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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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lachte bitter.
    »Mein Mörder kommt selten allein.«
    Er nahm die Thermoskanne und goß Tee nach.
    »Seit wann geht das so?« fragte Hank.
    »Seit genau dreiundsechzig Tagen. Dreiundsech-zigmal bin ich nun schon ermordet worden.«
    »Du hast es geträumt«, sagte Hank.
    »Nein, ich erlebe es!« Phil hob beschwörend die Hände. »Für mich ist es kein Unterschied, ob es in Wirklichkeit oder nur in meinem Kopf stattfindet: Ich erlebe es als Realität. In allen Details. Jede Nacht. Ein Perpetuum mobile des Grauens. Sag, hast du so etwas in deiner Praxis schon erlebt?«
    »Intensive Wahnvorstellungen sind häufig bei…«
    »Verrückten«, stieß Phil hervor.
    »Kranken«, korrigierte Hank. »Ich furchte, du bist krank, Phil.«
    »Ich bin so wenig krank wie du«, erwiderte Phil heftig. »Man hat mich manipuliert.«
    »Wer?«
    »Das sage ich dir später. Verrate mir erst, ob man einen Menschen derart programmieren kann, daß er jede Nacht solche Träume hat.«
    »Dazu weiß ich noch zu wenig. Warst du bei einem Arzt?«
    »War ich. Ich habe ihm jedoch nur gesagt, daß ich 144
    Alpträume habe. Er gab mir Tabletten, aber sie haben nicht geholfen.
    Nichts hilft. Ich habe mich betrunken, Marihuana geraucht, sogar Kokain und Heroin ausprobiert Drogen machen es nur noch schlimmer: sie regen die Phantasie an. Die Erlebnisse werden noch intensiver.«
    »Fühlst du dich anschließend erschöpft?«
    »Wie gerädert.« Phil lachte. »Einmal hat er mich rädern lassen.«
    »Er?«
    »Mein Mörder.«
    »Ist es immer der gleiche?«
    »Ja, und das ist besonders teuflisch: Er sieht aus wie mein Vater.«
    »Dein Vater? Das ist interessant! Wie war dein Verhältnis zu ihm? Ich kann mich im Moment nicht erinnern, daß du je von ihm gesprochen hättest.«
    »Er verließ Mutter, als ich sechs Jahre alt war.«
    »Hast du ihn gehaßt?«
    »Anfangs vielleicht, ich weiß es nicht mehr. Spä-
    ter habe ich mich nach ihm gesehnt. Er wurde eine Art Zielprojektion für mich. Ich träumte davon, zu ihm durchzubrennen. Ich dachte immer, er würde Verständnis für mich haben und Zeit.«
    »Man könnte also eher sagen, du hast ihn heimlich geliebt?«
    Phil nickte. »Als ich erfuhr, daß er gestorben war, 145
    habe ich tagelang um ihn geweint. Nachts, wenn Mutter es nicht mitbekam.«
    »Hast du den Eindruck, daß die Träume gleich lang dauern?«
    »Sie kommen mir alle endlos vor.«
    »Hat sich ein Traum wiederholt?«
    »Nein. Ich sterbe jede Nacht auf andere Weise.«
    »Hast du schon mal in der Nacht etwas geträumt, woran du gerade am Tag zuvor gedacht hattest?«
    »Schon oft. Ich muß ja dauernd daran denken, auf welche Weise ich in der kommenden Nacht sterben werde. Alle möglichen Arten, einen Menschen umzubringen, gehen mir durch den Kopf.«
    »So daß es sein könnte, daß du selbst deine Träu-me durch die Gedanken an das Kommende vorpro-grammierst?«
    »Und durch freundliche Unterstützung!« stieß Phil aus. »Man schickt mir Bücher: Anthologie des Verbrechens – Die grausamsten Morde des Mittelalters – Die Geschichte der Folter – Morde, die die Welt erschütterten – um nur einige Titel zu nennen.
    Es hat mich einige Kraft gekostet, nicht mehr in ihnen zu lesen.«
    »Sie ziehen dich sozusagen magisch an?«
    »Ja, so ist es.«
    »Und in der Nacht erlebst du dann einen der ge-schilderten Morde?«
    »Als ich das mitbekam, habe ich kein Bücherpaket 146
    mehr geöffnet. Seitdem bekomme ich Briefe mit ausführlichen Prospekten und Zeitungsausschnitten. In gefälschten Umschlägen. Manchmal liegt auch was zwischen meinen Papieren auf dem Schreibtisch.«
    »Und du besitzt das alles noch?«
    »Mißtrauisch, was?«
    »Du mußt mich nicht mißverstehen, Phil. Meine Patienten erzählen oft die haarsträubendsten Geschichten.«
    »Ich habe alles aufgehoben. Auch die Verpackung, die Umschläge. Ich könnte es dir zeigen, Hank.
    Würde dich das überzeugen?«
    »Das Vorhandensein solcher Materialien ist für einen Psychiater noch kein Beweis«, sagte Hank,
    »nicht einmal, wenn er selbst erlebt, wie der Postbote es dir aushändigt. Kranke senden sich oft selbst Post.
    Ohne daß sie sich dessen bewußt sind.«
    »Manipulieren sie auch das Fernsehen?«
    Hank sah überrascht auf.
    »Zweimal ist mir das schon passiert. Seitdem stelle ich den Kasten nicht mehr an. Mitten in eine Sendung über stellare Forschung platzte eine Szene, in der man jemandem Betonklötze an die Füße goß und ihn ins Meer versenkte. Beim zweiten Mal sah ich mir die Wahl der

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