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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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sie in einen großen Höhlenraum mündeten.
    Irgendetwas fiepte. Mäuse oder Fledermäuse. Das ging beides gar nicht. Ich schwenkte meine Taschenlampe umher und wollte mich gerade zum Gehen abwenden, da wurde mir auf einmal bewusst, was ich da hinten in der Ecke gesehen hatte.
    Füße, die in Schuhen steckten, Beine, in eine Jeans gehüllt. Hätte irgendjemand sein können, war es aber nicht. Den Duft von Jimmy Sanducci würde ich unter Tausenden erkennen.
    Selbst wenn dieser Duft von Dreck, Wasser, Moos und anderen unerfreulicheren Gerüchen überlagert war, konnte ich immer noch einen Hauch von Zimt und Seife riechen.
    Langsam drehte ich mich herum, ließ den runden gelben Lichtkegel höher gleiten. Er sah völlig verwahrlost aus.
    Das T-Shirt, das ursprünglich mal weiß gewesen war, hatte eine braungraue Farbe angenommen und hing nun in Fetzen. Seine Haut, die selbst im längsten und kältesten Winter immer gebräunt gewesen war, glänzte; sein Sixpack und die geschmeidigen Wölbungen seiner Brustmuskeln und seiner Bizepse schimmerten verführerisch im Schein der Taschenlampe.
    Seine dunklen Augen waren geschlossen, er murmelte unruhig im Schlaf. Das schwarze Haar hing schwitzig und verdreckt in ein Gesicht hinein, das man beinahe als schön bezeichnen konnte.
    Wenn ich noch irgendeinen Beweis dafür gebraucht hätte, dass Jimmy nicht er selbst war, der Dreck hätte gereicht. Seit er zu Ruthie gekommen war, hatte er zwei- bis dreimal am Tag geduscht. Schon immer hatte er besser gerochen als alle anderen. Ich habe seine Besessenheit für Seife darauf zurückgeführt, dass er auf der Straße jahrelang ohne auskommen musste.
    Da gab es weitaus schlimmere Zwänge. Zum Beispiel Blut zu trinken.
    Vorsichtig zog ich mein Messer aus der Scheide und umklammerte den Griff so fest, dass es schmerzte. Ich bewegte mich auf ihn zu, unsicher, was ich jetzt tun sollte. Ich könnte ihn doch nicht im Schlaf töten, auch wenn das wahrscheinlich die sicherste Methode war. Nur war ich nicht ganz sicher …
    Es wäre ja so viel einfacher, wenn er die Augen öffnen würde, es in den schwarzen Tiefen rot funkelte und er sich mit einem Reißzähnelächeln auf mich stürzte.
    „Jimmy.“ Ich konnte mich selbst kaum hören, meine Stimme ging in dem Gewummer meines Herzens unter. Oder war es der Donner? Selbst der Boden schien zu rumpeln.
    „Jimmy“, versuchte ich es erneut. Diesmal legte ich ein wenig Lautstärke in das Wort. Doch wieder verlor sich meine Stimme, allerdings nicht im Gewitter.
    Der Wind, auf den ich gewartet hatte, blies durch die Höhle und zerzauste mir die Haare, während Ruthies Stimme Schwarzer Brüllaffe flüsterte.
    Ich drehte mich zu dem winzigen, weit entlegenen Eingang um. Im blassen grauen Licht bewegte sich etwas, sodass der Tunnel wie in Schwarzlicht getaucht erschien.
    Aus dem Klang und der Lautstärke von Ruthies Flüstern zu schließen handelte es sich bei dem Affen um einen Nephilim und nicht um eine Kreuzung. Normalerweise las ich das an der Anzahl der herumliegenden Leichen ab. Nephilim töteten mit Vorliebe.
    Doch das taten bestimmte Kreuzungen auch. Manche kämpften für uns, manche für die anderen, und der Rest musste erst noch dazu gebracht werden, sich für eine Seite zu entscheiden. Das Gleiche galt auch für die Feen.
    Ich warf einen Blick auf Jimmy. Immer noch murmelte und zuckte er, aber er wachte nicht auf. Ein paar Worte schnappte ich auf. „Nein … kann nicht … will nicht … Durst.“ Und dann: „Tut mir leid, Lizzy.“
    Scheiße.
    Er war der Einzige, der mich so nannte, und darum wusste ich genau, dass es Jimmy war. Als er unter dem Einfluss seines Monstrositätenkabinetts von Vater gestanden hatte, hatte er mich Elizabeth genannt. Das war mir beinahe genauso verhasst gewesen, wie wenn er mich Baby nannte.
    Das Ding im Eingang kam näher. Ich umklammerte mein Messer noch fester und ging darauf zu.
    Ein zotteliger Riese mit einem gigantischen Horn, das seinem Bärenschädel entwuchs: Das war sehr wahrscheinlich der hässlichste Nephilim, den ich je zu Gesicht bekommen würde. Aus reiner Neugier fragte ich mich, wo wohl der menschliche Anteil dieser Bestie verborgen sein mochte, bis ich nahe genug herangekommen war, um zu erkennen, dass unter den langen schwarzen Haaren eine Nase steckte, die sich in jedem Gesicht wohlfühlen würde.
    Die ganze Zeit über hielt ich die Augen abgewandt und warf ihm kurze Blicke aus den Augenwinkeln zu. Ich wollte nicht riskieren, tot umzufallen, auch

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