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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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denn das Geschrei nahm nicht ab. Im Gegenteil, unter das übliche »Ans Kreuz mit ihm!« mischten sich vereinzelt Rufe wie »Wenn du ihn nicht verurteilst, bist du kein Freund des Kaisers!«, die in mir blankes Entsetzen hervorriefen. Der Kaiser? Wieso?
    Einen letzten Versuch wollte ich machen und trat an den Angeklagten heran, der scheinbar ungerührt das Geschehen verfolgte.
    »Wer bist du, Mann? Woher kommst du?«
    Doch Jesus antwortete mir nicht. »Du gibst mir keine Antwort? Mir, deinem Richter? Weißt du nicht, dass ich die Macht habe, dich freizugeben oder dich kreuzigen zu lassen?«
    Da blickte mich dieser Mann mit seinen unergründlichen Augen an und erwiderte leise: »Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von meinem Vater gegeben wäre. Deswegen hat der die größere Schuld, der mich dir überantwortet hat.«
    Ich weiß nicht, ob ich diese Worte damals verstanden habe, heute ahne ich zumindest ihren Sinn und lasse mir dies gelegentlich zum Trost gereichen, aber damals ...
    Während mein getreuer Pontillus diese Worte meiner Erinnerung aufschreibt, zittern auch jetzt noch seine Hände, war er doch Zeuge des Geschehens und stand an jenem unsäglichen Tag drei Schritte hinter mir. Tränen, oh Nachwelt, die du diese Zeilen liest, fließen über seine ausgemergelten Wangen, während seine geübten Hände über den Papyrus huschen, und auch ich würde sie weinen, hätte ich noch welche! So bietet der Getreue alle Kraft auf, um den kläglichen Rest des Geschehens nicht zu unterschlagen.
    Verzeih mir also, Nachwelt, wenn du kannst, und wenn es mein Fehler war, was folgte. Ich jedenfalls hatte an jenem Tag nicht mehr die Kraft, der tobenden Volksmenge zu widerstehen. Und während das bittende Gesicht Claudias mir ebenso vor Augen trat wie das entsetzte des Cornelius, das strenge Gesicht des Tiberius ebenso wie die sanften Augen jenes unschuldigen Mannes, den ich jetzt seinen Peinigern zur Kreuzigung überließ, während diese Bilder mir alle blitzartig durch das gemarterte Hirn schossen, ließ ich mir – wie es unsere Priester vor der Opferung zu tun pflegen – ein kleines Waschbecken bringen, das Kaiaphas ratlos anstarrte.
    Hilflos raffte ich mich zu einer letzten Geste auf.
    »Ich finde keine Schuld an diesem Menschen. Seht, welch ein Mensch vor euch steht! Ich bin unschuldig am Blute dieses Gerechten, seht ihr zu!«
    Doch wer von diesen verstand noch meine Geste?
    »Sein Blut komme über uns und unsere Nachfahren!«, riefen sie trotzig aus. Da gab ich ihrem Willen nach. Ich befahl, am Kreuz des Verurteilten die Inschrift »Jesus von Nazareth, König der Juden« anbringen zu lassen, was den Vertretern des Sanhedrin natürlich auch nicht recht war. Sie protestierten und riefen: »Schreib, dass er sagt, er sei der König der Juden!«
    Dies eine Mal aber, bei einem eigentlich völlig unwichtigen Detail, setzte ich mich durch und teilte ihnen deutlich mit: »Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben!«
    Da gaben sie Ruhe. Und während das Volk sich befriedigt auf den Weg zum Hinrichtungsort machte und während sich die Henkersknechte des Gerechten bemächtigten, zog ich mich in meine Amtsräume zurück, begrub mein Gesicht in den Händen und ließ den Tränen freien Lauf.
    Und doch kannte ich damals nicht einmal ihren Grund!

XXXXVIII.
     
    Voller Zorn beobachtete Frank Hellinger, wie die Polizeibeamten seine Wohnung auseinander nahmen und doch nichts fanden. Auch das noch! Am späten Nachmittag waren sie über ihn hergefallen wie die Heuschrecken über das Gelobte Land. In ohnmächtiger Wut ballte er seine Fäuste und war auch nicht durch Conny zu beruhigen. Zwei Stunden lang hatten sie alles auf den Kopf gestellt und vor Hellingers privatesten Schubladen nicht Halt gemacht. Dann zogen sie wieder ab und hinterließen ein unbeschreibliches Chaos. Conny Baumeister atmete hörbar aus, als der letzte Beamte mit einem freundlichen Gruß die Wohnung verlassen hatte.
    »Was für ein Glück, dass wir die beiden Rollen nicht hier hatten, Frank. Dr. Wiegand hatte Recht, bei Frau Emmerich liegen sie gut. Wir sollten sie noch ein paar Tage dort lassen, oder?«
    Hellinger nickte schweigend und legte eine Hundertschaft CDs zurück in das Regal.
    »Diese blöden Affen. Guck dir dieses Chaos an. Das kennt man sonst nur aus dem Fernsehen, Tatort und so ein Mist!«
    Sein Blick fiel auf einen Stapel bunter Urlaubsfotos, die die Beamten auf ein CD-Regal gelegt hatten. »Und hier, guck, sämtliche Bilder haben

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