Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
war, Unwahrheiten glaubwürdig zu konstruieren, konnte ich Megan Murphy doch nichts vormachen.
»Und weiter?«, fragte sie.
Ich machte große Augen. »Sie haben sich die Hand gegeben.« Megan zog eine Braue hoch. »Sie haben sich auf die Schulter geklopft, über Sport gequatscht, und dann hat Quinn einen Playboy rausgeholt, und sie haben das Aktfoto in der Mitte ausgeklappt und zusammen angesehen. Sie wollten sich gerade ein Bier holen und dann ein bisschen Spucken üben. Sie haben jetzt wirklich Freundschaft geschlossen.«
Megans Augenbrauen zogen sich zusammen. Scheiße. Warum hatte ich nicht die Klappe halten können? Ausführlichkeit machte eine Lüge nicht besser. Weniger war mehr, und ganz besonders, wenn es um Schwachsinn ging.
»Wir sollten nach unten gehen.« Quinn setzte sich in Bewegung. »Ich habe versprochen, mich um die Getränke zu kümmern. Bei dieser Hitze werden die Leute sicher Durst haben.«
Megan öffnete den Mund, um zu widersprechen, und ich verspannte mich. Wenn sie mir lange genug zusetzte, würde ich alles ausplaudern, da wäre ich machtlos. Aber gerade als Quinn den Treppenabsatz erreichte, blieb er mit der Schuhspitze am Teppich hängen und stolperte.
Luther und ich machten einen Satz auf ihn zu, aber Megan war näher dran und schaffte es, ihn von den Stufen zurückzureißen, bevor er einen Sturzflug hinlegte.
»Wow.« Er lehnte sich leicht gegen sie. Es sah aus, als würde er zittern. »Danke.«
Interessant, wie anders sich Quinn in Megans Gegenwart verhielt. Seine Sprache wirkte jetzt moderner und weniger formell, und sein Akzent war, ebenso wie seine Anmut, vollkommen verschwunden.
»Pssst, Fitzpatrick.« Megan gab ihm einen Klaps zwischen die Schulterblätter. »Spuck das Kaugummi aus, damit du laufen kannst.«
»Ja«, und er lachte schwach. »Gute Idee.«
Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter. Megan schien ihren Verdacht völlig vergessen zu haben – worin auch immer er bestanden haben mochte.
Sie erreichten den Fuß der Treppe, und Megan verschwand um die Ecke in Richtung Küche. Quinn sah sich zu mir um und zwinkerte.
An den Maßstäben einer Neunjährigen gemessen war die Party ein voller Erfolg. Jede Menge rosafarbene Ausbeute. Aus zwei Lautsprechern an den rückwärtigen Fenstern dröhnte Musik, die einen in den Wahnsinn treiben konnte. Es gab Pizza bis zum Erbrechen (wörtlich), dazu Limo, um den Pizzageschmack herunterzuspülen, gefolgt von ausreichend Kuchen mit rosafarbenem Zuckerguss, damit auch wirklich jeder Bauchschmerzen bekam.
Faith schlief trotz des Lärms durch. Ich stopfte Essen in mich hinein, bis ich fast platzte. Schließlich war nicht abzusehen, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit haben würde, etwas zu essen.
Gegen eins war aus dem Babyfon, das ich mir fast die ganze Zeit über ans Ohr gepresst hatte, ein Murmeln zu hören. Mein Blick fiel auf Luther. Er hatte so viel Zuckerguss auf seiner Oberlippe, dass er schon aussah wie aus der Die-Milch-macht’s -Kampagne entsprungen.
Solche Momente führten mir wieder vor Augen, wie jung Luther wirklich war – zwar wusste ich es nicht genau, aber er war noch kein Mann, ganz gleich, wie sehr er einer sein wollte. Sicher war er reifer als die meisten Jungen in seinem Alter – wenn man in Pflegefamilien oder ganz auf sich allein gestellt lebte, trug das seinen Teil dazu bei. Aber nach den Maßstäben meiner Welt war er doch immer noch ein Kind.
Ich fand es furchtbar, ein Kind in den Kampf zu schicken. Und ich fand es ebenso furchtbar, dass ich ohne Zweifel noch viele weitere von ihnen auf die gleiche Mission schicken musste. Dass es in der Regel die Kinder waren, die am meisten unter den Auswirkungen des Krieges litten, machte es für mich kein Stückchen leichter. Etwas Schlimmes wurde nicht dadurch besser, dass auf der anderen Seite noch Schlimmeres geschah.
Ich wedelte mit dem Babyfon und deutete mit dem Kopf in Richtung Haus. Luther nickte. Ich hatte ihm gesagt, dass wir aufbrechen würden, sobald Faith erwachte.
Wir schlüpften hinaus. Niemand schien davon Notiz zu nehmen. Die Kinder spielten unter Quinns Anleitung Partyspiele. Er ging richtig toll mit ihnen um. Megan räumte währenddessen auf und servierte eine zweite und dann sogar noch eine dritte Ladung Kuchen.
Als wir die Treppe hinaufeilten, schwoll Faiths Gemurmel zu einem Weinen an, das in dem Augenblick aufhörte, als sie uns sah. Der ernste Blick aus ihren grauen Augen ruhte auf meinem Gesicht. Für einen Moment hätte
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