Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
Spaß daran fand, Tokio niederzutrampeln, so lange weitertrampeln, bis wieder Vollmond war und Jimmy und ich stark genug wären, um es zu töten.
Außerdem wurde der Vampir, wenn er nur in einer einzigen Nacht rausdurfte, immer stärker und bösartiger, und wenn er dann losgelassen wurde, konnte er nur noch mit einer sehr mächtigen Magie unter Kontrolle gebracht werden. Jene Art von Magie nämlich, über die nur wenige Wesen verfügten – so wie Sawyer und ich. Wenn ich aber gerade völlig durchdrehte und Sawyer tot war, dann würden wir ein Problem bekommen.
Noch ein guter Grund, ihn zum Leben zu erwecken.
»Warum sollen wir den Zauber anwenden, bevor wir das Buch stehlen?«, fragte ich. »Wir könnten die Extrakräfte unserer knallharten Vampire doch gut gebrauchen, um es zu bekommen.«
»Wir werden schon damit fertigwerden.«
»Es könnte trotzdem besser sein zu warten, bis wir das Buch haben, bevor wir unsere Dämonen wegsperren.« Nur für alle Fälle.
»Wir sollten auf keinen Fall in die Nähe des Buches Samyaza kommen, wenn wir Dämonen in uns haben. Wer weiß, was ein von Satan diktiertes Manuskript mit ihnen anstellt.«
Die Bilder, die bei diesen Worten durch meinen Kopf purzelten, gefielen mir überhaupt nicht. Wir wussten es einfach nicht. Womöglich würden wir bei der bloßen Berührung des Umschlags gezwungen sein, unsere Kontrollmittel abzulegen und uns auf die andere Seite zu stellen. Wenn die Nephilim Jimmy und mich in ihrer Gewalt hatten, und dazu auch noch das Buch, dann war die Welt doch noch mehr im Arsch als ohnehin schon.
»Du wolltest deinen Dämon schon die ganze Zeit, seit ich ihn befreit habe, wieder wegsperren lassen. Aber Ruthie war dagegen«, sagte ich. »Was hat ihre Meinung geändert?«
Jimmy antwortete nicht.
»Du hast sie gar nicht gefragt.« Er zuckte die Schultern. »Das wird ihr nicht gefallen.«
»Ich dachte, du wärst jetzt der Boss.«
»Das dachte ich auch mal«, murmelte ich. Aber ich entdeckte jeden Tag aufs Neue, wie irrwitzig dieser Gedanke war.
»Wenn du das Buch haben willst«, sagte Jimmy, »wenden wir den Zauber an.«
»Du würdest es wirklich den Nephilim überlassen, wenn ich nicht zustimme?«
Er sah mir direkt in die Augen. »Das würde ich wirklich tun, ja.«
Er schien es ernst zu meinen, aber es gab nur eine Möglichkeit, das mit Sicherheit herauszufinden. Schnell wie ein Wirbelwind strich ich über seine Hand und sah ein flüchtiges Bild davon, wie er und Summer sich nackt in den Laken wälzten. Ich riss die Finger zurück.
»Das hast du absichtlich gemacht«, warf ich ihm vor.
»Halt dich aus meinem Kopf raus. Ich habe eine Menge Zeug da drin, das du überhaupt nicht sehen willst.« Daran hatte ich keinen Zweifel.
»Gut«, schnappte ich. »Ich bin einverstanden. Aber es gibt noch ein Problem. Ich kenne den Plenus-luna-malum-Zauber gar nicht.«
Jimmy verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Ich schon.«
»Woher … ?«, fing ich an, aber dann wusste ich es. »Summer.« Sie würde alles tun, worum er sie bat.
Aber Jimmy schüttelte den Kopf. »Sie hat es mir nicht verraten. Ich … «, er zuckte die Schultern und zog ein Stück Papier aus der Tasche, »hatte mir gedacht, dass ich ihn später noch mal brauchen könnte, und habe alles aufgeschrieben.«
»Warum hast du ihr nicht einfach gesagt, sie solle es noch mal mit dir treiben?«, murmelte ich.
»Ich habe da ein Vertrauensproblem. Nenn mich albern, aber ich werde mich lieber nicht noch einmal auf einen Sexzauber mit einer Fee einlassen, die ihre Seele verkauft hat.«
»Wann sollen wir es machen?«
»Unter dem Mond.« Jimmy sah zum Fenster. Wie Honig fiel das Licht der Sonne durch die Scheibe. »Heute Nacht.«
»Okay.« Plötzlich fühlte ich mich unwohl. Es ging um einen Sexzauber. Jimmy und ich hatten keinen Sex mehr gehabt, seit …
Mein Geist scheute vor diesen Erinnerungen zurück. Wir hatten in letzter Zeit eine Menge Vampirsex gehabt. Außerordentlich gut zwar, aber auch brutal. Blut und Leidenschaft, Schmerz und Verlangen lagen bei Vampiren so eng zusammen, dass sie gar nicht voneinander zu trennen waren. »Wenn wir … «, fing ich an, brachte den Satz aber nicht zu Ende. »Wenn wir damit fertig sind, du weißt schon, dann kümmern wir uns um Mait.«
Jimmy horchte auf. »Mait? Der Sosye?«
»Häh?«
»Der Hexenmeister«, übersetzte er. »Haitianer?«
»Ja. Ich dachte, er wäre ein Zauberer.«
»Zauberer.« Jimmy drehte die Handfläche einer Hand nach oben.
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