Die Phrrks
abgelehnt. So ein Platz, sagte er, ist nicht mit Gold aufzuwiegen.
Seit der Katastrophe vor sechs Jahren bekam man keinen Cent mehr für den Quadratmeter Boden.
Im letzten Licht machte er sich fertig, baute das Nylonkanu zusammen, streifte Schutzanzug und Kopfmaske über und ließ das Boot zu Wasser.
Es war eine sternklare Nacht, so daß er die Insel nicht verfehlen konnte. Er zerrte das Kanu den flachen Hang hinauf und lehnte es an einen Baum-stamm, zog den Anzug aus, hängte ihn auf dem Spe-zialbügel an einen Ast, streifte die Handschuhe ab, 140
schluckte zwei Adrephobin, trug das Gepäck unter einen dichten Hickorybaum, schlug sein Zelt unter einem tief herabhängenden Zweig auf und grub im Schutz des Zeltes ein Loch, in das er den Kocher stellte. Er mußte unbedingt einen Schluck heißen Tee zu sich nehmen. Dann saß er mit seinem Becher am Hang und lauschte in die Dunkelheit.
Hank kam kurz vor Mitternacht. Ein leichtes, kaum wahrnehmbares Plätschern war das erste Zeichen. Hier gab es keine Fische mehr. Es mußte das Eintauchen eines Paddels sein.
Schließlich konnte Phil einen Schatten ausmachen, der sich der Insel näherte, sich in ein Boot und eine Figur teilte. Es sah wie eine Szene aus einem Horrorfilm aus. Oder einem Manöver der ABC-Truppen: eine schweigende Gestalt, eingehüllt in einen Folien-anzug, der im Schein des Mondes glitzerte.
Hank hatte an eine Gasmaske gedacht, und er trug sie, obwohl kein Nebel über dem Wasser lag. Vielleicht waren schon die unsichtbaren Ausdünstungen des Sees giftig?
Phil ging ihm entgegen, wartete, bis sich die gespenstische Figur in Hank verwandelte, dann fielen sie sich in die Arme.
»Laß dich ansehen, Phil«, sagte Hank. »Wie lange haben wir uns nicht gesehen?«
»Acht Jahre. Ich hatte Angst, du würdest nicht kommen.«
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»Fast wäre es so gewesen. Deine Botschaft war recht verschlüsselt. Bumppo an Chingachgook war eindeutig, auch an unser Codewort für Gefahr erinnerte ich mich gleich.
UiNiKiAiS, und daß du mit der Nacht des Kaninchens nur Vollmond meinen konntest, war mir sofort klar, was aber sollte die Insel mit den zwei Schwänzen sein? Ich mußte erst einen Lederstrumpf-Band auftreiben. Als ich den Wildtöter las, wußte ich es natürlich: das Tier mit den zwei Schwänzen die Ele-fanteninsel.«
»So hatte ich die Nachricht auch abgesetzt«, sagte Phil. »Sie ist unterwegs verstümmelt worden. Wie bist du hierhergekommen?«
»Mit dem Wagen, wie sonst?«
»Hat dich jemand gesehen?«
»Keine Ahnung. Und wenn schon. Es ist nicht
verdächtig, wenn ich mich hier herumtreibe; das Grundstück gehört mir noch.«
»Damit habe ich gerechnet. Ich habe lange nachgedacht, wo und wie wir uns treffen könnten. Ich will dich nicht in Gefahr bringen, Hank, aber du bist der einzige, der mir helfen kann.
Wenn mir überhaupt einer helfen kann.«
»Was ist los, Phil? Warum diese Geheimniskräme-rei? Wozu dieser gottverdammte Treffpunkt?«
»Ich mach uns erst einmal einen Tee. Wir haben doch Zeit, nicht wahr?«
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»Solange wir brauchen.«
Hank sagte kein Wort, als Phil ins Zelt kroch, den Kocher ansteckte, aber sogleich die Plane zumachte, er wartete, bis sie am Hang saßen. »Schieß los, Phil, ich platze vor Neugier.«
»Ich werde ermordet«, sagte Phil.
»Ermordet?« Hank blickte ihn überrascht an.
»Jede Nacht werde ich ermordet: vergiftet, er-würgt, erschossen, gehenkt letzte Nacht kamen sie zu dritt. Sie trugen lange weiße Mäntel mit spitzen Kapuzen. Wie der Ku-Klux-Klan. Mein Mörder legte mir einen Strick um den Hals.
Vorgestern waren es vier. Drei Männer banden mich an einen Lichtmast, dann erschoß er mich mit einer Maschinenpistole.
Zuerst zielte er auf die Füße, dann auf die Beine; wahrscheinlich habe ich laut geschrien, ich hatte entsetzliche Schmerzen, als die Kugeln meinen Leib zerfetzten; er hielt langsam höher, und ich bin vor Angst fast gestorben. Ich zitterte vor dem Augenblick, da die Kugeln mein Herz treffen würden. Dabei müßte ich mich eigentlich schon daran gewöhnt haben, ermordet zu werden, und mich danach seh-nen, daß es endlich vorbei sei – es ist jedesmal eine Erlösung, wenn ich gestorben bin! Jede Nacht, Hank.
Es ist grauenhaft! Vorgestern ließ er mich zwischen Pferde binden und vierteilen, und einen Tag zuvor, nein, zwei, kam er mit einem Haufen Indianern. Sie 143
banden mich an einen Marterpfahl und zerrissen mich stückweise mit ihren Messern, bevor er so freundlich war, mich zu töten.« Phil
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