Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
ich schwören können, dass Sawyer mich aus ihnen anblickte. Ich fröstelte.
»Sie ist klatschnass«, sagte Luther.
Ich schüttelte das unheimliche Gefühl ab. »Wieso?« Ich griff in den Laufstall und berührte sie am Arm und am Bauch. Faith kicherte und strampelte. Versuchte sie etwa, niedlich zu sein? Ich brauchte ihr fröhliches Glucksen nur zu hören, um selbst glücklich zu sein.
»Die Windel, Liz.« Luther reichte mir eine frische aus der Packung, die auf dem Bett lag.
Ich schob sie zu ihm zurück. »Tu dir keinen Zwang an.«
»Vergiss es.« Er warf die Windel in die Luft, sodass mir nur die Wahl blieb, sie aufzufangen oder vom Boden aufzuheben. Ich fing sie.
»Ich weiß nicht genau, wie … «
»Das ist gar nicht so kompliziert.«
Das war es wirklich nicht. Runter mit der alten, und drauf mit der neuen. Die größere Hälfte nach hinten, und dann die klebrigen Streifen an der richtigen Stelle befestigen. Und ratzfatz hat man ein sauberes, trockenes Baby.
»Hätte gar nicht gedacht, dass du das draufhast.« Megans Stimme kam aus dem Flur.
»Das ist ja auch weniger kompliziert, als ich dachte«, sagte ich. Luther schnaubte.
»Wä-hä-wääh!« Faiths Gesicht färbte sich rot. In fieberhafter Eile nahm ich sie auf den Arm. Sie zupfte an dem hauchdünnen gelben Mieder, das ich zu diesem besonderen Anlass angezogen hatte.
»Hier.« Megan hielt mir ein Fläschchen mit Milchnahrung hin. »Da, wo sie sucht, wird sie wohl kaum etwas finden.«
Ich sah an mir herab. Ganz klar, das Baby versuchte alles, um meine Brust aus dem Oberteil zu befreien. Wie der Vater, so die Tochter – in mehr als einer Hinsicht. »Woher weiß sie das?«
»Du wärst überrascht, was sie alles weiß.«
»Aber hätte sie dafür nicht irgendwann mal gestillt worden sein müssen?«
»Bei einem Menschenbaby würde ich sagen, ja, aber bei ihr … « Megan hob eine Schulter und ließ sie wieder sinken. Faith sah das Fläschchen und hechtete darauf zu. Wieder hätte ich sie fast fallen gelassen.
Luther nahm Faith und das Fläschchen. Er hielt das Baby in einem Arm und steckte ihm den Sauger in den Mund. Dann setzte er sich auf eines der Betten der Zwillinge, das mit einer Green-Bay-Packers-Tagesdecke überzogen war. In seinen riesigen Händen sah Faith geradezu winzig aus.
»Wolltet ihr euch davonschleichen, ohne euch zu verabschieden?«, fragte Megan.
Ich hatte allerdings mit diesem Gedanken gespielt. Von Abschieden bekam ich Ausschlag. Allerdings …
»Du hattest die Säuglingsnahrung.«
»Ich bin doch nicht blöd.« Megan lächelte. Sie kannte mich besser als irgendjemand sonst. »Hier.« Sie hielt mir eine riesige Handtasche aus Jeansstoff hin.
»Scheußlich!« Ich winkte ab. »Außerdem habe ich nicht viel für Handtaschen übrig.« Sie neigten dazu, im Weg zu sein, wenn ich einem Dämon in den Arsch treten wollte.
Megans Mundwinkel hoben sich. »Das ist eine Wickeltasche, Liz.«
»Oh.« Ich nahm sie entgegen. »Danke.«
»Ich habe alles hineingetan, was ich noch hatte. Milchnahrung, Flaschen, eine Flaschenbürste, Feuchttücher, Stoffwindeln, Lätzchen, Handtücher, ein paar Waschlappen.«
Ich hob die Hand. »Braucht sie das alles denn wirklich?«
»Und noch mehr.« Megan zog einen Rollkoffer hervor.
Wann hatte sie diesen ganzen Kram bloß zusammengepackt? In den letzten beiden Stunden hatte sie fast dreißig Leute unterhalten. Diese Frau hörte tatsächlich nie auf, mich zu überraschen.
»Was ist da drin?«, fragte ich. »Winzige Diademe, klitzekleine High Heels, Mini-Miniröcke?« Dieses Kind würde gewiss Diva-Allüren in epischen Dimensionen entwickeln.
»Kleidung, Liz. Sie kann doch nicht nur in einer Windel herumlaufen.«
»Sie kann überhaupt nicht herumlaufen.«
»Du weißt schon, was ich meine.«
Ich wusste es wirklich nicht.
»Faith ist ein Baby«, sagte ich. »Es macht ihr überhaupt nichts aus, nackt zu sein. Wahrscheinlich ist es ihr sogar lieber.«
»Man trägt Kinder nicht einfach nur mit einer Windel bekleidet durch die Gegend. Ganz besonders kleine Mädchen nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil kleine Mädchen wahre Magneten für Kleidung sind. Jeder, der etwas Hübsches zum Anziehen für sie findet, kauft es und bringt es ihnen mit. Ihre Kleiderschränke sehen aus, als wäre ein Klamottenladen explodiert.«
»Nur weil ein Kind achttausend Röcke hat, heißt das noch lange nicht, dass es sie auch tragen muss.«
»Nein, aber irgendetwas muss sie doch tragen. Sonst fällst du auf. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher