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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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solche Beschwerden überhaupt an dich heran?«
    »Ein jüdischer Kaufmann, mit dem ich gelegentlich Umgang pflege, hat mich darauf hingewiesen. In ihrer Religion ist es verboten, Bilder mit menschlichen Zügen anzufertigen, sie aufzustellen oder ihnen gar Opfer zu bringen, wie wir es mit unseren Legionsadlern tun.«
    In der Tat pflegten unsere Legionsstandarten neben dem Adler ein Bild des Kaisers zu tragen, in diesem Fall ein solches des Augustus. Waren sie auf dem Kasernengelände aufgestellt, so wurden ihnen Opfer gebracht, denn schließlich war Augustus zu Recht zu einemGott erhoben worden. Diese Gedanken geisterten durch meinen Kopf, während ich nachfragte: »Und warum stört es diese Narren nicht, dass die Standarten hier in Cäsarea stehen und beweihräuchert werden?«
    »Cäsarea ist nicht Jerusalem. Cäsarea empfinden sie als römische Stadt, und kein wahrer Jude wird hier seinen Wohnsitz nehmen. Jerusalem aber ist die heilige Stadt ihres Gottes, dort steht ihr Tempel. Sie würden eine solche Handlung als Sakrileg empfinden und wohl kaum hinnehmen. Sie haben ein göttliches Gebot, das ihnen so etwas verbietet.«
    »Ein Gebot? Was für ein ... Gebot? Und wie haben das meine Vorgänger gehandhabt?«
    »Valerius Gratus hat auf den Bilderschmuck verzichtet und nur die Cohortenstandarten mitgenommen, die keine Bilder tragen. Und was das Gebot anbetrifft, so höre.«
    Cornelius griff nach einer Schriftrolle, die in seinem Gewand gesteckt hatte, und zitierte mit ernster Stimme: »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben! Du sollst dir kein Bild machen von dem, was oben im Himmel oder unten auf der Erde oder im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ...«
    »Genug!«, schrie ich. »Was ist das für ein Unsinn? Die Juden haben keine Bilder, ja und? Das gilt ja wohl nicht für uns. Es sind unsere Bilder, Bilder des Kaisers, und uns sind sie heilig. Was geht es diese Narren an, welche Bilder wir auf unseren Fahnen und Standarten haben! Überhaupt, was ist das für eine Schrift, aus der du das liest?«
    Cornelius reichte mir die Rolle. »Es ist ihre Heilige Schrift. Eine Schrift, die ihnen ihr Gott bereits vor vielen Jahrhunderten gab. Und was ich eben vorgelesen habe, war eines der Gebote, die sie die ›Zehn Gebote‹ nennen, sozusagen eine ... äh ... Verfassung, ein heiliges Grundgesetz.«
    Einen Augenblick herrschte völliges Schweigen.
    Ich war verwirrt. Nahm ich die Bilder ab, beleidigte ich den Kaiser, ließ ich sie an den Standarten, beleidigte ich die Juden. Vielleicht kam es gar zu einem Aufstand? Den konnte ich gerade zu Beginn meiner Amtszeit nicht brauchen, gewiss nicht. Wie hätte sich das in Rom gemacht, nicht auszudenken ...
    Ich hatte einen Entschluss gefasst, den ich fröhlich Cornelius mitteilte. »Ich habe die Lösung, lieber Freund!« Cornelius blickte michneugierig an. »Die Bilder bleiben dran! Aber erstens werden wir sie verhüllen, und zweitens wird die Truppe des Nachts nach Jerusalem einziehen, und so wird keiner der Narren es merken!«
    Und so geschah es! Doch hätte ich geahnt, was dann passierte, ich hätte wohl ...
    Schon nach zwei Tagen standen Hunderte von Juden aus Jerusalem vor meinem Palast und schrien Dinge, die ich nicht verstand. Meine Dolmetscher sagten etwas von Gotteslästerung und Sakrileg, doch achtete ich dieser Leute nicht. Am dritten Tag war die Menschenmenge auf gut tausend angestiegen, was mich veranlasste, die noch verbliebene Truppe in Alarmbereitschaft zu versetzen. Wie vermisste ich schon die nach Jerusalem geschickten Einheiten! Am Abend des dritten Tages kam ein von ihnen geschickter Grieche (denn die Juden betraten meinen Palast natürlich nicht ...) und überbrachte ihre Forderung. (Forderung! Man stelle sich vor!)
    »Ehrwürdiger Präfekt! Der Sanhedrin von Jerusalem und die draußen wartenden Juden bitten mich, Xenopholion, euch diese Petition zu übergeben.«
    Er überreichte mir ein Schriftstück, das in grauenhaftem Griechisch geschrieben war und den sofortigen Abzug der Standarten verlangte. Sie könnten eine solche Gotteslästerung unmöglich hinnehmen. Und sie würden auch nicht eher weggehen, bis ich dieser gottgewollten Forderung nachgekommen wäre. Ich dankte dem Boten und entließ ihn sogleich. Dann rief ich meinen Beraterstab zusammen, da ich zu ahnen begann, welches Ausmaß dieses Problem noch annehmen könnte. Meine Berater rieten mir zur Geduld. »Lass sie dort draußen warten, bis Hitze und Regen sie in

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