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Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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meiner Nase für schmerzhaft gehalten hatte, dann hatte ich mich geirrt. Im Vergleich zu dem hier war das ein Mückenstich gewesen.
    Wenigstens war der Junge schnell. Weniger als eine Minute später klirrte die Kugel im Waschbecken, dann drückte er ein weiteres Stück alkoholgetränkten Mull auf die Wunde. Ich fluchte vor mich hin, bis die hellen Lichtblitze am Rande meines Gesichtsfeldes verschwanden.
    Luther griff nach einer Mullbinde, doch ich hob abwehrend die Hand. Da gab es doch noch eine bessere Möglichkeit.
    Der erste Tod meiner Mutter hatte mir das Leben geschenkt. Es gab immer nur einen Phönix auf der Welt, und der wurde aus der Asche seines Vorgängers geboren. Aber eine Kombination aus schwarzer und weißer Magie hatte meine Mutter in der Schwebe gehalten  – so war sie zwar tot genug, dass ich geboren werden konnte, aber mit dem Versprechen in der Tasche, wieder zum Leben erweckt zu werden, wenn sich das Jüngste Gericht dem Armageddon näherte. Durch diese Magie hatte sie ihre Kräfte behalten, und ich hatte gar nichts von meinem Erbe gewusst.
    Doch jetzt war ich der Phönix. Unter anderem. Ich sollte also in der Lage sein, mich ohne die Hilfe des Tattoos in einen Feuervogel zu verwandeln. Aber alte Gewohnheiten wird man nur schwer wieder los, und obwohl ich meiner Mutter in vielerlei Hinsicht ähnlich war, wollte ich doch überhaupt nicht so sein wie sie.
    Also legte ich meine Handfläche auf das Tattoo in meinem Nacken. Die Veränderung kam wie ein Winterwind über mich und nahm mir den Atem. Der auflodernde Blitz war so hell, dass ich die Augen schloss. Mein Körper wurde erst kalt und dann heiß. Meine Knochen verformten sich, aus meinen Füßen wurden Klauen, aus den Armen Flügel. Aus meiner Haut wuchsen bunt leuchtende Federn. Sie kitzelten mich.
    Als ich die Augen öffnete, war ich ein Phönix. In dieser Gestalt konnte ich fliegen. Ich hatte das Feuer unter meiner Kontrolle und konnte selbst nicht verbrennen. Mit Sicherheit hatte ich noch viel mehr Fähigkeiten, aber ich war erst seit ein paar Wochen ein Phönix. In diesem Moment interessierte mich keine meiner Begabungen außer der Selbstheilung  – und die fand allein durch die Verwandlung statt. Also konzentrierte ich mich, nur wenige Augenblicke nachdem ich ein Phönix geworden war, auf ein Bild von mir selbst und verwandelte mich wieder zurück.
    Ich war allein im Bad  – und nackt. Denn bei meiner Verwandlung zum Vogel war meine Kleidung zu Boden gefallen. Ich schnappte mir ein Handtuch und warf im Spiegel einen kurzen Blick auf die Schusswunde. Bis auf das Blut gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass sie jemals da gewesen war.
    Auf einen Blitz im Schlafzimmer hin steckte ich den Kopf durch die Tür, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Luther das Laken aus seinem Bett riss und sich damit bedeckte. Ich zog den Kopf wieder zurück.
    »Geht’s deiner Nase gut?«
    »Jetzt ja.«
    Ich schloss die Tür und ging unter die Dusche, wo ich das Wasser über mich hinwegströmen ließ, bis es klar wurde. Als ich fertig war, tauschten Luther und ich die Plätze.
    Kätzchen-Faith war immer noch völlig verstört. Ich zog meine Version eines Schlafanzugs an: T-Shirt und Shorts. Als Luther aus dem Badezimmer kam, hielt er die Kugel in der Hand.
    »Silber?«, fragte ich.
    Er nickte. »Ich weiß immer noch nicht, ob sie nun sehr viel oder sehr wenig Ahnung hatten.«
    »Was meinst du?«
    »Sie wussten, was wir sind«, sagte Luther langsam. »Deshalb haben sie eine Silberkugel mitgebracht, Kava-Kava für mich und goldene Ketten für dich. Aber sie wussten nichts über Faiths  … Fähigkeit.«
    »Was doch bedeutet«, setzte ich seinen Gedankengang fort, »dass sie nicht wegen Sawyer hinter ihr her sind.«
    Schweigend dachten wir darüber nach.
    »Vielleicht«, murmelte Luther, »sind sie wegen ihrer Mutter hinter ihr her.«
    »Wer auch immer das sein mag. Aber warum sollte sie Menschen schicken? Das ist ja fast so, als würde man einen Guppy auf einen Hai hetzen.«
    »Die haben uns den Arsch aufgerissen.«
    »Du hast anscheinend eine andere Vorstellung von Arsch aufreißen als ich.«
    »Wir haben Brüche, Blutverlust und eine Schusswunde einstecken müssen. Sie nicht.«
    »Wir sind am Leben.«
    »Die aber auch.« Luther legte die Kugel auf der Kommode ab. »Sie hätten uns töten können, wenn sie gewollt hätten.«
    »Mich nicht.«
    Luther warf einen kurzen, wachsamen Blick in den Spiegel an der Wand. Die einzigen Personen auf dieser Welt, die

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