, wurde mir klar, dass mir der Gedanke an Sawyers Tod den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.
    Obwohl der Tod heute auch nicht mehr dasselbe war wie früher.
    „Wir hätten es wissen müssen, als es hieß, auf diesem Ort läge ein Zauber“, sagte Jimmy.
    „Nur weil es einen Zauber gibt, müssen wir also automatisch denken, dass er von unserem Lieblingszauberer ausgesprochen wurde?“
    „Mein Liebling ist er nicht gerade“, raunte Jimmy. „Aber … zum Teufel, ja.“
    Ich konnte meine Augen nicht von Sawyer und dem Phönix abwenden. Die beiden gingen richtig zur Sache. Sie küssten und streichelten sich, rieben sich aneinander wie Katzen in einem Katzenminzefeld. Die Wunde an seinem Hals hatte sich geschlossen, aber das Blut, das sie beide bedeckte, ließ sie wie Figuren aus einem Buch von Anne Rice aussehen – bevor sie zu Jesus gefunden hatte. Ich wollte den Blick unbedingt abwenden, aber aus irgendeinem Grund konnte ich es nicht.
    Meine Mutter löste ihren Mund von Sawyers.
    „Tote zu erwecken macht mich so …“ Sie beugte sich vor und umfuhr Sawyers Lippen mit ihrer blutroten Zunge, als versuchte sie, die letzten Tropfen aus einer Eiswaffel aufzufangen. „Wie heißt noch mal das Wort, Liebster?“
    „Geil“, sagte Sawyer.
    „Okay“, ich schrie fast, „ich komme hierher, um in dem Krieg, der alle Kriege beenden wird, die Seiten zu wechseln, ich bringe meinen besten General mit, und ihr treibt es hier in voller Montur in der Eingangshalle?“
    „Bringt es zum Schweigen“, befahl der Phönix.
    Die Wiedergänger setzten sich in Bewegung.
    „Och nein“, sagte ich. „Willst du wirklich, dass wir sie alle zu Staub zerfallen lassen, wo du dir doch gerade erst die Mühe gemacht hast, sie auferstehen zu lassen?“
    Der Phönix, dessen Mund schon wieder über Sawyers Mund schwebte, hielt inne, als höre er zu. Aber nicht mir. Sein Blick schweifte in die Ferne, er nickte, schüttelte den Kopf und murmelte dann. „Ja, okay.“
    Ich wandte meine Aufmerksamkeit Jimmy zu, der die Augenbrauen hob und die Lippen verzog. Das war eine Art Schulterzucken mit dem Gesicht.
    Meine Mutter ließ von Sawyer ab, wandte sich dann jedoch nicht uns zu, sondern ging in eine freie Ecke des Raumes und setzte ihr hübsches, ausführliches Selbstgespräch fort. Das meiste davon konnten wir allerdings nicht hören, weil es nur in ihrem Kopf stattfand. Den

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