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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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bereitete Flaschen mit Konzentratbrei zu, liter-weise Tee, programmierte die Steuerautomatik, den Computer; von jetzt an würde er völlig unter den Be-fehlen seines Programms stehen: trampeln, ausruhen, schlafen legen, Pillen schlucken, essen… Wie der Computer es befahl. Als letztes programmierte er die Musikautomatik. Musik war das einzige, was ihm noch blieb, Musik und der Gedanke, daß er es schaffen mußte; er wollte keine Minute ohne Musik sein.
    Das Signal ertönte, es war Zeit, die Raketen zu zünden. Kristian ging höher, das Boot wurde hoch-geschleudert, versank gleich darauf in einem tiefen Wellental, unmöglich, den Kopf aus der Luke zu stecken; so sah er nur durch das Pereskop, wie die Raketen in den Himmel stiegen. Selbst wenn jemand sie erblickte, wenn man morgen schon von den Bomben wußte, er würde es nicht erfahren.
    Noch kannst du es dir überlegen nein.
    Er brachte das Boot auf Kurs. Präludium und Fuge 136
    a-Moll. Er trat ruhig und gleichmäßig, erreichte drei-
    ßig Stundenkilometer.
    Die Fuge klang aus, der Choral von Svanvall tönte durch das Boot. Die dritte Strophe sang er laut mit.
    Und wenn die Welt voll Teufel wär…
    137
    Mein Mörder kommt selten allein

    Er war der einzige, der in Chintalo Halts ausstieg; ein unrasierter, gebeugter Mann in ausgebleichten Jeans und abgeschabter Cordjacke, ein Hinterwäldler, der zu irgendeinem lausigen Nest in den Bergen unterwegs war. Niemand beachtete ihn. Die wenigen Pas-sagiere des drittklassigen Überlandbusses dämmerten vor sich hin. Der Fahrer hupte, als er anfuhr, dann stand Phil allein in der Dunkelheit.
    Mühsam schulterte er den dicken Rucksack, tapste, noch tiefer gebeugt, mit zittrigen Schritten am Rand des Asphalts entlang. Fünf Minuten, zehn.
    Kein Auto begegnete ihm, keines überholte ihn. Er schlug sich in die Büsche.
    Sein Rücken straffte sich. Zufriedenes Lächeln zog über sein Gesicht. Mit dem federnden Indianer-schritt eines geübten Joggers trabte er in weitem Bogen zurück, bis er auf einen Pfad stieß, der nach Sü-
    den führte. Zwei Meilen weiter warnte ein Schild:
    »Danger! Prohibited Area! Danger to death!«
    Von jetzt an war es ein gespenstischer Weg durch eine lautlose Nacht. Keine Vogelstimmen, Frösche, Heuschrecken. Sein Zeitplan stimmte. Obwohl er fast zwanzig Jahre nicht mehr hier gewesen war, hatte er die Wege richtig eingeschätzt und erreichte eine Stunde vor Sonnenaufgang! den See. Leise vor sich 138
    hin fluchend, verbarg er sich in einem dichten Ge-büsch.

    An alles mögliche hatte er gedacht, an Schutzklei-dung, Proviant und Wasser, Kocher und Radio, ein Zelt, sogar an eine Tauchermaske, falls das Boot kentern sollte, eine hermetisch schließende Maske mit Spezialschnorchel, in den auch nicht das kleinste Tröpfchen dringen konnte, an eine Gasmaske nicht.
    Und nun lag dichter Nebel über dem Wasser!
    Es wurde Mittag, bis die Schwaden sich verzogen.
    Es wäre Wahnsinn gewesen, das Boot zusammenzubauen und zu Wasser zu lassen. Jeden Augenblick konnte ein Containerfloß auftauchen, und die Matrosen würden jeden auffischen und der Polizei übergeben, der so verrückt war, auf dem See zu paddeln. Er mußte die Dämmerung abwarten. Ein Glück, daß er zu früh gekommen war.
    Ein nicht enden wollender Tag. Er hätte ein Buch mitnehmen sollen statt eines Radios. Schweigen, Schweigen, nur gelegentlich von den Geräuschen eines Schubprahms unterbrochen, einmal ein Hubschrauber. Phil beobachtete ihn durch die Blätter des Gebüsches. Zum Glück nur die Waldüberwachung.
    Aber was hieß das schon. Wenn sie ihn suchten, dann konnten sie es ebensogut mit Helicoptern der Forstverwaltung tun!
    Er beruhigte sich. Niemand konnte wissen, daß er 139
    hier steckte. Er hatte viel Mühe darauf verwandt, seine Spur zu verwischen, ein sorgsam durchkalkulier-tes System unvermuteter Haken, verwirrender Täuschungen und ausgeklügelter Tarnungen. Er mußte sich nur vor zufälliger Entdeckung schützen: vor der Luftüberwachung und vor den Patrouillen, die das Seeufer kontrollierten.
    Hoffentlich kam Hank. Hoffentlich hatte er die Botschaft erhalten. Und keine Angst, hierherzukom-men.
    Früher war der See eine Idylle gewesen, ein Paradies der Angler, eine exklusive Oase, nur Ruderboote waren zugelassen, und die Transporter mußten einen Umweg über den Hampshire-Kanal machen; Unsummen wurden für ein Grundstück gefordert, eine halbe Million hatte man Hanks Vater für die schmale Parzelle geboten, doch der hatte immer

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