Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
würden. Obwohl das, was gerade geschehen war, sich so wirklich angefühlt hatte, wie schon lange, lange Zeit nichts mehr.
»Um herauszufinden, ob der Zauber gewirkt hat, bleibt uns nur die Möglichkeit, es abzunehmen.« Mit einem Finger strich Jimmy über meinen Hals, direkt über dem Halsband.
Der Drang, ihn zu küssen, und das warme, verschwommene Vielleicht-liebt-er-mich-noch-Gefühl wurden von kaltem Schweiß weggewaschen.
»Möchtest du zuerst?«, fragte er.
»Warum können wir sie nicht gleichzeitig abnehmen?«
»Nein«, sagte er schnell. »Wenn der Zauber nicht funktioniert hat, muss einer von uns zurechnungsfähig genug bleiben, um dem anderen das Kontrollmittel wieder anzulegen.«
Ich schluckte, stellte fest, dass ich plötzlich nicht mehr sprechen konnte, und begnügte mich mit einem Nicken.
Jimmy setzte sich auf. »Du oder ich?«
Ich richtete mich ebenfalls auf. Der Mond warf gerade genug Licht ins Zimmer, dass ich das Leuchten in seinen Augen sehen konnte, vom Rest seines Körpers jedoch nur Schatten wahrnahm. Ich streckte eine Hand aus. »Zwei von drei? Schere, Stein, Papier?«
»Klar.«
Wir fingen an zu zählen – eins, zwei – und schwangen dabei unsere Fäuste auf und ab.
»Warte!« Jimmy hielt mitten in der drei an, und ich ebenfalls. »Fängt der Gewinner an oder der Verlierer?«
Das war eine harte Nuss. Als Erster zu wissen, dass man – teilweise zumindest – vom blutsaugenden Bösen befreit war, war schon gut. Als Erster durchzudrehen und zu versuchen, den anderen umzubringen, nur um ein peinliches, verzaubertes Kontrollmittel gewaltsam angelegt zu bekommen, war andererseits eher schlecht.
»Kann mich nicht entscheiden«, gab ich zu.
»Okay.« Jimmy biss sich auf die Lippen und starrte finster vor sich hin – ein kleiner Junge stand vor einem unlösbaren Problem. Dann zuckte er die Schultern. »Der Gewinner sollte anfangen, wie immer.«
»Okay für mich.« Eigentlich war es so ähnlich, wie eine Münze zu werfen. Das Schicksal würde entscheiden. Oder Gott, je nachdem, woran man glaubte. Auf jeden Fall lag die Entscheidung nicht in meinen Händen.
Wir spielten das Spiel, wie wir es als Kinder getan hatten – schnell und wild, ohne Zeit nachzudenken, zu analysieren oder eine Strategie zu entwickeln.
Eins, zwei, drei – ich gewann. Eins, zwei, drei – er gewann. Eins, zwei, drei –
Jimmys Blick traf meinen und seine Lippen zuckten. »Herzlichen Glückwunsch.«
»Arsch«, murmelte ich.
»Du kannst mich nennen, wie du willst«, erwiderte er. »Anfangen musst du trotzdem.«
»Gut.« Ich zerrte am Verschluss herum. Nach einem kleinen Kampf – aus leicht verständlichen Gründen ließ sich das Stück nicht zu leicht ablegen – löste sich das Halsband und fiel herunter.
Ich sah zu, wie es auf dem Bett landete, wie die pastellfarbenen Edelsteine das Mondlicht auffingen und alle Farben der Nacht annahmen. Das Kontrollmittel hüpfte auf der Matratze und lag dann reglos da.
Ich wartete darauf, dass die Veränderung über mich hereinbrach.
28
W illst du mir die Kehle aufreißen?«, fragte Jimmy. »In meinem Blut baden? Mich so leer und trocken trinken, dass mich die nächste steife Brise davonträgt?«
»Jetzt nicht«, sagte ich. »Vielleicht später.«
Er griff nach seinem Cock-Ring.
»Warte.«
»Möchtest du das übernehmen?« Er ließ sich aufs Bett zurücksinken und legte die Arme hinter den Kopf. »Tu dir keinen Zwang an.«
»Leg dich lieber nicht mit mir an, Sanducci. Ich bin nicht in der Stimmung.«
Er seufzte und setzte sich auf. »Verständlich.«
»Pssst.« Ich legte den Kopf schief und horchte, wartete darauf, die Stimme des Bösen flüstern zu hören … irgendetwas. Ich glaubte nicht, dass es da war, und trotzdem … »Ich spüre es«, sagte ich.
Jimmys kurzzeitige Unbeschwertheit verschwand. »Wir werden niemals ganz frei von den Vampiren sein, Lizzy. Das hab ich dir schon damals gesagt, als du darauf bestanden hast, einer zu werden. Wir können sie hinter den Mond verbannen«, er fing meinen Blick auf und hielt ihn fest, »aber du weißt ja, was das bedeutet.«
»Wir werden in dieser einen Nacht nur umso blutrünstiger sein.« Falls das denn noch möglich war. »Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, wirklich sicher zu sein.«
»Sicher?«
»Dass er weg ist.« Ich winkte ab, bevor er mich verbessern konnte. »Oder hinter dem Mond gefangen. Dass er sich nicht nur hier drin«, ich klopfte mit den Fingerknöcheln gegen meinen
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