Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
Vom Netzwerk:
nackten Wände warf. Wiegand lief es kalt über den Rücken. Er fühlte sich unwohl, für solche Abenteuer war er eigentlich zu alt. Der Mut, den ihm der Cognac eingeflößt hatte, begann bereits bedenklich zu schwinden.
    Im Schein der Taschenlampe wies Hellinger schweigend auf die Plane, die den tiefen Krater, der sich immer noch im Boden befand, verdeckte. Wiegand nickte nur. Hastig zogen sie die Plane fort. Mit Erleichterung registrierten die Männer, dass die Leiter noch an der Wand stand. Ohne Worte legte Hellinger die Leiter an den Kraterrand, knipste die Taschenlampe an und war bald darauf in der schwarzen Tiefe des Loches verschwunden.
    »Können Sie was sehen, Frank?«
    Unten blitzte ein Lichtschein auf und eine Stimme sagte: »Noch nicht, Doc.«
    Wenig später waren Geräusche zu hören, die darauf schließen ließen, dass Hellinger am Kraterrand Erdreich aushob. Keuchendes Schnaufen, derbe Flüche. Dann der dumpfe Klang von Metall, das auf Ton trifft, Geräusche, als ob ein Krug zerbräche ...
    Nervös ging Wiegand auf und ab, den Blick immer zur Tür gerichtet, als erwarte er, jeden Augenblick durch Pfarrer oder Küster entdeckt zu werden. War da nicht ein knirschendes Geräusch im Altarraum? Unsinn, die übermüdeten Sinne spielten ihm einen Streich!
    Es kam ihm wie Stunden vor, in Wahrheit waren es höchstens zehn Minuten, bis Hellingers Stimme von unten ein begeistertes Jauchzen von sich gab.
    »Ruhig, Mann! Was haben Sie ...?«
    »Da sind noch mehr, Doc! Die Tonamphore war sogar zur Hälfte noch erhalten. Ich hab’ sie zerschlagen!«
    Wiegand ballte zornig die Fäuste. Was für ein Dilettant! Selbst eine halbe Amphore wäre doch von archäologischem Wert und Bedeutung ...
    »Zwei ... nein, drei Rollen sind es! Moment ... noch eine, Doc. Es sind vier, vier Lederrollen, genau wie in der ersten Amphore.«
    In seiner Aufregung hallte die Stimme durch die ganze Kirche.
    »Leise doch. Um Gottes willen, Sie schreien ja die ganze Kirche zusammen. Kommen Sie rauf, Frank, schnell und leise!«
    Minuten später tauchte das verschmutzte, aber glückliche Gesicht des jungen Mannes aus dem Krater auf. In seinen Händen hielt er einen Korb mit vier uralten, zerschlissenen Lederrollen.
    »Ich packe die Rollen ein, Sie stellen alles wieder auf den alten Platz und ... und ... äh ... verwischen unsere Spuren.«
    Hellinger nickte schweigend, während Wiegand die Rollen in einer mitgebrachten Plastiktüte verstaute. Minuten später verließen sie die Krypta fluchtartig, ohne die dunkle, kräftige Gestalt zu bemerken, die sich schweigend in den Schatten des Hochaltars drückte. Über ihr ragte die kräftige Gestalt des Kirchenheiligen empor, der das Treiben mit Unwillen zu beobachten schien.

XXI.
     
    Meine neue Aufgabe in Rom erwies sich, wie erhofft, als interessant und abwechslungsreich, und ich genoss mein neues Leben in vollen Zügen. Der Dienst war mir mehr Lust als Last, und die gesellschaftliche Stellung meines Patrons Seianus öffnete mir binnen kurzer Zeit all jene Türen, die einem Ritter gemeinhin verschlossen bleiben. Ich erhielt Einladungen in Häuser, die ich zuvor nur von außen bestaunt hatte. Am meisten aber entzückte meine ständige Anwesenheit in Rom Claudia Proculeia, und mit der Zeit wuchs unsere gegenseitige Zuneigung behutsam zu zarter Vertrautheit, bis sie endlich das Stadium der Gefühle erreicht hatte, das man gemeinhin als Liebe bezeichnet. So erschien es fast wie eine unausweichliche Notwendigkeit, dass ich, der ich die Unabhängigkeit bislang immer sehr geschätzthatte, sie zu meinem Weibe machte. Und ich bereute diesen Schritt nie! Wir bezogen das väterliche Haus auf dem Quirinalis, und mit Claudia Proculeia zog das Glück in die alten Mauern.
    Leider blieben uns von den Göttern Kinder verwehrt, doch auch ohne diese krönende Erfüllung, unter der Claudia ohne Zweifel mehr litt als ich, führten wir eine Ehe, die in Rom von vielen als vorbildlich angesehen wurde.
    Auch für die Pflege meiner alten Freundschaften ließ der Dienst genügend Raum, wie jene zu Cornelius, meinem engen Freund aus Kindertagen. Das Leben hatte uns nach unserer Kinderzeit zwar verschiedene Wege gewiesen, uns nun aber auf wundersame Weise wieder zusammengeführt. Er war mir – ohne mein Zutun – als Centurio unterstellt worden, und seine herzerfrischende und humorvolle Art sowie seine Zuverlässigkeit und Wahrheitsliebe, die mich schon als Kind fasziniert hatten, ließen ihn sofort wieder den Rang des besten

Weitere Kostenlose Bücher