Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
Federkleid gesprossen und neue Haut gewachsen war. Vom Fliegen schmerzten mir die Schultern ein bisschen.
Mein Magen knurrte, und hinter meiner Stirn begannen die Koffeinentzugs-Kopfschmerzen zu hämmern. So war ich nicht auf der Hut, als ich ohne Handtuch zurück ins Zimmer kam. Meine einzige Warnung war ein leichtes Flattern in der Luft.
Ich rammte meinen Ellbogen nach hinten. Der Schlag hätte das, was sich da an mich herangeschlichen hatte, gegen die nächste Wand schleudern müssen, wenn nicht sogar durch sie hindurch. Stattdessen wurde mein Ellbogen so fest gepackt, dass die Knochen darin knirschten, und ich wurde wie ein Kreisel herumgewirbelt. Bereits einen Moment, bevor meine Augen ihn sahen, erfasste meine Nase seinen Duft – Zimt und Seife.
»Sanducci«, fauchte ich.
Jimmy legte die Arme um mich, wobei er mit einer Hand meine beiden Handgelenke umfasste und sie hinter meinem Rücken festhielt.
»Wirst du handgreiflich werden, Lizzy?«
Ich stieß mit der Brust gegen sein dünnes, verwaschenes T-Shirt – was in spitz zulaufenden, roten Buchstaben darauf gedruckt stand, konnte ich so schnell nicht lesen. Seine Fingerknöchel lagen auf der Wölbung meines Pos, und sein Mund schwebte nur wenige Zentimeter über meinem, da konnte ich nicht anders als zu flüstern: »Hättest du das gern?«
Verlangen flackerte in seinen Augen auf. Das war zwischen uns schon immer so gewesen. Eine Berührung, ein Wort, ein Atemhauch – und wir waren verloren.
Sein Hals war mir so nah, dass mich die Wärme seiner Haut förmlich anzog und es unmöglich machte, mein Gesicht nicht in seine Halsbeuge zu drücken und einfach nur zu atmen. Mit seinem Duft strömten Erinnerungen auf mich ein – der erste Kuss, die erste Liebe, das erste Mal. All das.
Dieser Duft stand auch für Betrug und Liebeskummer, für Misstrauen, Mord und Totschlag. Jimmy war gleichzeitig Gefahr und Sicherheit, Hass und Liebe, Gewalt und die erste Sanftheit, die ich bei einem Mann kennengelernt hatte. Solange ich lebte, würde ich bei dem Geruch von erhitzter Haut und frischer Seife und bei dem Geschmack von heißem Zimttoast an Jimmy Sanducci denken müssen.
Seine Wange berührte mein Haar. Mit dem Daumen streichelte er die Spitze meines Steißbeins, und ich konnte nicht anders und leckte an seinem Hals.
Ohne Vorwarnung stieß er mich mit der Schulter gegen den Türpfosten. Ich konnte mich gerade noch daran festhalten, bevor ich mit dem Rückgrat oder dem Hinterkopf dagegenschlug.
»Ich mag meine Halsschlagader genau so, wie sie ist«, sagte er, »geschlossen.«
Ich sparte mir die Mühe, ihm zu erklären, dass ich gerade eben viel mehr daran interessiert gewesen war, ihn zu küssen, als ihn umzubringen. In diesem Augenblick traf das nämlich schon nicht mehr zu.
»Vampire, die in Blockhütten sitzen, sollten nicht mit brennenden Holzscheiten werfen«, murmelte ich.
Er runzelte die Stirn. »Was?«
Okay, das ergab zwar nicht allzu viel Sinn, aber trotzdem …
»Würdest du nicht mit dem Schwanz denken, hättest du die Anspielung kapiert.« Er sah mich immer noch verständnislos an. »Glashäuser und Steine, du Dumpfbacke. Du bist ein Vampir, genau wie ich.«
»Ich hab aber nicht an deinem Hals geleckt«, sagte er.
»Nein, du warst viel zu beschäftigt damit, mir am Hintern rumzufummeln.«
Ich ging quer durchs Zimmer, wobei ich seinen Arm im Vorbeigehen absichtlich mit meinen Brüsten streifte, und setzte mich aufs Bett. Ich machte mir nicht erst die Mühe, mir etwas anzuziehen. Er hatte das alles schon gesehen. Ich wollte ihm in Erinnerung rufen, was er vielleicht nie wieder sehen würde, wenn er so weitermachte. »Was tust du hier?«
»Das Gleiche wie du.«
Irgendwie hatte ich daran so meine Zweifel.
»Ich habe nieman…« Ich brachte den Satz, dass ich niemandem gesagt hatte, was ich tat, nicht zu Ende, denn ich hatte es doch jemandem gesagt. »Ich werde Luther in seinen knochigen Arsch treten.«
Jimmy ließ seinen Blick an meinem Hals hinabgleiten. Dann versteifte er sich, wandte sich ab und schlenderte zu der immer noch offen stehenden Balkontür hinüber. Ich unterdrückte ein süffisantes Grinsen. Er konnte mir nicht widerstehen. »Es war nicht Luther«, sagte er.
»Ruthie.« Er antwortete nicht, denn dies war auch keine Frage gewesen. »Was hat sie dir gesagt?«
»Dass ich meinen Hintern hierherbewegen soll, bevor sie ihn mir mit dem Paddel versohlt.«
Ruthie drohte uns noch immer, als wären wir Kinder. Dabei waren wir
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