Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
ihre Häuser vertreiben«, riet ein alter Tribun, der schon seit mehr als zehn Jahren im Lande Dienst tat.
»Zeig ihnen unsere Macht, Präfekt, und lass die Cohorte aufmarschieren«, riet ein anderer. Und während unserer Beratung gellten die Schreie der Juden in unseren Ohren.
Ich schlief schlecht in dieser Nacht, umso mehr, als mein Weib mir dringend riet, den Wünschen der Juden nachzugeben. »Lass ihnen ihren Willen, Gaius, du vergibst dir nichts. Den Kaiser im fernen Rom wird es kaum berühren, wenn du die Bilder abhängst. Du aber hast Ruhe und Frieden wiederhergestellt, wie es deines Amtes ist.«
So vergingen drei Tage.
Die Menge wuchs an, und weder die Hitze, die in jenem Land auch im Winter mitunter zu finden ist, noch der Regen, der sich in ergiebigen Schauern über die Menge ergoss, vermochte sie zu vertreiben. Nein, sie hatten Zelte aufgeschlagen, backten ihr Brot und schienen sich ganz und gar häuslich niederzulassen. Eine Schar fröhlicher Händler hatte sich um sie herum eingefunden und versorgte die unbotmäßige Menge mit allem, was sie brauchte.
Ein Albtraum! Die Sorgen, die ich mit in die Nachtruhe nahm, quälten mich derart, dass von erquickendem Schlaf nicht mehr die Rede sein konnte.
Am nächsten Morgen hatte ich gehofft, dass das Problem vielleicht doch gelöst sei, denn ich wurde nicht vom fanatischen Geschrei der Juden geweckt. Aber ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass die Menge der Juden sich eher noch verdoppelt hatte, nur dass sie in empörtem Schweigen verharrten. Meine Geduld war zu Ende!
Ich gab der Palastcohorte den Befehl, die Menge zu umstellen, und ließ in aller Eile ein Rednerpult aufbauen, von dem aus ich zu den fanatischen Menschen sprechen wollte. Doch sie hörten mich kaum an, brüllten immer nur: »Gotteslästerung! Götzendienst! Sünde! Fort mit den Bildern!« Da übermannte mich der Zorn. Ich gab meinen Offizieren den Befehl, die Schwerter ziehen zu lassen. Doch, oh Leser der Nachwelt, ahnst du, was geschah? Die Menschen, Frauen und Männer, Kinder und Greise, sie legten sich nieder und boten den entblößten Nacken dem Schwertstreich dar. Zugleich schwoll ihr Geschrei zu einem Furcht erregenden Inferno an.
»Wir werden lieber alle sterben, bevor wir diese Lästerung unseres Gottes hinnehmen. Hinweg mit den Götzenbildern! Hinweg! Hinweg!«
Ihr Geschrei begleitet mich manchmal noch heute in meinen Träumen, geradeso wie das Gesicht des Gekreuzigten, von dem ich noch berichten werde.
Kurz, ich gab den Befehl, die Truppen mit den Bilderstandarten wieder aus Jerusalem zurückzuziehen und gegen die hiesigen Truppen auszutauschen. Diese Entscheidung ließ ich durch Xenopholion mitteilen, was einen Jubelsturm zur Folge hatte. Stunden später war das Gelände um den Palast herum leer. Allerdings blieben Berge von Unrat zurück. Einzig die Kaufleute von Cäsarea waren traurig, einengroßen Kundenstamm verloren zu haben, wir anderen waren froh, dass dieser Albtraum ein Ende hatte.
Was soll ich noch sprechen von den anderen Problemen, die mir dieses unbeugsame Volk bereitete? Ob ich Münzen prägen oder ob ich, zu ihrem eigenen Vorteil, die alte Wasserleitung nach Jerusalem reparieren ließ und dazu den erforderlichen Geldzuschuss von ihnen aus ihrem Tempelschatz forderte, immerzu stieß ich auf Widerstand und Ablehnung. Die Wasserversorgung diente angeblich zur Versorgung meiner eigenen Burg in Jerusalem und das Geld hätte ich in profaner Weise aus ihrem heiligen Tempelschatz entnommen. Welchen Unsinn ließen sich doch meine Widersacher einfallen, um meine Person zu verunglimpfen! Ich stand alle diese Dinge erfolgreich durch, was freilich meine Beliebtheit bei den Juden nicht steigerte. Doch das war mir gleichgültig. Mochten sie mich doch hassen, wenn sie mich nur respektierten! Rom hatte mich an diesen Platz gestellt, und ich hatte meine Aufgaben zu erfüllen! Und genau dies tat ich.
So verging die Zeit. Ich hatte mich eingewöhnt, Claudia ebenso. Selbst die raue Sprache der Bewohner wurde uns langsam vertrauter. Ich plante umfangreiche Baumaßnahmen in Cäsarea, wie die Hafenerweiterung oder eine Basilica und inspizierte pflichtgemäß in sporadischen Abständen die Burg Antonia, meinen Amtssitz in Jerusalem. Ich lud die Fürsten der umliegenden Tetrarchien ein und fand in ihnen gebildete, uns Römern loyal ergebene Männer. Einmal unternahm ich mit Claudia einen Gegenbesuch bei Herodes Antipas, dem Tetrarch von Galiläa, der übrigens auch ein Günstling
Weitere Kostenlose Bücher